Rn 20
Einkünfte aus Kapitalvermögen werden demjenigen zugerechnet, der im eigenen Namen und für eigene Rechnung Kapital zur Nutzung überlässt (BGH FamRZ 85, 357), und zwar gleichermaßen dem Unterhaltspflichtigen wie dem Berechtigten (BGH FamRZ 10, 1637). Beim Kindesunterhalt sind alle Vermögenserträge bedeutsam, und zwar gleichermaßen für die Bedarfsbemessung, die Bedürftigkeit und die Leistungsfähigkeit. Beim Ehegattenunterhalt sind Vermögenserträge im Rahmen der Bedarfsbemessung nur in dem Umfang zu berücksichtigen, in dem sie bereits während des Zusammenlebens zum Verbrauch zur Verfügung standen (BGH FamRZ 13, 195; Kobl FamRZ 17, 30).
I. Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Rn 21
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen Zinsen, Einlagen und Konten bei Kreditinstituten, Diskonterträge bei Wechselgeschäften, Ausschüttung von Investmentgesellschaften, Stückzinsen, Gewinnanteile aus der Beteiligung an Kapitalgesellschaften, Dividenden, Einkünfte aus stiller Gesellschaft, aus Wertpapieren und Einkünfte aus Spekulationsgewinnen (Stuttg FamRZ 02, 635). Die Einkünfte mindern sich um Werbungskosten (Depotgebühren, Bankspesen, Auslagen für die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen, Kapitalertragsteuer und persönliche Steuern, Kosten für einen notwendigen Vermögensverwalter). Die Ermittlung der Vermögenserträge erfolgt als Überschussrechnung durch Abzug der Werbungskosten von den Bruttoeinkünften (§ 2 II Nr 2 EStG). Auf die Herkunft des Vermögens kommt es grds nicht an: Erbschaft (BGH FamRZ 10, 1637), Erbanteil an einem Baugrundstück (BGH FamRZ 80, 143; Hamm NJW-RR 98, 6), Sparguthaben (BGH FamRZ 85, 360), Versteigerungserlös (BGH FamRZ 85, 582), Miteigentumsanteil an einem Haus (BGH FamRZ 84, 662), Lottogewinn (Frankf FamRZ 95, 875), Schmerzensgeldzahlungen jedenfalls bei gesteigerter Unterhaltspflicht (BGH FamRZ 89, 170) oder Erlös aus der Veräußerung eines Eigenheims (BGH FamRZ 85, 354). Ein Erwerbstätigenbonus kommt nicht in Betracht (BGH FamRZ 09, 579).
II. Vermögensverwertung.
Rn 22
Eine Verpflichtung zur Verwertung des Vermögensstamms besteht nur ausnahmsweise (BGH FamRZ 15, 1172; Hamm FamRZ 19, 531). Für den nachehelichen Unterhalt regeln §§ 1577 II, 1581 2, dass der Stamm des Vermögens nicht verwertet werden muss, soweit die Verwertung unwirtschaftlich und unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre (BGH FamRZ 09, 1300). Bei der Billigkeitsabwägung insb zu berücksichtigen sind die voraussichtliche Dauer der Bedürftigkeit des Berechtigen (Saarbr FamRZ 08, 698), die Ertragsmöglichkeiten des zur Verfügung stehenden Vermögens (BGH FamRZ 85, 354), die Rücksichtnahme auf berechtigte Belange naher Angehöriger (BGH FamRZ 80, 126), das Vorhandensein sonstiger Vermögenswerte, das Vorhandensein einer angemessenen Altersvorsorge (BGH FamRZ 06, 1511) und das Ausmaß der Belastung des Verpflichteten durch eine Unterhaltsgewährung aus seinem Einkommen.
Rn 22a
Auch eine Ferienwohnung muss für Unterhaltszwecke nicht veräußert werden, wenn dies unwirtschaftlich ist. Allerdings ist die Obliegenheit zu bejahen, die Ferienwohnung ganzjährig zu vermieten, auch wenn diese während bestehender Ehe ausschließlich eigengenutzt wurde (Saarbr NZFam 19, 639).
Zwar fehlt für den Trennungsunterhalt eine entspr Regelung (BGH FamRZ 09, 307). Regelmäßig ist allerdings auch dort unter Zugrundelegung vergleichbarer Kriterien eine Zumutbarkeitsprüfung vorzunehmen (BGH FamRZ 86, 556; Kobl FamRZ 17, 108). Beim Trennungsunterhalt ist zu berücksichtigen, dass Ehegatten einerseits ein höheres Maß an Rücksichtnahme schulden und andererseits eine trennungsfördernde Vermögensverwertung grds ausgeschlossen werden muss (BGH FamRZ 93, 165). Beim Trennungsunterhalt kommt deshalb eine Verwertung des Vermögens nur unter engeren Voraussetzungen in Betracht (München FamRZ 93, 62; Hamm FamRZ 97, 1537). Für den Kindesunterhalt enthalten §§ 1602 II, 1603 I und II 1 besondere Regelungen. Minderjährige Kinder müssen ihren eigenen Vermögensstamm im Verhältnis zu ihren Eltern nicht angreifen, solange die Eltern leistungsfähig sind (§ 1602 II). Beim Elternunterhalt wird die Obliegenheit zum Vermögenseinsatz eingeschränkt durch die sonstigen Verpflichtungen. Auch muss das unterhaltspflichtige Kind seinen eigenen angemessenen Bedarf nicht gefährden. Es darf nicht von laufenden Einkünften abgeschnitten werden, die es zur Bestreitung eines eigenen Unterhalts benötigt. Eine angemessene selbst genutzte Immobilie ist nicht zu verwerten (BGH FamRZ 15, 1172). Im Rahmen des Elternunterhalts gehört zu dem dem Zugriff des Unterhaltsgläubigers entzogenen Vermögen neben dem Notgroschen (BGH FamRZ 15, 1172) grds auch das Altersvorsorgevermögen. Dem unterhaltspflichtigen Kind soll ein Vorsorgevermögen verbleiben, gebildet aus einer Ansparung von 5 % des Bruttoeinkommens seit Beginn der Berufstätigkeit bei einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 4 %. Dieses Altersvorsorgevermögen wird mit Eintritt in das Rentenalter durch Umrechnung in eine Monatsrente zum Einkommen und steht dann als solches für U...