Prof. Dr. Moritz Brinkmann
1. Einführung und Abgrenzung.
Rn 49
Soweit Vertragsschlüsse iRv Online-Auktionen auf einer Internetplattform wie bspw eBay über sog Sofort- oder Direktkaufmodelle stattfinden (hier findet keine Auktion statt, sondern die Ware wird zu einem Festpreis angeboten), können sie aus der folgenden Erörterung ausscheiden. Sie werfen hinsichtlich des Vertragsschlusses keine Sonderprobleme auf (AG Moers NJW 04, 1330 [AG Moers 11.02.2004 - 532 C 109/03]): Der Anbieter gibt ein Angebot an eine unbestimmte Person ab, wobei sich aus der zur Artikelbeschreibung gehörigen Mengenangabe ergibt, wie viele Geschäfte er abschließen will. Der Käufer nimmt dieses Angebot durch eine entspr elektronisch übermittelte Willenserklärung an. Ggf kann ein Fernabsatzvertrag vorliegen, vgl § 312c.
2. Rechtliche Einordnung der Online-Auktion.
Rn 50
Das Betreiben einer Auktions-Plattform ist nicht nach § 34b I GewO genehmigungspflichtig. Die Durchsetzbarkeit der geschlossenen Verträge wird auch nicht von § 762 I berührt (BGHZ 149, 129, 139 = NJW 02, 365).
Rn 51
Online-Auktionen sind regelmäßig keine Versteigerungen iSd § 156 (BGH NJW 17, 468 [BGH 24.08.2016 - VIII ZR 100/15]; BGH NJW 05, 54 [BGH 03.11.2004 - VIII ZR 375/03]), denn es fehlt am begriffsprägenden Zuschlag. Bei Online-Auktionen kommt der Vertrag vielmehr durch Zeitablauf zwischen dem Anbieter und dem aktuell Höchstbietenden zustande. Der bloße Zeitablauf ist anders als der Zuschlag iSd § 156 keine Willenserklärung (NK-BGB/Kremer Anh zu § 156 Rz 13). Der Betreiber der Plattform ist insoweit nur Empfangsvertreter (BGHZ 149, 129, 134 = NJW 02, 364), ihm kommt aber nicht die Funktion eines Versteigerers zu. Die essentialia negotii des so abgeschlossenen Vertrags stehen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, nämlich dem Ablauf der Auktion, fest (BGHZ 149, 129, 135 = NJW 02, 363; zur Identifizierung der Vertragsparteien mit den Nutzernamen Kobl ZGS 08, 407).
3. Ablauf des Vertragsschlusses.
a) Angebot und Annahme.
Rn 52
Das Einstellen der Ware verbunden mit dem Starten der Auktion durch den Verkäufer stellt die Abgabe eines verbindlichen Verkaufsangebots an denjenigen dar, der zum Zeitpunkt des Endes der Auktion das höchste Gebot abgegeben hat (BGHZ 211, 331 = NJW 17, 469; BGH NJW 05, 54). Im Falle eines (verdeckten) Mindestpreises ist das Angebot aufschiebend durch das Erreichen dieses Preises bedingt (Spindler/Nink DRiZ 07, 196).
Rn 53
Das Gebot als Annahme erlischt nach § 7 Nr 5 AGB eBay, wenn ein anderer Käufer während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt; § 156 findet nach der Rspr auch keine analoge Anwendung (BGH NJW 17, 468). Zum Erlöschen kommt es auch dann, wenn dieses andere Gebot nichtig ist oder widerrufen wird. Der Bieter muss aber nur Gebote eines etwaigen anderen Bieters übertreffen, nicht auch Eigengebote des Verkäufers. Solche sog ›shill bids‹ sind unbeachtlich (BGHZ 211, 331 = NJW 17, 469 Tz 42; s zur Anwendung von § 117 Frankf 12 U 51/13).
Die Beweislast für eine Annahme durch den Käufer trägt nach allgemeinen Regeln der andere Teil. Die Rechtsprechung lässt keinen Anscheinsbeweis bei Verwendung des eBay-Namens und des Kennworts zu, auch von einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht kann nicht ohne Weiteres ausgegangen werden (BGHZ 189, 346, 352 = NJW 11, 2421).
b) Bindungswirkung von Angebot und Annahme.
Rn 54
Einstellen der Ware und Abgabe eines Gebots sind bindende Willenserklärungen. Ein Widerruf gem § 130 I 2 von Angebot oder Annahme ist grds nicht möglich (KG NJW 05, 1053 [KG Berlin 25.01.2005 - 17 U 72/04]). Die Willenserklärungen gehen bereits im Moment des Einstellens des Angebots bzw der Abgabe des Gebots zu, da der Plattformbetreiber für beide Seiten als Empfangsvertreter nach § 164 III fungiert (BGHZ 149, 129, 134 = NJW 02, 364). Eine den Widerruf erlaubende Zeitspanne zwischen Abgabe und Zugang der Erklärung existiert damit nicht.
Rn 55
Auch durch den unberechtigten Abbruch einer Auktion seitens des Verkäufers kommt ein Vertrag mit demjenigen zustande, der im Zeitpunkt des Abbruchs der Höchstbietende ist (BGH NJW 15, 1009 [BGH 10.12.2014 - VIII ZR 90/14]). Keine Berechtigung zum Abbruch besteht insbesondere bei der anderweitigen Veräußerung der Sache (BGH NJW 15, 548). Der so zustande gekommene Vertrag ist auch dann wirksam, wenn in diesem Zeitpunkt nur ein sehr niedriges Gebot abgegeben wurde, § 138 findet keine Anwendung (BGH NJW 17, 471 [BGH 24.08.2016 - VIII ZR 100/15]; BGH NJW 15, 548 [BGH 12.11.2014 - VIII ZR 42/14]). Nur im Falle des berechtigten Abbruchs kommt kein Vertrag zustande. Das Angebot des Verkäufers steht unter dem Vorbehalt eines berechtigten Auktionsabbruchs (BGH NJW 16, 395; NJW 14, 1292 [BGH 08.01.2014 - VIII ZR 63/13]; NJW 11, 2643). Der Verkäufer ist nach § 7 Nr. 7 AGB eBay berechtigt, die Auktion abzubrechen, wenn nach dem Einstellen des Angebots Leistungshindernisse eingetreten sind, die er nicht zu vertreten hat (vgl BGH NJW 11, 2643 [BGH 08.06.2011 - VIII ZR 305/10]), insoweit ist der Verkäufer beweisbelastet. Außer in den Fällen, die in den Vertragsbedingungen ausdrücklich normiert sind, ist der Verkäufer insbesondere dann berechtigt, die Auktion zu beenden, wenn ein Grund vorliegt, der ihn auch gesetzlic...