Prof. Dr. Juliana Mörsdorf
Rn 13
Zusätzliche Voraussetzung ist der bei Vertragsschluss bestehende gute Glaube des Vertragspartners an das Bestehen der Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit. Was die fahrlässige Unkenntnis angeht, darf der Vertragspartner von der Geltung der für ihn leicht ermittelbaren, am Geschäftsort geltenden Regeln zu Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit ausgehen, solange er keine Anhaltspunkte dafür hat, dass ein strengeres Recht Anwendung findet. Der Umfang zumutbarer Nachforschungen hängt einerseits von der Bedeutung des Geschäftes, andererseits von der Deutlichkeit der auf mangelnde Geschäftsfähigkeit hinweisenden Umstände bzw dem Aufwand bei der Rechtsermittlung ab: Bei Geschäften des täglichen Lebens sind die Anforderungen geringer als bei größeren Kreditgeschäften, einem Grundstückskauf oder sonst beurkundungspflichtigen Geschäften, bei denen auch ohne Auslandsbezug der Notar nach § 11 BeurkG die Geschäftsfähigkeit überprüfen müsste (BeckOK/Mäsch Art 13 ROM I Rz 32); auch spielt es eine Rolle, ob Kaufleute beteiligt sind und ob es sich um eine Grenzregion handelt (Looschelders Rz 19). Die bloße Kenntnis, dass die andere Vertragspartei Ausländer ist, soll noch keine Bösgläubigkeit begründen (Grüneberg/Thorn Rz 2; Erman/Hohloch Rz 12; Looschelders Rz 19; Staud/Hausmann Rz 66; Liessem NJW 89, 501). Denn auch, wenn in diesem Fall der Vertragspartner wissen muss, dass nach Art 7 gerade nicht das Ortsrecht Anwendung findet, darf die daran anknüpfende Aufklärungsobliegenheit nicht unverhältnismäßig schärfer sein als bei Binnengeschäften, so dass es auf Verdachtsmomente und Aufklärungsmöglichkeiten im Einzelfall ankommt. Besitzen beide Vertragsparteien dieselbe Staatsangehörigkeit, so fehlt der gute Glaube idR (Hamm NJW-RR 96, 1144 [OLG Hamm 23.11.1995 - 22 U 227/94]), es sei denn, dass die vertrauende Partei nicht wissen kann, dass die andere Partei dasselbe Personalstatut besitzt (vgl MüKo/Spellenberg Rz 15 iVm Art 13 ROM I Rz 24); denn die Kenntnis des dann nach Art 7 auch für sein Ggü geltenden eigenen Heimatrechts kann ohne weiteres erwartet werden. Das gleiche ist hinsichtlich des an seinem gewöhnlichen Aufenthalt geltenden Rechts als seines Umweltrechts anzunehmen (BeckOK/Mäsch Art 13 ROM I Rz 32). Zum selben Erg kommen diejenigen, die Art 12 bei Geschäften unter Landsleuten für nicht anwendbar halten, da Ursache des Irrtums über die Geschäftsfähigkeit nicht der Auslandsbezug des Sachverhalts ist (MüKo/Spellenberg Rz 21; v Bar Rz 59). Aus diesem Grunde greift Art 12 auch dann nicht ein, wenn die unzutreffende Annahme der Geschäftsfähigkeit auf einem Irrtum über tatsächliche Umstände wie Alter (MüKo/Spellenberg Rz 15 iVm Art 13 ROM I Rz 74, 81) oder Entmündigung (BeckOK/Mäsch Art 13 ROM I Rz 33) beruht. Ein Irrtum über die Staatsangehörigkeit der anderen Vertragspartei ist hingegen beachtlich, soweit er einen Irrtum über das maßgebl Personalstatut nach sich zieht (ähnl MüKo/Spellenberg Rz 15 iVm Art 13 ROM I Rz 78; diff BeckOK/Mäsch Art 13 ROM I Rz 32; aA Looschelders Rz 20; v Bar IPR II Rz 59). Im Falle einer Entmündigung bewirkt Art 12, dass von ihr nur auszugehen ist, falls und soweit sie am Vertragsabschlussort anerkannt wird (ausl Entmündigung wirkt in Deutschland allenfalls wie Betreuung mit weitreichendsten Wirkungen, s Art 7 EGBGB Rn 15, Art 24 EGBGB Rn 38; Grüneberg/Thorn Rz 4; Looschelders Rz 24; Fischer 126).