Rn 19
Anknüpfungspunkt der intertemporalen Grundregel wie auch vieler der einzelnen Sonderregeln ist die Entstehung des Schuldverhältnisses. Bei rechtsgeschäftlich begründeten Schuldverhältnissen ist dies der Zeitpunkt des Eintritts der schuldrechtlichen Bindung (Staud/Löwisch [2016] Art 229 § 5 Rz 9), bei Verträgen also der Vertragsschluss (NK-BGB/Budzikiewicz Art 229 § 5 Rz 26). Altes Recht gilt daher auch dann, wenn ein Altvertrag bedingt oder befristet ist und das betreffende Ereignis erst nach dem maßgebenden Zeitpunkt eintritt (Staud/Löwisch [2016] Art 229 § 5 Rz 13). Hingegen gilt neues Recht, wenn das Angebot bereits vor dem für die Übergangsnorm entscheidenden Zeitpunkt abgegeben, aber erst danach angenommen wurde (NK-BGB/Budzikiewicz Art 229 § 5 Rz 27; aA Staud/Hönle [2012] Art 170 Rz 8), es sei denn der Offerent wollte nur zu Konditionen des alten Rechts anbieten (Staud/Löwisch [2016] Art 229 § 5 Rz 10, zu den Grenzen der Rechtswahl, s Rn 30). Das gilt auch für das als Festofferte ausgestaltete Optionsrecht, nicht aber bei Ausgestaltung als Angebotsvertrag (Hertel DNotZ 01, 742, 747). Auch bei Genehmigungserfordernissen tritt eine schuldrechtliche Bindung bereits mit Vertragsschluss ein und hängt daher nicht von der Frage einer Rückwirkung der Genehmigung ab (Staud/Löwisch [2016] Art 229 § 5 Rz 14; differenzierend NK-BGB/Budzikiewicz Art 229 § 5 Rz 32–38). Wird ein Vorkaufsrecht nach dem Stichtag ausgeübt, entsteht zwar ein neuer Vertrag (insoweit richtig MüKo/Krüger Art 229 § 5 Rz 6), jedoch enthält § 466 II den Verweis auf die Bestimmungen des in Bezug genommenen Vertrags, worin auch ein intertemporaler Verweis auf das alte Recht liegt. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Verweisung, so dass die Beschränkungen intertemporaler Rechtswahl (s Rn 30) nicht gelten.
Rn 20
Bei gesetzlichen Schuldverhältnissen ist zu differenzieren. Für die culpa in contrahendo wird im Anschluss an entsprechende Qualifikationsprobleme im IPR (s Art 12 Rom II) vielfach nach Funktionskreisen des Instituts unterschieden (etwa NK-BGB/Budzikiewicz Art 229 § 5 Rz 41); richtigerweise ist hingegen einheitlich den Kriterien von § 311 II, III zu folgen (Staud/Löwisch [2016] Art 229 § 5 Rz 19; der Sache nach BAG AP Nr 41 zu § 242 Auskunftspflicht sowie KG NJW 04, 2755 [KG Berlin 11.03.2004 - 19 U 71/03]). Für die Geschäftsführung ohne Auftrag kommt es auf den Beginn der Geschäftsführung an (allgM s Grüneberg/Grüneberg Art 229 § 5 Rz 4). Bei Ansprüchen aus Delikt ist die Verletzungs handlung maßgebend und zwar auch dann, wenn der Verletzungserfolg ganz oder teilweise nach dem in Bezug genommenen Zeitpunkt liegt (BGHZ 127, 57 [für Art 232 § 1 EGBGB]; NK-BGB/Budzikiewicz Art 229 § 5 Rz 40); das gilt auch für Spätschäden (MüKo/Oetker Art 229 § 5 Rz 8). Bei mehreren Teilhandlungen ist nach diesen zu differenzieren (MüKo/Oetker Art 229 5. Aufl § 8 Rz 14). Bei Dauerdelikten einschließlich Unterlassungen, die über den Stichtag hinausreichen, ist neues Recht anzuwenden (Staud/Rauscher [2016] Art 232 § 10 Rz 6–8; Staud/Löwisch [2016] Art 229 § 5 Rz 17), sofern die Schadensverursachung oder die gerichtliche Prüfung eines Unterlassungsanspruchs zeitlich nach dem Stichtag liegen; ein Wahlrecht zwischen altem und neuem Recht (dafür MüKo/Oetker 5. Aufl Art 229 § 8 Rz 15) entsteht nur dann, wenn sich Ursachenketten sowohl zum Geschehen vor dem Stichtag als auch zu dem ab dem Stichtag erkennen lassen. Das gilt auch für Unterlassungsklagen nach §§ 1, 2 UKlaG (BGH NJW 02, 2386 [BGH 18.04.2002 - III ZR 199/01]; BGH NJW 03, 1237, 1238 [BGH 23.01.2003 - III ZR 54/02]). Die Anknüpfung an die Handlung passt auch für die Gefährdungshaftung (aA Staud/Schiemann [2003] Art 229 § 8 Rz 3), wobei mit Handlung hier die Setzung (bei punktuellem Einfluss auf die Gefahr, etwa Produkthaftung; s Staud/Schiemann [2003] Art 229 § 8 Rz 4) oder Aufrechterhaltung der Gefahr (bei Dauer- und dauerhaft zu kontrollierenden Gefahren) meint: Maßgeblich ist die haftungsbegründende Gefahrenkontrollsituation. Bei Dauergefahren kann es ebenfalls zur Wählbarkeit des anwendbaren Rechts kommen, wenn Ursachenketten sowohl zum Geschehen vor dem Stichtag als auch zu dem ab dem Stichtag ablaufenden Geschehen feststellbar sind. Auf den Zeitpunkt der Rechtsgutsverletzung kommt es insoweit nicht an (aA MüKo/Oetker [5. Aufl] Art 229 § 8 Rz 16), wobei diese bei Dauergefahren regelmäßig mit dem maßgebenden Zeitpunkt zusammenfallen wird. Bereicherungsrechtliche Schuldverhältnisse entstehen grds durch das Erlangen des Vermögensvorteils des Bereicherten (BGH NJW 96, 990, 991 [BGH 24.11.1995 - V ZR 164/94] [für Art 232 § 1 EGBGB]; Grüneberg/Grüneberg Art 229 § 5 Rz 4). Bei späterem Eintritt der Rechtsgrundlosigkeit – Wegfall des Rechtsgrundes, Zweckverfehlung – ist der spätere Zeitpunkt ausschlaggebend; das gilt freilich nicht bei rückwirkender Vernichtung des Rechtsgrundes (Staud/Löwisch [2016] Art 229 § 5 Rz 20).
Rn 21
Bei Änderungsverträgen nach dem Stichtag beurteilen sich die geänderten Te...