Prof. Dr. Eckart Brödermann
I. Garantie.
1. Inhalt.
Rn 51
Der selbstständige Garantievertrag ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, durch den sich der Garant verpflichtet, für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen oder die Gefahr eines künftigen Schadens zu übernehmen (BGH NJW 96, 2569, 2570; ZIP 01, 1469). Die Regelungen des Bürgschaftsrechts gelten nicht (BGH NJW 67, 1020, 1021; Erman/Zetzsche § 765 Rz 26); insb gilt zB nicht die Formvorschrift des § 766 1 (BGH WM 62, 576, 577) oder § 774 (s zB Jauernig/Stadler, Vor § 765 Rz 16). Str, aA zB Larenz/Canaris SchuldR II 2, § 64 III 3b–c mwN.
2. Abgrenzung zur Bürgschaft.
Rn 52
Die Abgrenzung der Bürgschaft zum Garantievertrag bereitet insb deshalb Schwierigkeiten, weil beide Verträge demselben wirtschaftlichen Zweck dienen (BGH LM § 765 Nr 1): der Sicherung einer fremden Forderung. Im Unterschied zur Bürgschaft will der Garant eine von der gesicherten Schuld unabhängige Verpflichtung (BGH NJW 67, 1020, 1021 aE) übernehmen, für die er auch dann einsteht, wenn die Hauptverbindlichkeit nie entstanden ist oder später wegfällt (BGH LM § 765 Nr 1 Bl 58; Brandbg BeckRS 09, 05887). Für die Abgrenzung im Einzelfall kommt es nicht entscheidend auf den verwendeten Wortlaut an (zB BGH WM 77, 1120, 1121). Bei geschäftsgewandten Personen rechtfertigen aber nur besonders gewichtige Umstände eine vom Wortlaut abw Auslegung (BGH WM 75, 348, 349). Ein gewichtiger Anhaltspunkt für die Abgrenzung ist das eigene Interesse des Garanten an der Erfüllung der Hauptverbindlichkeit (BGH NJW 86, 580). Da die Bürgschaft den Normalfall der gesetzlich geregelten Sicherungsform darstellt, ist im Zweifel eine Bürgschaft anzunehmen (s zB BGH WM 62, 577; NJW 67, 1020, 1021 [BGH 08.03.1967 - VIII ZR 285/64]).
II. Schuldbeitritt.
1. Inhalt.
Rn 53
Beim kumulativen Schuldbeitritt tritt der Mitübernehmer zusätzlich neben dem bisherigen Schuldner in das Schuldverhältnis ein, so dass beide Gesamtschuldner iSd §§ 421 ff werden. Die Zulässigkeit des im BGB nicht geregelten Schuldbeitritts folgt aus der Vertragsfreiheit, § 311 I (anerkannt seit RGZ 59, 232, 233; BGH DB 75, 2081). Die Regelung in § 401 gilt entspr für den sichernden Schuldbeitritt (BGH NJW 72, 437, 439 [BGH 24.11.1971 - IV ZR 71/70]; BGH NJW 00, 575 [BGH 23.11.1999 - XI ZR 20/99]; Bülow Rz 1596). Die Rspr. zur sittenwidrigen Überforderung des Bürgen (§ 765 Rn 21 ff) können im Einzelfall entsprechend herangezogen werden (Röttger SchlHA 12, 161).
2. Abgrenzung zur Bürgschaft.
Rn 54
Sowohl die Bürgschaft als auch der Schuldbeitritt gewähren dem Gläubiger einen Anspruch gegen einen Mithaftenden als zusätzliche Sicherheit. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen diesen alternativen, sich gegenseitig ausschließenden (BVerwG NVwZ 18, 993, 994 [BVerwG 12.03.2018 - BVerwG 10 B 25.17] Rz 12) Formen der Mithaft ist, ob eine selbstständige Schuld (dann Schuldbeitritt, §§ 241, 421 ff) oder eine angelehnte Schuld (dann Bürgschaft oder einseitig verpflichtende Mithaftungsübernahme, vgl BGH NJW 05, 973, 975 [BGH 25.01.2005 - XI ZR 325/03]) begründet werden soll (BGH NJW 86, 580; Hamm NJW 93, 2625 [OLG Hamm 10.02.1993 - 12 U 167/92]). Einen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines echten Schuldbeitritts bietet das wirtschaftliche oder rechtliche eigene Interesse des Schuldbeitretenden (BGH NJW 81, 47 [BGH 25.09.1980 - VII ZR 301/79]; NJW 86, 580). Wie bei der Abgrenzung ggü der Garantie ist in jedem Fall eine Einzelfallprüfung erforderlich: Ist der Wortlaut eindeutig, so ist dieser maßgebend und die Art des Interesses irrelevant (BGH LM § 133 [C] Nr 33). Führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so ist im Zweifel – wie bei der Abgrenzung der Bürgschaft ggü der Garantie (Rn 52) – von einer Bürgschaft als dem Normalfall der gesetzlich geregelten Sicherungsform auszugehen (zB BGHZ 6, 385, 397; NJW 86, 580; Hamm NJW 93, 2625).
3. Form.
Rn 55
Der Schuldbeitritt kann grds formfrei erklärt werden, § 766 findet keine analoge Anwendung (BGHZ 121, 1, 3 ff; 138, 321, 327; aA MüKoBGB/Habersack Vor § 765 Rz 15). Der Schuldbeitritt unterliegt aber der Formvorschrift des Hauptvertrags, sofern diese (wie zB § 311b I) allg mit Rücksicht auf den Leistungsgegenstand aufgestellt ist (BGH aaO u NJW 91, 3095, 3098 [BGH 31.01.1991 - III ZR 150/88]). Der Schuldbeitritt zu einem ›Verbraucherdarlehensvertrag‹ ist aufgrund analoger Anwendung der Vorschriften zum Verbraucherdarlehensvertrag in §§ 491 ff (BGHZ 133, 71, 74 f; ZIP 06, 68f) nach § 492 I schriftlich zu erklären und anzunehmen. Gilt für einen Schuldbeitritt die Schriftform, wird er aber nur einseitig vom Schuldbeitretenden schriftlich erklärt, ist dessen Erklärung in eine Bürgschaft umzudeuten (§ 140, BGH WM 07, 2370, 2371; WM 09, 1180, 1182).
III. Patronatserklärung.
1. Inhalt.
Rn 56
In einer Patronatserklärung verspricht der ›Patron‹ (zB die Konzernmuttergesellschaft) idR ggü dem Gläubiger (zB Bank) eines Dritten (zB der Tochtergesellschaft) – dem Protégé – ein bestimmtes Verhalten, das die Aussichten auf Vertragserfüllung ggü dem Gläubiger (zB Rückzahlung eines Kredits durch die Tochtergesellschaft an die Bank) verbessert (ausführlich BeckOGK/Harnos § 765 Rz 613–704; Staud/Stürner Vo...