A. Rechtsgrundlagen.
I. Allgemeines.
Rn 1
Die Erscheinungsformen des Werkvertrages sind vielfältig und waren als solche in der bis zum 31.12.17 geltenden Fassung des Gesetzes in den §§ 631–651 nur unvollkommen geregelt. Mit der Einführung des neuen gesetzlichen Bauvertragsrechts (s Rn 6 f) zum 1.1.18 hat sich das mit Sonderregeln für den Bau- und den Verbrauchervertrag sowie der Schaffung eigenständiger Vertragstypen für Architekten- und Ingenieurleistungen sowie das Bauträgergeschäft durchgreifend geändert. Allerdings gelten für alle diese neu definierten Erscheinungsformen des werkvertraglichen Grundprinzips im Ausgangspunkt die Grundregeln des Werkvertragsrechts, die durch die Erfolgsbezogenheit der Leistungsverpflichtung des Schuldners geprägt sind (dazu Rn 15 ff).
Rn 2
Unabhängig davon greifen für weitere Sonderformen erfolgsbezogener vertraglicher Leistungsbeziehungen spezielle gesetzliche Regelungen, welche die Vorschriften des allg Werkvertragsrechts ersetzen bzw ergänzen. Das gilt bspw für den Reisevertrag (§§ 651a ff) und für handelsrechtliche Frachtgeschäfte (§§ 407 ff HGB), findet seinen Niederschlag allerdings auch in den für den Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675) geltenden Vorschriften des Auftragsrechts (insbes §§ 666 f, 670), die etwa bei Baubetreuungs- und Projektsteuerungsleistungen mit engem Bezug zu den Vermögensinteressen des Auftraggebers (ergänzende) Anwendung finden können (vgl hierzu: Eschenbruch Rz 308 ff mwN). Für das in der Praxis stark von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durchdrungene Werkvertragsrecht (zur VOB vgl Rn 25 ff) haben überdies die hierfür maßgeblichen Bestimmungen der §§ 305 ff große Bedeutung. Das gilt namentlich für die nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 307–309 vorzunehmende Inhaltskontrolle und das durch § 307 I 2, III 2 in Umsetzung der Klauselrichtlinie nunmehr gesetzlich normierte Transparenzgebot. Darüber hinaus ist (nicht nur) das nationale Werkvertragsrecht auch nach der Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (dazu sogleich) stark vom Regelungsgehalt europarechtlicher Richtlinien beeinflusst (zur richtlinienkonformen Auslegung des Sachmangelbegriffs in § 633 II anhand der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – ABl EG Nr L 171 12 § 633 Rz 21; s.a. Thode NZBau 02, 297, 300; zu deren Bedeutung für § 651: ders NZBau 02, 362; zur Bedeutung der Klauselrichtlinie für das Bauträgergeschäft: Thode ZNotP 04, 210 ff und ZNotP 06, 208; BauR 99, 1294; zur 6. Umsatzsteuerrichtlinie 77/388/EWG: BGH BauR 99, 1294). Art 27–29 EGBGB (IPR) enthält kollisionsrechtliche Bestimmungen für Werkverträge mit Auslandsbezug (s dort).
II. Schuldrechtsmodernisierung.
Rn 3
Die entscheidend durch die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (ABl EG Nr L 171 12) veranlasste Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes hat zu einer tief greifenden Neugestaltung des Werkvertragsrechts geführt (vgl: Haas BB 01, 1313; Voit BauR 02, 145; Sienz BauR 02, 181; Thode NZBau 02, 297 u 360). Die wichtigsten Neuerungen betreffen die in der Neufassung des § 651 repräsentierte Ausweitung des Kaufvertragsrechts auf früher als Werklieferungsverträge über unvertretbare Sachen dem Werkvertragsrecht unterstellte Leistungsbeziehungen (iE dazu § 651 Rn 1), die der Harmonisierung des Leistungsstörungsrechts geschuldete Reform des Sachmängelhaftungsrechts (früher: Gewährleistungsrecht) nebst Einführung eines geänderten Sachmangelbegriffs (§ 633 II; zur richtlinienkonformen Auslegung: Thode NZBau 02, 197, 302 ff) und die Neuregelung des Verjährungsrechts (hierzu: Lenkeit BauR 02, 196) einschließlich der jetzt in § 634a niedergelegten Bestimmungen zur Verjährung der Mängelrechte. Hinzu treten zahlreiche redaktionelle Änderungen und Ergänzungen, wie sie sich beispielsweise in § 632 III betreffend die (nicht bestehende) Vergütungspflicht für Kostenvoranschläge finden.
Rn 4
Das solcherart neu gefasste Werkvertragsrecht gilt gem Art 229 § 5 EGBGB für alle Werkverträge, die nach dem 31.12.01 geschlossen wurden, wobei allerdings für die Anwendung des Verjährungsrechts die besonderen Übergangsregelungen in Art 229 § 6 EGBGB zu beachten sind. Bei nach dem 31.12.01 begründeten Dauerschuldverhältnissen greift das neue Werkvertragsrecht gem Art 229 § 5 2 erst für die Zeit ab dem 1.1.03 (der Bauvertrag ist kein Dauerschuldverhältnis idS: BGH BauR 03, 533; aA Anker/Zacher BauR 02, 1772 – zumindest für die Erfüllungsphase).
Rn 5
Weitere Modifizierungen des Werkvertragsrechts hat das für nach dem 1.1.09 geschlossene Verträge geltende Forderungssicherungsgesetz vom 23.10.08 (FoSiG – BGBl I 2022; Übergangsregelung Art 229 § 18 [richtig: § 19]) mit zT signifikanten Änderungen der Regelungen in §§ 632a; 641 II, III; 648a und 649 2 (iE s dort; eingehend zum FoSiG: Deckers Das neue Forderungssicherungsgesetz, 09; zusammenfassend: Hildebrandt BauR 09, 4) gebracht. Darüber hinaus ist § 641a (Fertigstellungsbescheinigung) gestrichen und mit der gleichzeitigen Neugestaltung des Bauforderungssicherungsgesetzes (vormals: Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen – GSB) sind die Voraussetzungen für di...