Rn 45a
Für die Unterhaltsberechnung maßgeblich ist das bereinigte Nettoeinkommen. Das Bruttoeinkommen reduziert sich insb um die nachfolgend aufgeführten Positionen (vgl auch Ziffer 10 der Leitlinien).
I. Steuern.
Rn 46
Steuern sind grds in der Höhe in Abzug zu bringen wie sie im maßgeblichen Unterhaltszeitraum tatsächlich angefallen sind (In-Prinzip, BGH FamRZ 07, 793; Brandbg FamRZ 14, 219). Steuerzahlungen und Steuererstattungen werden grds nur im Jahr der tatsächlichen Leistung berücksichtigt. Bei Selbstständigen und Gewerbetreibenden ist die strikte Anwendung des In-Prinzips oftmals problematisch, da bei schwankenden Einkünften die erst im Nachhinein festgesetzte Steuerbelastung das Ergebnis verzerren kann. Die maßgeblichen Vorschusszahlungen, Erstattungen und Nachforderungen ergeben sich aus Einkünften, die oft lange vor dem Prüfungszeitraum erzielt wurden. Aus diesem Grund und zur Vermeidung von Manipulationsmöglichkeiten bietet sich das Für-Prinzip (BGH FamRB 11, 362; FamRZ 04, 316) an. Danach sind die vom Finanzamt vorgenommenen oder noch vorzunehmenden Veranlagungen maßgeblich, ohne Rücksicht darauf, welche Zahlungen im betreffenden Zeitraum konkret geleistet wurden. Das Für-Prinzip ist gleichfalls anzuwenden, wenn ansonsten das ermittelte Einkommen keinen Rückschluss auf die Höhe des laufenden und künftigen Einkommens zulässt (BGH FamRZ 11, 1851: eine Steuernachzahlung für einen mehrere Jahre zurückliegenden Zeitraum blieb unberücksichtigt).
Sind fiktive Einkünfte für die Unterhaltsberechnung maßgeblich, hat auch insoweit eine fiktive Steuerberechnung zu erfolgen. Dies gilt insb bei Negativeinkünften zur Vermögensbildung. Hier ist die fiktive Berechnung ohne derartige Negativeinkünfte geboten, da die Vermögensbildung nicht zu Lasten des Berechtigten gehen kann, der andererseits aber auch hieraus keine Vorteile ziehen soll. Das Gleiche gilt bei der steuerlichen Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen, die unterhaltsrechtlich nicht als Abzugsposten anerkannt werden. Das Für-Prinzip ist auch anzuwenden, wenn für die Prognoseentscheidung hinsichtlich des künftigen Unterhalts eine andere Besteuerungsgrundlage heranzuziehen ist (etwa getrennte statt gemeinsamer Veranlagung bzw. Steuerklasse I statt III). Ist der zum Unterhalt Verpflichtete verheiratet und bei gemeinsamer Veranlagung in Steuerklasse III bei Steuerklasse V des Ehegatten eingruppiert, ist zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht von der realen Steuerlast des Pflichtigen auszugehen. Es ist vielmehr eine fiktive Einzelveranlagung vorzunehmen und die Relation dieser individuellen Steuerlast zur gemeinsamen Steuerlast zu ermitteln (BGH FuR 10, 574; NJW 08, 3562). Der sich ergebende Prozentsatz ist der Maßstab für den Anteil des Pflichtigen der bei gemeinsamer Veranlagung entstehenden Steuerlast der Eheleute (BGH NJW 15, 2577 [BGH 17.06.2015 - XII ZB 458/14]).
Rn 47
Zur Behandlung des Splittingvorteils vgl Rn 54 und Kommentierung zu § 1578.
Rn 48
Steht fest, dass Steuernachzahlungen oder -erstattungen künftig nicht in bisheriger Höhe entstehen, können sie bei der Berechnung des künftigen Unterhalts nicht in unveränderter Höhe zugrunde gelegt werden (BGH FamRZ 99, 372).
II. Vorsorgeaufwendungen.
Rn 49
Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherungsbeiträge können in angemessener und nachgewiesener Höhe einkommensmindernd geltend gemacht werden (vgl Ziff 10.1 der Leitlinien; zu Einzelheiten vgl FAKomm-FamR/Kleffmann vor § 1361 Rz 148). Die Angemessenheit richtet sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen bzw dem Versicherungsschutz, der vor der Trennung bestand. Die primäre Altersvorsorge reicht oftmals für ein den Lebensstandard sicherndes Einkommen kaum aus mit der Folge, dass es einer ergänzenden privaten Altersvorsorge bedarf (BGH FamRZ 09, 1207; 09, 530). Neben gesetzlichen und betrieblichen Aufwendungen sind auch zusätzliche freiwillige Versicherungsleistungen als Altersvorsorge grds zu berücksichtigen, wenn sie der Vermögensbildung dienen. Für die Höhe des berücksichtigungsfähigen Aufwands wurde iRd schwächer ausgestalteten Elternunterhalts ein um etwa 25 % über der gesetzlichen Rentenversicherung liegender Betrag, seinerzeit weitere 5 % des Bruttoeinkommens, als angemessener Altersvorsorgeaufwand angesehen (BGH FamRZ 17, 519; 06, 1511). Auch iRd Ehegattenunterhaltsverhältnisses und des Kindesunterhaltsverhältnisses (BGH FamRZ 20, 21) ist angemessener zusätzlicher Altersvorsorgeaufwand grds berücksichtigungsfähig (BGH FamRZ 13, 868; 09, 411; 07, 793), und zwar bis zu 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres beim Berechtigten und Verpflichteten (BGH FamRZ 20, 21; 13; 868; 10, 1535). Der Vorsorgeaufwand kann damit bis zu 22,6 % (18,6 % Rentenversicherungsbeitrag zzgl 4 % sekundäre Altersvorsorge) betragen. Hinsichtlich der Art der Altersvorsorge besteht Wahlfreiheit (BGH FamRZ 15, 1172; Hamm FamRZ 15, 974 Lebensversicherung (selbst wenn nach Scheidung abgeschlossen, BGH FuR 06, 180; vgl aber Brandbg FamRZ 14, 219); Risikolebensversicherung, wenn sie zur Absicher...