Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Zusammenfassung
(Literatur zur Gütergemeinschaft: Wittich, Die Gütergemeinschaft und ihre Auseinandersetzung, Neuwied, 2000; Eder, Familienvermögensrecht, Bonn 2016; Gerhard, v. Heintschel-Heinegg, Klein, Handbuch Familienrecht, 12. Aufl 2021, Kap 9, Rz 488 ff; Klein, Handbuch des Familienvermögensrechts, 3. Aufl. 2022, Kap 2, Rz 3448 ff; Kappler, Die Auseinandersetzung des Gesamtguts der Gütergemeinschaft, FamRZ 10, 1294; Schulz/Hauß, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 7. Aufl. 2022, Kap 2 Rz 1 ff).
Rn 1
Die Gütergemeinschaft kann nur durch Vertrag vereinbart werden, vgl. § 1415. Das Wesen der Gütergemeinschaft besteht darin, dass das in die Ehe eingebrachte und später erworbene Vermögen beider Eheleute zu einem gemeinschaftlichen Vermögen zusammengefasst wird, dem Gesamtgut (§ 1416), das regelmäßig gemeinschaftlich verwaltet wird, solange nicht durch Vertrag etwas anderes bestimmt ist. Insb ist es zulässig, die Verwaltung auch einem Ehegatten allein zu übertragen. Charakteristisch ist die Bildung eines gesamthänderisch gebundenen gemeinschaftlichen Vermögens (MüKo/Münch Vor § 1415 Rz 1).
Rn 2
Neben dem Gesamtgut gibt es das Sondergut (§ 1417) beider Ehegatten, das aus deren rechtsgeschäftlich nicht übertragbaren Vermögensgegenständen zusammengesetzt ist, sowie ihr jeweiliges Vorbehaltsgut (§ 1418). Die dadurch bedingten unterschiedlichen Vermögensmassen, insb das gesamthänderisch gebundene Gesamtgut, haben eine große Zahl rechtlicher Probleme zur Folge, die die komplexen und mitunter auch außerordentlich komplizierten Regelungen der Gütergemeinschaft erklären (vgl auch MüKo/Münch Vor § 1415 Rz 2).
Rn 3
Wegen der weitgehenden Vereinigung der beiderseitigen Vermögensmassen wurde die Gütergemeinschaft als der vollkommenste Ausdruck der idealen Ehe angesehen (Bosch FamRZ 54, 149, 154), weshalb sie vor dem Inkrafttreten des BGB weit verbreitet war. Gleichwohl ist sie nicht zum Regelgüterstand erhoben worden. Heute ist sie der einzige vom Gesetz geregelte Wahlgüterstand, der gewisse Parallelen zu der bis zum 1.7.58 geltenden Errungenschaftsgemeinschaft aufweist. Angesichts der Kompliziertheit ihrer Regeln und wegen der mit ihr verbundenen Risiken und Abhängigkeiten der Partner voneinander kommt ihr jedoch keine große praktische Bedeutung mehr zu (die letzte Entscheidung des BGH zu diesem Güterstand erfolgte 2008 – BGH FamRZ 08, 1828). Anzutreffen ist sie am ehesten noch in den ländlichen Bereichen Süddeutschlands (zur niederländischen Gütergemeinschaft, vgl Oldbg FamRZ 19, 1540), weshalb sie auch als ›Güterstand der Landwirtschaft‹ bezeichnet wird (Schulz/Hauß Kap 2 Rz 1). Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber die komplizierten Regelungen vereinfacht und die Gütergemeinschaft zu einem zeitgemäßen und für Eheleute attraktiven Güterstand entwickelt.
Rn 4
Die Gütergemeinschaft gewährt den Ehegatten bei gemeinsamer Verwaltung gegenüber der Zugewinngemeinschaft (vgl § 1365) einen erheblich besseren Schutz vor unangemessenen Vermögensverfügungen des jeweils anderen Ehegatten. Besser ausgeprägt ist auch der Schutz des in einen landwirtschaftlichen Betrieb einheiratenden Ehegatten, da der Gütergemeinschaft eine Privilegierung wie die nach § 1376 IV fremd ist. Zu berücksichtigen sind andererseits erbrechtliche Konsequenzen. So gilt die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des Ehegatten gem § 1371 I ausdrücklich nur für die Zugewinngemeinschaft, während § 1931 IV eine gesonderte Besserstellung des Ehegatten nur für den Fall der Gütertrennung beinhaltet. Die Vereinbarung der Gütergemeinschaft stellt keine Schenkung dar; dies gilt auch, wenn die jeweiligen Vermögen sehr unterschiedlich hoch ausfallen (BGH FamRZ 1992, 304).
Rn 5
Die Gütergemeinschaft kann enden mit Auflösung der Ehe (rechtskräftige Scheidung, vgl BGH FamRZ 82, 991), durch Ehevertrag oder eine richterliche Aufhebungsentscheidung (§ 1449). Danach ist eine Auseinandersetzung erforderlich. Diese erfolgt idR dadurch, dass die Beteiligten zunächst die Gesamtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen haben (§ 1475) und danach den Überschuss teilen (§ 1476). Sind die Ehegatten zerstritten, was häufig nach einer Scheidung der Fall sein wird, ist die Auseinandersetzung aufgrund der engen Vermögensverflechtungen in der Praxis mit sehr großen Schwierigkeiten verbunden.
Rn 6
Endet die Ehe durch den Tod eines Ehegatten, so tritt eine fortgesetzte Gütergemeinschaft in Kraft, wenn eine entsprechende Vereinbarung der Beteiligten gegeben ist (§ 1483); ansonsten gehört der Anteil des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut zum Nachlass (§ 1482).
Rn 7
Das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen hatte zur Folge, dass die für minderjährige Ehegatten konzipierten Schutzvorschriften der §§ 1458, 1484 II 2, 1492 III 1, 1516 II 2 ersatzlos aufgehoben werden konnten.
Rn 8
Nach § 1353 I 1 können gleichgeschlechtliche Personen die Ehe eingehen. Dies hatte Änderungen der §§ 1416 I, 1421, 1436 und 1459 zur Folge, die in der früheren Fassung noch von der Ehe zwischen Mann und Frau ausgingen. ...