1. Rechtsnatur und Funktion.
Rn 37
Die im BGB nicht geregelte Sicherungsabrede, eine Treuhandabrede, ist ein schuldrechtlicher Vertrag, der als selbstständiges Rechtsgeschäft oder Teil eines Vertragswerks den Rechtsgrund (BGHZ 124, 371, 375) der Sicherungsübereignung bildet, die Rechte u Pflichten bezüglich der sicherungsübereigneten Sache regelt u das Sicherungseigentum mit der gesicherten Forderung zweckbestimmt verknüpft. Nach Abtretung des Rückgewähranspruchs bedarf eine Änderung der Sicherungsabrede etwa zur Neuvalutierung der Zustimmung des Zessionars (BGH NJW 13, 2894 Rz 15; 86, 2108, 2111); nur dieser kann Einreden aus dem Sicherungsvertrag erheben (BGH WM 17, 2299 Rz 13 für Sicherungsgrundschuld). Die Sicherungsabrede für ein Darlehen ist ein entgeltlicher Vertrag (BGHZ 112, 136, 138 f; 131, 184; 137, 367, 383; WM 00, 1072, 1074).
2. Abschluss und Parteien.
Rn 38
Die Sicherungsabrede kann grds formfrei, anders bei §§ 311b, auch stillschweigend (BGH WM 91, 86, 87 für Sicherungsgrundschuld), geschlossen u geändert werden (BGH WM 09, 117 Rz 57). Partner kann (Auslegungsfrage) der persönliche Schuldner oder aber der Eigentümer sein.
Rn 39
Sind Sicherungsgeber u persönlicher Schuldner nicht identisch, besteht zwischen ihnen idR ein Auftrag, GoA (BGH NJW 94, 2885) oder ein Schenkungsvertrag. Sicherungsnehmer ist idR der Gläubiger. Wenn das nicht der Fall ist, besteht zwischen Sicherungsnehmer u Gläubiger ein Treuhandverhältnis.
3. Nichtigkeitsgründe.
Rn 40
Nichtigkeitsgründe ergeben sich va aus §§ 134u 138 I. Diese schlagen auf die Sicherungsübereignung durch. Die Nichtigkeit der Sicherungsübereignung beeinflusst die Wirksamkeit der Sicherungsabrede grds nicht, Ausn § 139 (BGH NJW 94, 2885).
Rn 41
Sittenwidrigkeit (§ 138 I) setzt in objektiver Hinsicht bei Abschluss des Vertrages (BGHZ 210, 30 Rz 46) eine anstößige Schädigung des Sicherungsgebers bzw der Gläubiger u in subjektiver Hinsicht mindestens grobe Fahrlässigkeit (Gewissenlosigkeit) (BGH NJW 93, 1587, 1588) u eine verwerfliche Gesinnung des Sicherungsnehmers voraus (BGHZ 10, 228, 233). Die Wahrnehmung eigener Sicherungsinteressen ist grds nicht sittenwidrig (BGHZ 210, 30 Rz. 38; BGH WM 64, 671, 672 f; 91, 88, 90). Zur notwendigen umfassenden Gesamtwürdigung s § 138 Rn 24 ff.
Rn 42
Die Sicherungsübereignung unpfändbarer Sachen ist nicht sittenwidrig (BGH WM 61, 243, 244; Stuttg NJW 71, 50; Frankf NJW 73, 104, 105; Bambg MDR 81, 50). Gleiches dürfte für eine antizipierte Sicherungsübereignung gelten, die mit einem verlängerten Eigentumsvorbehalt kollidiert (Geibel WM 05, 962, 968).
Rn 43
Die Rspr hat zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit die sich häufig überschneidenden Fallgruppen der Knebelung, Gläubigergefährdung (Kredittäuschung) u anfänglichen Übersicherung gebildet, denen die Bedeutung eines Anhaltspunkts zukommt (BGH WM 58, 590, 591, NJW 70, 657 [BGH 09.12.1969 - VI ZR 50/68]; 91, 353, 354; 16, 2662 [BGH 12.04.2016 - XI ZR 305/14] Rz 39, 42).
a) Sittenwidrige Knebelung.
Rn 44
Sie liegt vor, wenn die wirtschaftliche Entfaltung des Sicherungsgebers in einem Maße beschnitten wird, dass er seine Selbstständigkeit u wirtschaftliche Entschließungsfreiheit im Ganzen oder in einem wesentlichen Teil einbüßt (BGHZ 44, 158, 161; 138, 291, 303; WM 59, 406, 408; NJW 93, 1587, 1588; 62, 102, 103; NJW-RR 88, 1012; Köln WM 86, 452, 453), er zB anfallende Sozialabgaben nicht mehr bezahlen kann (BGHZ 19, 12, 18). Maßgeblich sind der Umfang der Sicherungsübereignung u das Ausmaß der Kontroll- u Eingriffsbefugnisse des Sicherungsnehmers (BGH NJW 93, 1587, 1588). Die Übereignung des gesamten Maschinenparks (BGH NJW 56, 585) oder letzter freier Vermögensteile ist allein noch keine Knebelung (BGHZ 20, 43, 49f). Gleiches gilt für die Sicherungsabtretung sämtlicher Unternehmensforderungen (Stuttg NJW 64, 666).
b) Anfängliche Übersicherung.
Rn 45
Sie liegt vor, wenn bereits bei Vertragsschluss feststeht, dass im noch ungewissen Verwertungsfall zwischen dem realisierbaren Wert der Sicherheit u der gesicherten Forderung ein krasses Missverhältnis bestehen wird (BGH NJW 98, 2047; Köln ZIP 10, 1137, 1139). Die für den Freigabeanspruch bei nachträglicher Übersicherung entwickelte Deckungsgrenze (Rn 55) soll insoweit bedeutungslos sein, die Sittenwidrigkeit sich vielmehr nur aufgrund der Gesamtwürdigung von Inhalt, Beweggrund, Zweck u verwerflicher Gesinnung des Sicherungsnehmers im Einzelfall bestimmen (BGH WM 03, 1367, 1369; NJW 01, 1417, 1418; 98, 2047;Ganter WM 98, 2045 ff; ders WM 99, 1741, 1742; ders WM 01, 1, 3; aA Nobbe FS Schimansky 99, 433, 451; Tetzlaff ZIP 03, 1826, 1830 ff; Rimmelspacher WuB I F 4.-1.98). Richtiger Ansicht nach besteht ein krasses Missverhältnis, wenn der Wert aller Sicherheiten des Gläubigers die Deckungsgrenze (Rn 55) um mehr als 200 % (= 300 % der gesicherten Forderung) übersteigt (Ddorf WM 07, 2009, 2011; Pal/Ellenberger § 138 Rz 97). Eine sittenwidrige anfängliche Übersicherung, die in der Praxis selten ist (s aber Hamm WM 02, 451, 453), kommt bei Sicherungsübereignung einer einzigen Sache nicht in Betracht (Ddorf WM 93, 784, 785 f [OLG Düsseldorf 25.03.1993 - 6 U 219/92]; Hamm WM 93,...