I. Rechtswahl (Abs 1).
Rn 11
Abs 1 gestattet den Ehegatten, die Rechtsordnung vertraglich zu bestimmen, welcher die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe unterliegen (Erbarth NZFam 19, 417, 420f). Für gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt Art 17b V 2 die Rechtswahl. Zur Wirksamkeit einer solchen Rechtswahl normiert das Gesetz drei alternative Voraussetzungen; liegen diese nicht vor, ist die dennoch vorgenommene Rechtswahl nichtig (§ 134 BGB). Anders als nach der aF steht nicht entgegen, dass eine gemeinsame Staatsangehörigkeit vorliegt.
Rn 12
Wählbar ist das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnl Aufenthalt (dazu Art 5 Rn 29 ff) haben (I Nr 1).
Rn 13
Gewählt werden kann auch das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnl Aufenthalt während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen im Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnl Aufenthalt hat (I Nr 2).
Rn 14
Auch die Staatsangehörigkeit wird genannt. Ungeachtet des Art 5 I kann das Recht des Staates, dem ein Ehegatte im Zeitpunkt der Rechtswahl angehört, gewählt werden (I Nr 3). Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit braucht sie nicht die effektive zu sein. Ein Vorrang der deutschen Staatsangehörigkeit besteht nicht (Grüneberg/Thorn Art 5 Rz 4).
Rn 15
Als zwar formgebundenes (I 2) Rechtsgeschäft erfordert die Vereinbarung des allgemeinen Ehewirkungsstatuts nicht zwingend eine ausdrückliche Erklärung; konkludente Rechtswahl ist – bei Einhaltung der Form – möglich (R Magnus IPRax 19, 8, 14). Eine solche kommt zB in Betracht, wenn die Eheschließung in Staaten mit islamisch geprägter Rechtsordnung vorgenommen wurde. Bei Anwendung islamischen Rechts werden durchweg in einer Heiratsurkunde besondere Vereinbarungen zur Morgengabe und/oder zum künftigen Aufenthaltsort der Frau oder Ähnlichem getroffen. Ob dies eine stillschweigende Rechtswahl bzgl der Ehewirkungen bedeutet, ist als Auslegungsfrage einzelfallbezogen zu entscheiden (BayObLG FamRZ 98, 1594; Frankf FamRZ 96, 1478; JM BaWü FamRZ 01, 1018; verneinend für Brautgabe nach ägypt Recht, KG FamRZ 13, 1480; dazu abl Mörsdorf-Schulte FamRBInt 13, 57 f; Gruber IPRax 14, 53 ff).
Rn 16
Rechtswahl ist jederzeit möglich, also auch während der Ehe u bei Getrenntleben: das Wirkungsstatut nach Art 14 ist wandelbar (RegE BTDrs 19/4852 S 37). Sie bleibt bei Entfallen der Voraussetzungen der beschränkten Rechtswahl bestehen (Grüneberg/Thorn Rz 9). Rechtswahl vor Eheschließung ist zulässig. Ihre Wirkungen treten mit Eheschließung ein (MüKo/Looschelders Rz 103).
Rn 17
Die Rechtswahl setzt die Einhaltung der in I vorgeschriebenen Form voraus. Bei Rechtswahl im Inland ist nach I 2 notarielle Beurkundung erforderlich. Bei Rechtswahl im Ausland reicht auch die Einhaltung der für einen Ehevertrag vorgeschriebenen Form aus (I 3). Dafür steht alternativ die nach dem gewählten Recht wie auch die nach dem Recht des Vornahmeorts für den Abschluss eines Ehevertrages normierte Form zur Verfügung (KG FamRZ 13, 1480). Für den Begriff ›Ehevertrag‹ ist entscheidend, ob die Vereinbarung dem Verweisungsbegriff in I 3 funktionell adäquat ist. Deshalb kann zB ein Heiratsvertrag nach syrischem Recht, der die Morgengabe regeln muss u strengen Formalitäten für sein Zustandekommen unterliegt, als ›Ehevertrag‹ angesehen werden, so dass die Einhaltung der dort vorgeschriebenen Förmlichkeiten ausreicht (BayObLG FamRZ 98, 1594).
II. Gesetzliches Ehewirkungsstatut (Abs 2).
Rn 18
Mangels Rechtswahl ergibt sich das allgemeine Wirkungsstatut aus II. Dieses Statut ist wandelbar (Dutta FamRZ 19, 1390, 1398; RegE BTDrs 19/4852 S 37). Zur Anknüpfung der einzelnen Tatbestandsmerkmale ist daher jeweils auf den Zeitpunkt abzustellen, der für die im Einzelfall konkrete Rechtsfrage relevant ist.
Rn 19
Die Ermittlung des gesetzlichen Wirkungsstatuts erfolgt über die in II normierte vierstufige Anknüpfungsleiter: Nr 1 enthält als primären Anknüpfungspunkt den jeweiligen gemeinsamen gewöhnl Aufenthalt der Ehegatten in einem Staat. Neben dem objektiven Lebensmittelpunkt spielt auch der Aufenthaltswille eine Rolle. Daran kann es ausnahmsweise fehlen, wenn trotz längerer Dauer erkennbar ist, dass der Aufenthalt nur vorübergehend sein sollte (Ddorf FamRZ 18, 1783 m Anm Looschelders u krit Aufs Heiderhoff IPRax 19, 506 [China]). Nachrangig entscheidet nach Nr 2 der letzte gemeinsame gewöhnl Aufenthalt. ›Gemeinsamer‹ gewöhnl Aufenthalt in einem Staat ist auch dann gegeben, wenn die Ehegatten an verschiedenen Orten, jedoch im selben Staat, getrennt leben. Zum Vorliegen von Nr 2 ist zusätzlich erforderlich, dass einer der Ehegatten im Staat des letzten gewöhnl Aufenthalts seinen gewöhnl Aufenthalt ununterbrochen beibehalten hat (BGH FamRZ 93, 798).
Rn 20
Nach Nr 3 kommt es auf die aktuelle gemeinsame Staatsangehörigkeit an. Bei Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit sind die Besonderheiten zu beachten, welche sich für Staatenlose, Flüchtlinge, anerkannte Asylberechtigte, Volksdeutsche, Aussiedler u Spätaussiedler ergeben (Celle StAZ 12, 81; aA Mayr FamRBInt 13, 51 ff). Sind beide Eheleute anerkannte As...