I. Eheschließung (Abs 1).
Rn 4
I umfasst in seinem Anwendungsbereich alle Eheschließungsvoraussetzungen und Ehehindernisse. Dazu gehören insb die Ehemündigkeit (Saarbr FamRZ 08, 275; Karlsr FamRZ 17, 959; Andrae NZFam 16, 923, 924; Coester StAZ 16, 257, 259) sowie das Ehehindernis der Doppelehe (Naumbg FamRZ 15, 2054; zur polygamen Ehe Helms GPR 12, 2; Coester/Coester-Waltjen FamRZ 16, 1618, 1624 ff). Die für Letzteres relevante Vorfrage, ob zum Zeitpunkt der Eheschließung einer der Verlobten mit einem Dritten in gültiger Ehe lebte, ist ebenfalls über I anzuknüpfen (BGH FamRZ 97, 542). Zur weiteren Vorfrage, ob eine frühere Ehe durch Scheidung aufgelöst ist, muss unterschieden werden zwischen im Inland erfolgter und im Ausland ergangener Scheidung. Eine Inlandsscheidung ist bei Rechtskraft ausnahmslos zu beachten (II Nr 3 Hs 2 Alt 1), eine Auslandsscheidung, wenn sie im Inland anerkannt ist (II Nr 3 Hs 2 Alt 2). – Die Mehrehe will ein Gesetzesentwurf durch eine Eheaufhebung bekämpfen (BRDrs 249/18; dazu Coester-Waltjen/Heiderhoff JZ 18, 762 ff; Jayme IPRax 18, 473 ff).
Rn 5
Bei Anknüpfung nach I ergeben sich die materiellen Voraussetzungen der Eheschließung für jeden Verlobten aus dem Recht des Staates, dem er unmittelbar vor der Eheschließung angehörte (BGH NJW 66, 1811 [BGH 14.07.1966 - IV ZB 243/66]). Anknüpfungspunkt ist daher die jeweilige Staatsangehörigkeit. Da auf das Heimatrecht beider Verlobter verwiesen wird, darf die Ehe nur dann geschlossen werden, wenn alle Voraussetzungen nach den aufgrund der gekoppelten Verweisung berufenen Rechtsordnungen vorliegen (Hohloch FPR 11, 422, 423f). Liegt nach nur einer Rechtsordnung ein Ehehindernis vor, nach der anderen jedoch nicht, steht dies der Eheschließung entgegen. Gleiches gilt für sog zweiseitige Ehehindernisse, bei welchen das Heimatrecht eines Verlobten nicht nur ihn selbst betreffende Ehehindernisse aufstellt, sondern auch in der Person des anderen liegende Gründe, die möglicherweise nach dessen Heimatrecht unschädlich sind, als Ehehindernis ansieht – zB Eheschließung einer unverheirateten Deutschen mit einem verheirateten Ausländer, dessen Heimatrecht die Mehrehe erlaubt (vgl Zweibr FamRZ 04, 950).
II. Eheschließungsfreiheit (Abs 2).
Rn 6
Die gekoppelte Verweisung nach I kann bei im Inland beabsichtigter Eheschließung zu einem Ehehindernis führen, wenn das Heimatrecht des ausl Verlobten eine der Eheschließungsfreiheit entgegenstehende Regelung (Hauptfälle: Absolute Unauflöslichkeit einer früheren – geschiedenen – Ehe, Verbot der Eheschließung bei unterschiedlicher Religionszugehörigkeit) kennt. Da die Eheschließungsfreiheit grundrechtlich gewährleistet ist (BVerfG FamRZ 04, 765), kommt ein Verstoß gg den inländischen ordre public in Betracht. Die deshalb an sich nach Art 6 gebotene Prüfung zur Ergebniskorrektur ist für ab dem 1.9.86 geschlossene Ehen spezialgesetzlich in Art 13 II geregelt. Soweit die Ehe vor diesem Zeitpunkt geschlossen worden ist, kommt Art 6 direkt zur Anwendung (BGH FamRZ 97, 542).
Rn 7
Nach II sind die materiellen Voraussetzungen entgegen I allein nach deutschem Recht zu beurteilen, wenn einer der Verlobten Deutscher ist oder seinen gewöhnl Aufenthalt in Deutschland hat, ein mit der Eheschließungsfreiheit nicht zu vereinbarendes Ehehindernis vorliegt und die Verlobten alle zumutbaren Schritte zur Beseitigung dieses Hindernisses unternommen haben. Dies gilt auch bei Nachbeurkundung einer schon im Ausland geschlossenen Ehe (München FamRZ 11, 1506). Welche Schritte zumutbar sind (II Nr 2), ist in gleicher Weise an den Grundrechtsgarantien zu messen. Ein Religionswechsel kann daher auf keinen Fall verlangt werden. Versuche zur Aufhebung der Unauflöslichkeit der früheren Ehe sind nicht zumutbar, wenn sie von vornherein aussichtslos sind (vgl BGH FamRZ 97, 542). Zu verlangen ist allerdings das Betreiben der Anerkennung einer Auslandsscheidung, soweit diese ein Verfahren nach § 107 FamFG voraussetzt. Nach der in II Nr 3 Hs 2 normierten unwiderleglichen Vermutung ihrer ordre-public-Widrigkeit ist die Unauflöslichkeit einer früheren Ehe dann stets unbeachtlich, wenn sie im Inland rechtskräftig geschieden worden ist oder ihre im Ausland erfolgte Scheidung hier anerkannt wird oder der frühere Ehegatte des Verlobten für tot erklärt worden ist (hinkende Todeserklärung).
Rn 8
Weitere mit der Eheschließungsfreiheit nicht zu vereinbarende Ehehindernisse iSv II sind Eheverbote wegen fremder Staatsangehörigkeit, aus rassischen Gründen oder bei zwingend vorgeschriebener Genehmigung der Eheschließung von Volljährigen. Das in Deutschland erst seit dem 1.7.98 abgeschaffte Eheverbot der Schwägerschaft in gerader Linie dürfte allerdings mit der Eheschließungsfreiheit noch vereinbar sein (Stuttg FamRZ 00, 821; BVerwG NJW 12, 3461. – S aber Henrich FamRZ 05, 1971). Von in den Niederlanden registrierten Partnern ist verlangt worden, zuvor ihre Partnerschaft in den Niederlanden in eine Ehe umzusetzen (KG StAZ 14, 15; anders zuvor BGH FamRZ 12, 1635 Anm Wiggerich).
III. Wirksamkeit der Ehe.
Rn 9
Der Verstoß gg materiell-rechtliche Eheschließungs...