I. Anwendungsbereich.
Rn 3
Als Sonderregelung für registrierte Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Partner ist Art 17b an sich auf andere nichteheliche Lebensformen nicht anwendbar. Für diese verbleibt es bei der bisherigen – umstrittenen – Rechtslage (s dazu Art 13 Rn 23). Allerdings wird zunehmend befürwortet, Art 17b auf registrierte heterosexuelle Lebensgemeinschaften entweder unmittelbar (NK/Gebauer Rz 15) oder analog (Wagner IPRax 01, 292; Erman/Stürner Rz 6a; Grüneberg/Thorn Rz 1a) anwenden. Dagegen ist der Anwendungsbereich der Norm nicht auf die Eingetragene Lebenspartnerschaft iS des deutschen Sachrechts (§ 1 LPartG) beschränkt; Art 17b erfasst als allseitige Kollisionsnorm auch mit der Eingetragenen Lebenspartnerschaft vergleichbare Rechtsinstitute ausl Rechts (Wagner IPRax 01, 281; differenzierend Henrich FS Kropholler [08], 305 ff).
Rn 4
Der sachliche Anwendungsbereich umfasst die familienrechtlichen Anknüpfungsgegenstände Begründungsstatut (I 1 Alt 1), allgemeines Wirkungsstatut (I Alt 3), Auflösungsstatut (I Alt 2), Namensstatut (II 1 Alt 1) sowie Statut zur Wohnung (II 1 Alt 2). Das Statut des VA ist geregelt in I 2 und 3. Ab 1.1.23 gilt Art 15 nF (gegenseitige Vertretung) entspr (Art 17b II nF).
II. Begründung der Lebenspartnerschaft.
Rn 5
Nach der allseitigen Anknüpfung in Art 17b I 1 Alt 1 bestimmen sich die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Recht des Register führenden Staats. Daher gilt auch für Registrierung beim inländ Konsulat Auslandsrecht (Wall StAZ 17, 153 [ital unione civile]; MüKo/Coester Rz 21). Eine aA will jedoch entgegen dem Wortlaut auf den Registrierungsort abstellen (Grüneberg/Thorn Rz 2; Staud/Mankowski Rz 28). Form und materielle Wirksamkeit unterliegen demselben Recht (MüKo/Coester Rz 26). Vorfragen, zB Bestehen einer Ehe oder anderen Lebenspartnerschaft (vgl § 1 III Nr 1 LPartG), Minderjährigkeit (vgl § 1 III Nr 1 LPartG), Verwandtschaft (vgl § 1 III Nr 2 und 3 LPartG), sind an Hand der für diese Gegenstände maßgeblichen Kollisionsnormen selbstständig anzuknüpfen. Das Begründungsstatut in I 1 Alt 1 ist auch maßgeblich für die Wirksamkeit einer ggf fehlerhaft begründeten Lebenspartnerschaft.
III. Allgemeine Wirkungen der Lebenspartnerschaft.
Rn 6
Art 17b I 1 Alt 3 regelt die Anknüpfung der rechtlichen Wirkungen einer wirksam begründeten Lebenspartnerschaft. Anknüpfungsgegenstand sind die persönlichen Rechtsbeziehungen der Lebenspartner zueinander und die Auswirkungen der Lebenspartnerschaft im Rechtsverkehr (zB die Zugehörigkeit zur Familie des anderen Partners – vgl § 11 LPartG). Für die meisten besonderen Wirkungen gibt es Spezialnormen, die in ihrem Anwendungsbereich der Vorschrift vorgehen: Namensstatut (II mit Art 10 II), Versorgungsausgleichsstatut (I 2 und 3), Unterhaltsstatut (HaagUntProt), das Statut zur Wohnungszuweisung (II mit Art 17a) sowie gegenseitige Vertretung (ab 1.1.23 II nF mit Art 15 nF) sind besonders normiert.
Rn 7
Die Anknüpfung der Wirkungen unterliegt wie beim Begründungsstatut dem Sachrecht des Register führenden Staats. Haben die Lebenspartner nachträglich ihre Lebenspartnerschaft in einem weiteren Staat registrieren lassen, endet der Gleichlauf zum Begründungsstatut: Nach III sind bei Mehrfachregistrierung der Lebenspartnerschaft in verschiedenen Staaten nur die Sachvorschriften des Staats der letzten Registrierung maßgebend. Für die allgemeinen Wirkungen der Lebenspartnerschaft bedeutet dies einen Statutenwechsel.
Rn 8
Ist Wirkungsstatut eine fremde Rechtsordnung, kann sich daraus ein weiterer Umfang der Wirkungen einer nach diesem Recht registrierten Lebenspartnerschaft ergeben als im deutschen Recht vorgesehen. Nach der früheren ›Kappungsregelung‹ (IV aF) gingen dann die Wirkungen im Inland nur so weit, wie es dem deutschen Sachrecht entsprach. Intertemporal ist die Anwendung für vor dem 1.10.17 eingetragene Lebenspartnerschaften ausgeschlossen (Art 229 § 48).
IV. Lebenspartnerschaftsname (Abs 2).
Rn 9
Zum Statut für die Anknüpfung eines gemeinsamen Namens der Lebenspartner (§ 3 LPartG) verweist Art 17b II auf die entspr Anwendung der für den Ehenamen maßgeblichen Kollisionsnorm in Art 10 II. Soweit danach ein Lebenspartnerschaftsname nicht zulässig ist oder nicht gewählt wird, richtet sich die Namensführung der Lebenspartner in unmittelbarer Anwendung von Art 10 I nach dem jeweiligen Heimatrecht.
V. Güterrecht.
Rn 10
Seit dem 29.1.19 kommt die EuPartVO (ABl EU 16 L 183/30; s IPR-Anh 6) zur Anwendung. Nach bisherigem Recht bestimmte sich das Güterrechtsstatut gem I 1 Alt 3 im Gleichlauf zum Begründungsstatut nach dem Sachrecht des Register führenden Staats. Da somit keine Gesamtverweisung iSv Art 4 I 1 erfolgt, kann an sich kein späterer Statutenwechsel eintreten. Das Güterrechtsstatut ist grds unwandelbar, bezogen auf den Zeitpunkt der Begründung der Lebenspartnerschaft. Eine Rechtswahl im eigentlichen Sinne ist zu keinem Zeitpunkt möglich. Dennoch kann es zum Statutenwechsel kommen, wenn nämlich die Lebenspartner nachträglich ihre Lebenspartnerschaft in einem weiteren Staat registrieren lassen; zur Mehrfachregistrierung s Rn 7.
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