Prof. Dr. Eckart Brödermann
Rn 18
Bürgschaften von Gesellschaftern kommt große praktische Bedeutung zu. Insb erwarten Geschäftspartner (zB Vermieter, Lieferanten, Banken) von Kapitalgesellschaften mit geringer Eigenkapitalausstattung häufig, dass ihre Gesellschafter-Geschäftsführer auch persönlich als Bürgen mit ihrem Vermögen für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit durch die Gesellschaft einstehen (arg ›Wenn Sie als Gesellschafter dem Unternehmen nicht trauen, wer sonst?‹; Banken sprechen in Anlehnung an die früher übliche Wechselpraxis vom ›querschreiben‹). Da der Bürge in diesen Fällen am Vertragsabschluss der Gesellschaft ein Eigeninteresse und Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft hat, ist die Gesellschafterbürgschaft im Gegensatz zur ruinösen Angehörigenbürgschaft idR nicht sittenwidrig (vgl für einen GmbH-Gesellschafter Frankf BeckRS 17, 147593 Rz 42; s.a. § 765 Rn 35 ff).
Rn 19
Auch bei Personengesellschaften hat der Gläubiger durch die Bürgschaft eines persönlich haftenden Gesellschafters Vorteile: Zwar haftet dieser nach § 126 HGB (die Vorschrift gilt analog für die GbR: BGHZ 146, 341, 358) ohnehin persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Allerdings wird er als Gesellschafter nach § 227 II iVm I InsO in der Insolvenz der Gesellschaft mit der im Insolvenzplan festgesetzten Befriedigung der Insolvenzgläubiger von seiner persönlichen Haftung aus § 126 HGB frei. Dem ggü haftet er als Bürge nach § 254 II InsO weiter. Überdies tritt bei der Bürgenhaftung keine Begrenzung der Nachhaftung nach §§ 137, 151 HGB (für die GbR s § 728b I) ein.
Rn 20
Aus der Sicht des Gesellschafters stellt die Bürgschaft damit ein oft zugkräftiges Finanzierungsinstrument dar. Dem steht – insb bei einer Globalbürgschaft – die Verlagerung des unternehmerischen Risikos in die Privatsphäre ggü. Vor Abgabe einer Bürgschaftserklärung sollte der Gesellschafter daher sorgfältig abwägen: Im Einzelfall mögen (privat weniger verpflichtende) unternehmerische Maßnahmen ausreichen, um dem Kreditsicherungsbedürfnis des Gläubigers (der kreditierenden Bank) gerecht zu werden: zB (1) die Schaffung von Transparenz ggü der Bank (s die ›Basel II‹ Empfehlungen vgl BaFin, Rundschreiben 18/05, Marisk, BTO 1.2.1), (2) strukturelle Maßnahmen im Unternehmen zur Verbesserung der Kreditwürdigkeit und/oder (3) der Abschluss einer Kreditausfallversicherung.
Rn 21
Scheidet der Gesellschafter, der sich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft verbürgt hat, aus der Gesellschaft aus, kann er in vielen Fallkonstellationen kündigen; s § 765 Rn 66 ff.