Rn 15
Die neu eingeführten Sonderregeln für Bauverträge (s § 650a Rn 1 ff) ändern nichts daran, dass es sich insoweit weiterhin um Werkverträge iSd §§ 631 ff handelt. Gleiches gilt für den Verbraucherbauvertrag (s § 650i–650v Rn 1 ff). Demgegenüber hat der Gesetzgeber mit der Definition in § 650p (s dort) für Architekten- und Ingenieurleistungen einen eigenständigen, neuen Vertragstyp geschaffen, für den nur kraft ausdrücklicher Verweisung in § 650q die Vorschriften in Kapitel 1, Untertitel 1 zum allgemeinen Werkvertragsrecht sowie die besonders aufgeführten Vorschriften zum Bauvertrag in Kapitel 2 Untertitel 1 gelten. Gleiches gilt für den Bauträgervertrag, für den § 650u im Ausgangspunkt auf die Vorschriften des Untertitels 1
Rn 16
Die Rechtsnatur des Werk-, Bau- und Verbraucherbauvertrages erschließt sich im Wesentlichen bereits aus den knappen Worten des § 631 I: Der Unternehmer (auch Auftragnehmer) schuldet die Herstellung des versprochen Werkes, der Besteller (auch Auftraggeber) die Entrichtung der hierfür vereinbarten Vergütung. Der Werkvertrag ist also ein entgeltlicher, gegenseitiger Vertrag dessen Besonderheit in Abgrenzung zum Dienstvertrag (iE hierzu Rn 7) darin besteht, dass die Leistungsverpflichtung des Unternehmers nicht in der Ausführung von bestimmten Tätigkeiten (so § 611 I für den Dienstvertrag), sondern – ergebnisbezogen – in der Herbeiführung des ausbedungenen Werkerfolges besteht (BGHZ 149, 57 = NJW 02, 749; vgl auch: BGH NJW 98, 1027; BGHZ 82, 100; BGH NJW 08, 511 = BauR 08, 344). Das ändert freilich nichts daran, dass der solcherart geschuldete Erfolg regelmäßig durch ›Arbeit oder Dienstleistung‹ erreicht wird, wie § 632 II ausdrücklich hervorhebt. Diese Erkenntnis ist nicht ohne praktische Relevanz. So orientiert sich die rechtsgeschäftliche Preisbildung der Vertragsparteien insbes im Baugeschäft in aller Regel nicht etwa am (Markt-)Wert des fertigen Gewerkes, sondern – insoweit tätigkeitsbezogen – an den herstellungsbedingten Kosten. Sichtbarer Ausdruck dessen ist es, dass der Unternehmer uU selbst dann nach werkvertraglichen Vorschriften zu bezahlen ist, wenn der Werkerfolg nicht verwirklicht wird. Er kann beispielsweise gem § 649 die vereinbarte Vergütung unter Abzug kündigungsbedingt ersparter Aufwendungen und anderweitigen Erwerbs verlangen, wenn der Besteller den Vertrag vor der Vollendung des Werkes kündigt; und § 642 billigt ihm eine ua am vertraglichen Vergütungsanspruch zu orientierende angemessene Entschädigung für den Fall zu, dass der Besteller gegen Mitwirkungspflichten verstößt und solcherart in Annahmeverzug kommt. Daraus ist abzuleiten, dass sich im geschuldeten Werkerfolg konkrete Tätigkeiten des Unternehmers repräsentieren, deren Art und Umfang nicht ohne Bedeutung für die Vertragsabwicklung ist. IÜ ist darauf hinzuweisen, dass das EG-Recht in den für das Schuldrecht maßgeblichen Richtlinien die dem deutschen Recht inhärente Trennung zwischen Dienst-, Werk-, Arbeits- und Geschäftsbesorgungsverträgen nicht kennt. Dort ist durchgängig von Dienstverträgen die Rede.
Rn 17
Charakteristisch für den Werkvertrag ist abseits seiner Erfolgsbezogenheit die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Unternehmers, der abgesehen von den vertraglichen Leistungsvorgaben nur in relativ engen Grenzen den Weisungen des Bestellers zu folgen hat (vgl § 645). Es unterliegt seiner unternehmerischen Entscheidung, welche Arbeitsmittel oder sonstigen betrieblichen Ressourcen er für die Verwirklichung des Werkerfolges einsetzt und welchen Preis er hierfür verlangt. Auch darin unterscheidet er sich vom Dienstverpflichteten, der typischerweise in wirtschaftlich abhängiger Stellung tätig wird (BGH NJW-RR 03, 773 [BGH 21.01.2003 - X ZR 261/01]).
Rn 18
Als Gegenstand der Leistungsverpflichtung des Werkunternehmers nennt § 631 II in erster Linie die Herstellung oder Veränderung einer Sache. Hierunter fällt zum einen die Schaffung einer neuen Sache, auch durch Verbindung, Vermischung und Verarbeitung (§§ 946 ff – NK-BGB/Lederer/Raab §§ 631 ff Rz 24), wobei allerdings § 651 einen Vertrag über die Lieferung (neu) herzustellender beweglicher Sachen im Wesentlichen den Vorschriften des Kaufrechts unterwirft. ›Veränderung‹ ioS ist weit zu verstehen und umfasst nicht nur Bearbeitung und Reparatur, sondern auch Wartungsarbeiten uä (BeckOKBGB/Voit § 631 Rz 44). IÜ hat die in § 631 II hervorgehobene Konkretisierung werkvertraglicher Leistungsverpflichtungen keinen eigenständigen Aussagewert, weil nach nämlicher Vorschrift Werkvertragsrecht ohnehin immer dann Anwendung findet, wenn ein ›durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg‹ geschuldet ist. Das betrifft insbes die Herstellung unkörperlicher Werke, etwa Theateraufführungen, Konzerte, Beratungs- oder Untersuchungsleistungen (BGH BauR 02, 315 – Forschungsbericht); auch Planungs- und Objektüberwachungsleistungen des Architekten (BGH BauR 82, 79) sowie Gutachtertätigkeiten (BGH BauR 87, 456, 457; OVG Thüringen BauR 99, 167, 168) unterfallen dem Werkvertrag...