Prof. Dr. Juliana Mörsdorf
I. Staatsverträge und Europäische Regelungen.
Rn 15
Für ab dem 17.12.09 geschlossene Verträge ist das Formstatut in Art 11 ROM I geregelt. Drei vorrangig zu beachtende (Art 3 Nr 2) staatsvertragliche Regelungen über das auf die Form anwendbare Recht gelten nur noch im Verhältnis zu Italien, nämlich Art 5 u 7 Haager Abk über die Eheschließung v 12.6.02 (RGBl 04, 221) sowie für vor dem 23.8.87 geschlossene Eheverträge Art 6 Haager Ehewirkungsabk v 17.7.05 (RGBl 12, 453). Das CIEC-Üb zur Erleichterung der Eheschließung vom 10.9.64 (BGBl 69 II 2054) regelt Formfragen in Art 4 u 5 und dasjenige über die Erweiterung der Zuständigkeit der Behörden, vor denen nichteheliche Kinder anerkannt werden können v 14.9.61 (BGBl 65 II 19) regelt die Form der Anerkennung in Art 4. Welches Recht auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwenden ist, ergibt sich aus dem entspr Haager Üb v 5.10.61 (BGBl 65 II 11); zwar war dieses 1986 in Gestalt des Art 26 in das System des deutschen Rechts inkorporiert worden, doch hatte diese Vorschrift bloß die Funktion eines Merkzettels; Rechtsgrundlage war nach wie vor das Abk selbst, dessen Vorschriften innerstaatlich unmittelbar anwendbar waren.
II. Eingriffsnormen.
Rn 16
Neben den Eingriffsnormen des Forumstaates waren nach dem bish IV für Formfragen schuldrechtlicher Grundstücksgeschäfte wie zB Kauf, Miete, Pacht zusätzlich (BeckOK/Mäsch Rz 54) die Eingriffsnormen des Belegenheitsstaates anzuwenden. Zu IV aF der nur noch für Altfälle gilt s. 7. Aufl diese Rn. Für ab dem 17.12.09 geschlossene Verträge gilt nicht mehr IV aF, sondern Art 11 V ROM I (s Art 11 ROM I Rn 12).
III. Umfang der Verweisung.
Rn 17
Inwieweit Art 11 eine Gesamt- oder Sachnormverweisung ausspricht (Art 4 I), ist umstr. Eine Ansicht lässt generell das Günstigkeitsprinzip auf die Frage des Verweisungsumfangs durchschlagen und geht flexibel immer dann von einer Gesamtverweisung aus, wenn eine Sachnormverweisung im konkreten Falle nicht zur Bejahung der Formwirksamkeit führen würde (MüKo/Spellenberg Rz 13 ff; Kegel/Schurig § 17 V 3b; Looschelders Rz 5; Soergel/Kegel Rz 7). Diese alternative Prüfung von Sachnorm- und Gesamtverweisung entspricht Art 4 I 1 2. Hs, weil sie auf den Sinn der Verweisung (favor negotii) Rücksicht nimmt. Andere unterscheiden danach, ob das Ortsstatut oder das Geschäftsstatut berufen ist: Bei ersterem sei wegen des Sinns der Verweisung zwingend eine Sachnormverweisung gegeben, bei Letzterem komme es darauf an, ob das Geschäftsstatut seinerseits eine Sachnorm – oder, was außerhalb des Schuldvertragsrechts möglich sei, eine Gesamtnormverweisung ausspreche (Erman/Hohloch Rz 5; Staud/Winkler v Mohrenfels Rz 45 ff; Ebenroth/Eylers IPRax 89, 10). Ausf Angaben zu ausl Kollisionsregeln finden sich bei Staud/Winkler v Mohrenfels Anh zu Art 11.
IV. Vorfragenanknüpfung.
Rn 18
Ist bei Veräußerung eines ausl Grundstücks Vertragsstatut und Ortsstatut deutsches Recht, so besteht bei Nichtbeachtung der von § 311b I 1 BGB geforderten notariellen Beurkundung die Möglichkeit der Heilung durch Erfüllung nach § 311b I 2 BGB. Diese ist selbstständig nach Art 43 an den Belegenheitsort anzuknüpfen, so dass es auf eine Grundbucheintragung nach deutschem Recht nicht ankommt (BGHZ 73, 391; Ddorf NJW 81, 529 f; Erman/Hohloch Rz 17).
V. Auslandssachverhalt und Substitution.
Rn 19
Zu den Formvorschriften der § 15 III u IV GmbHG ist umstr, ob diese, wenn sie als lex loci actus berufen wären, sachrechtlich überhaupt Gesellschaften mit Sitz im Ausland erfassen (so BGH NZG 05, 41 [BGH 04.11.2004 - III ZR 172/03]; Celle NJW-RR 92, 1126 und zutr Staud/Winkler von Mohrenfels Rz 310 f; aA München NJW-RR 93, 998; s.a. Merkt ZIP 94, 1417).
Rn 20
Die – nur auf deutsche Grundstücke anwendbare – Auflassung nach § 925 BGB kann nach der Rspr nur vor einem deutschen Notar oder einer sonst zuständigen Stelle wie etwa dem Konsularbeamten (§ 12 Nr 1 KonsG) erfolgen, nicht aber vor einer ausl Urkundsperson (BGH DNotZ 20, 742 [BGH 13.02.2020 - V ZB 3/16] m Anm Raff; KG OLGZ 86, 319; Köln OLGZ 72, 321; LG Ellwangen BWNotZ 00, 45; aA Heinz RIW 01, 928; Spellenberg FS Schütze [99], 897; Mann NJW 55, 1177). Da aber die Tätigkeit eines deutschen Notars grds auf das Inland beschränkt ist (BGH IPRax 00, 29 [BGH 30.04.1998 - IX ZR 150/97] m Aufs Riering 17), können wegen IV deutsche Grundstücke, außer im Konsulat, nur im Inland übertragen werden; bei in der Sache selbst liegenden zwingenden Gründen kann Auslandstätigkeit deutscher Notare ausnw genehmigt werden (BGH NJW 13, 1605 [BGH 04.03.2013 - NotZ(Brfg) 9/12]; dazu Geimer aaO 2625).
Rn 21
Nach einer Mindermeinung kann auch die notarielle Form der § 15 III, IV GmbHG wegen des Interesses an einer ordnungsgemäßen Durchführung solcher Akte mit Öffentlichkeitsbezug niemals durch eine ausl Urkundsperson erfüllt werden (Geimer DNotZ 81, 408). Die Praxis wird bestimmt von einer differenzierenden Ansicht nach der der deutsche Notar bei Geschäften, die wie Gründung und Satzungsänderung die Verfassung der Gesellschaft betreffen, nicht substituierbar ist, wohl aber bei Anteilsübertragungen oder Beurkundung einer Hauptversammlung (Goette FS Boujong, 141 ff; ähnl Staud/Großfeld Int...