I. Grundlagen.
1. Begriff und Rechtsnatur.
Rn 15
Sicherungsübereignung ist die Übereignung einer Sache, eines Inhaber- oder Orderpapiers (L/F/G/Wittig § 11 Rz 6) oder die Übertragung eines Anwartschaftsrechts daran zur Sicherung einer Forderung idR des Erwerbers gg den Sicherungsgeber oder einen Dritten. Bei Nichterfüllung der gesicherten Forderung darf der Sicherungsnehmer das Sicherungseigentum verwerten u den Gläubiger aus dem Erlös befriedigen. Sicherungseigentum ist keine akzessorische Sicherheit (BGH NJW 84, 1184, 1186 [BGH 02.02.1984 - IX ZR 8/83]; 00, 957, 958 [BGH 02.12.1999 - IX ZR 412/98]).
Rn 16
Sicherungseigentum u Sicherungsabtretung sind stets fiduziarische eigennützige Sicherheiten. Jeder Vertrag darüber begründet ein Treuhandverhältnis (BGHZ 137, 212, 218 f; BuB/Cartano Rz 4/306). Der Sicherungsnehmer darf von seiner Eigentümerposition bzw Gläubigerstellung nur nach Maßgabe der Sicherungsabrede Gebrauch machen. Diese Abrede bewirkt schuldrechtlich eine Aufteilung der Eigentumsfunktionen in eine dem Sicherungsnehmer zustehende Sicherungsfunktion u eine beim bisherigen Eigentümer verbleibende Nutzungsfunktion (BGH NJW 07, 216 [BGH 26.09.2006 - XI ZR 156/05] Rz 19).
2. Wirtschaftliche Bedeutung.
Rn 17
Die Sicherungsübereignung hat das Pfandrecht bei der Sicherung von Krediten weitgehend verdrängt, weil sie dem Sicherungsgeber anders als dieses (§ 1205) die weitere Nutzung der Sache (BAG DB 07, 2718, 2719), die Geheimhaltung ggü Dritten ermöglicht u Sicherungseigentum einfacher verwertet werden kann.
3. Beteiligte.
Rn 18
An einer Sicherungsübereignung können außer Vertretern u Hilfskräften maximal fünf verschiedene Personen beteiligt sein: Der Eigentümer, der Sicherungsgeber, der Schuldner, der Sicherungsnehmer u der Gläubiger der gesicherten Forderung. In der Praxis sind Gläubiger u Sicherungsnehmer fast immer, Schuldner, Sicherungsgeber u Eigentümer idR personengleich.
II. Übereignung des Sicherungsguts.
1. Sicherungsgut.
Rn 19
Sicherungsgut können sein fremde bewegliche Sachen (§ 90), iRd § 138 auch unpfändbare (§§ 811, 812, 865 II ZPO; BGH WM 61, 243, 244), Sachgesamtheiten wie etwa Warenlager, Tiere (§ 90a; BGH NJW 96, 2654 [BGH 03.06.1996 - II ZR 166/95]), auch Zubehör (§ 97) sowie Scheinbestandteile (§ 95) (zu Windkraftanlagen Schlesw ZfIR 06, 62, 64; Flensburg WM 00, 2112; Nobbe/Fischer/Klindtworth § 930 Rz. 101 ff; BuB/Cartano Rz 4/309c (beide eingehend); Goecke/Gamon WM 00, 1309 ff; Ganter WM 02, 105 ff; ders WM 06, 1081, 1082 f; Peters WM 02, 110 ff; Diekamp ZBB 04, 10 ff; Witter ZfIR 05, 441 ff; Dinger/Goldner ZBB 09, 204 ff), Schiffe u Flugzeuge (Schölermann/Schmidt-Burgk WM 90, 1137, 1146f), Wertpapiere (vgl Saive/Esmer zur Verpfändung und Vollstreckung bei elektronischen Wertpapieren, NJW 22, 3038), zB Schecks (BGH NJW 07, 2324 Tz 11), Anwartschaftsrechte an beweglichen Sachen (Saarbr ZInsO 14, 1393, 1395; Hamm ZinsO 13, 1742, 1745) sowie Miteigentumsanteile, auch künftig entstehende Sachen mit deren Übergabe. Sicherungsübereignung eines Grundstücks ist möglich, aber unüblich.
2. Übereignung.
Rn 20
Die Sicherungsübereignung als abstraktes Verfügungsgeschäft erfolgt durch formfreie (BGH NJW 56, 1918) dingliche Einigung (§ 929 Rn 4–9) u Besitzverschaffung nach §§ 929 ff.
a) Einigung.
Rn 21
Die formfreie Einigung (§ 929 Rn 4–9) kann auf beiden Seiten mit Hilfe von Vertretern erfolgen.
aa) Bedingte Einigung.
Rn 22
Die Parteien können die Sicherungsübereignung durch Vereinbarung einer aufschiebenden u einer auflösenden Bedingung an den Bestand der gesicherten Forderung binden. Ob das gewollt ist, ist Auslegungsfrage (BGH NJW 86, 977 [BGH 21.11.1985 - VII ZR 305/84]). Eine aufschiebende Bedingung ist selten vereinbart (vgl BGH NJW 91, 353f). Bei Sicherung einer bestimmten Geldforderung kommt eine auflösende Bedingung zwar eher in Betracht als bei der einer Forderungsmehrheit (BGH NJW 84, 1184, 1186 [BGH 02.02.1984 - IX ZR 8/83]), ist aber in der Kreditwirtschaft völlig unüblich u auch sonst idR nicht vereinbart (BGH NJW 00, 957, 958 [BGH 02.12.1999 - IX ZR 412/98]; L/B/S/Haertlein 26. Kap Rz 9), so dass bei Erlöschen der gesicherten Forderung nur ein Rückgewähranspruch (Rn 58 ff) besteht.
bb) Bestimmtheitserfordernis.
Rn 23
Auch bei Sachgesamtheiten, insb Warenlagern mit wechselndem Bestand, muss die (antizipierte) Einigung nach § 929 1 dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis (§ 929 Rn 5; Riggert NZI 09, 137; Bollwerk ZInsO 15, 2062) genügen (BGHZ 21, 52, 55). Das ist der Fall, wenn es für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vorgesehenen Zeitpunkt (BGH NJW 58, 945; WM 60, 1223, 1227) kennt, ohne Weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet sind (BGHZ 73, 253, 254; 84, 803, 804; WM 08, 1442 Rz 27; 07, 2351 Rz 15; 95, 1394, 1396; 88, 346, 347; NJW 91, 2144, 2146; 92, 1161; 94, 133, 134; 00, 2898; LG Bielefeld ZInsO 14, 612, 614; Gehrlein MDR 08, 1069, 1070; Bollwerk ZInsO 14, 2062, 2063). Nachträglich eintretende, außerhalb des Vertrags liegende Ereignisse ändern an der einmal gegebenen Bestimmtheit nichts (BGH WM 60, 1223, 1227; LG Bielefeld ZinsO 14, 612, 614 m zust Anm Knees). Bei Mantelsicherungsübereignung u Übersendung von Warenlisten wird das Bestimmth...