I. Anwendungsbereich.
Rn 23
Während das deutsche Sachrecht gleichgeschlechtliche u heterosexuelle Ehen ohne weiteres gleichstellt (§ 1353 I 1 BGB), folgt das IPR keinem einheitlichen Ehebegriff, sondern enthält eine eigene Vorschrift in Anlehnung an die Lebenspartnerschaft. Danach gelten die Bestimmungen der Abs 1 bis 3 für die gleichgeschlechtliche Ehe entspr (V S 1; zur Systemwidrigkeit krit Mankowski IPRax 17, 541 ff; Mansel/Thorn/Wagner IPRax 19, 85, 96 f; de la Durantaye IPRax 19, 281, 282 ff. Für Rückwirkung auf ausl gleichgeschlechtliche Ehen, Helms StAZ 18, 33, 39; aA Krömer StAZ 18, 61; vgl auch KG FamRZ 18, 1925). Die Reform der Abs IV u V durch das EheRAnpG hat allerdings mit Wirkung zum 22.12.18 zu einer Angleichung geführt (BGBl 18 I 2639, s.o. Rn 2; RegE BTDrs 19/4852 S 39, dazu Kohler/Pintens FamRZ 18, 1369, 1372 f; Finger FuR 19, 26 ff; Mankowski NJW 19, 465, 470 ff).
Rn 24
Die Sonderregelung des Art 17b IV erfasst die gleichgeschlechtliche Ehe sowie das dritte Geschlecht (de la Durantaye IPRax 19, 281, 283), ist aber auf andere Eheformen nicht anwendbar. Dagegen ist der Anwendungsbereich der Norm nicht auf die gleichgeschlechtliche Ehe iS des deutschen Sachrechts beschränkt; Art 17b IV erfasst als allseitige Kollisionsnorm auch vergleichbare Rechtsinstitute ausl Rechts. Für das EheRAnpG besteht eine eigene Überleitungsvorschrift. Danach findet Art 17b IV in seiner bis einschließlich 30.9.17 geltenden Fassung auf gleichgeschlechtliche Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften, die vor dem 1.10.17 im Ausland nach den Sachvorschriften des Register führenden Staates wirksam geschlossen oder begründet worden sind, keine Anwendung (Art 229 § 48 EGBGB). Dies zielt auf die frühere sog Kappungsregelung ab. Nunmehr entfalten im Ausland wirksam begründete und registrierte Lebenspartnerschaften sowie gleichgeschlechtliche Ehen vom Zeitpunkt ihrer Eingehung an stets ihre vollen Wirkungen, unabhängig davon, wann sie begründet bzw geschlossen wurden.
Rn 25
Der sachliche Anwendungsbereich umfasst die familienrechtlichen Anknüpfungsgegenstände Begründungsstatut (I 1 Alt 1), allgemeines Wirkungsstatut (I Alt 3), Auflösungsstatut (I Alt 2), Namensstatut (II Alt 1) sowie Statut zur Wohnungszuweisung (II Alt 2). Das Statut des VA ist geregelt in I 2 u 3.
II. Begründung der Ehe.
Rn 26
Nach Art 17b I 1 Alt 1 bestimmen sich die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Begründung einer gleichgeschlechtlichen Ehe nach dem Recht des Register führenden Staats. Form u materielle Wirksamkeit unterliegen demselben Recht. Vorfragen, zB Bestehen einer Ehe oder anderen Lebenspartnerschaft, Minderjährigkeit, Verwandtschaft, werden selbstständig angeknüpft. Das Begründungsstatut in I 1 Alt 1 ist auch für die Wirksamkeit einer fehlerhaft begründeten Ehe maßgeblich. Es erfasst ferner die Umwandlung einer (nur deutschen, so Helms StAZ 18, 33, 38; Kaiser FamRZ 17, 1985, 1995) Lebenspartnerschaft in eine Ehe gem § 20a LPartG. Eine in Deutschland eingetragene Lebenspartnerschaft kann auch dann in eine deutsche gleichgeschlechtliche Ehe umgewandelt werden, wenn die Partner bereits vor dem Eheöffnungsgesetz eine in Deutschland anerkannte Auslandsehe geschlossen haben (Köln FamRZ 19, 1551 Anm Löhnig NZFam 19, 1022 [Frankreich]). Die Vorschrift des Art 13 III gilt für gleichgeschlechtliche Ehen entspr (Art 17b V 1).
III. Allgemeine Wirkungen.
Rn 27
I 1 Alt 3 regelt die nicht von der EuGüVO erfassten rechtlichen Wirkungen einer wirksam begründeten Ehe. Anknüpfungsgegenstand sind die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zueinander u die Auswirkungen der Ehe im Rechtsverkehr (zB die Zugehörigkeit zur Familie des anderen Ehegatten). Für die meisten besonderen Wirkungen gibt es Spezialnormen, die in ihrem Anwendungsbereich vorgehen: Namensstatut (II Alt 1 mit Art 10 II), Versorgungsausgleichsstatut (I 2 u 3), Unterhaltsstatut (HaagUntProt), das Statut zur Wohnungszuweisung (II Alt 2 mit Art 17a) sowie gegenseitige Vertretung (II nF mit Art 15 nF) sind besonders normiert.
Rn 28
Die Anknüpfung der Wirkungen unterliegt wie beim Begründungsstatut dem Sachrecht des Register führenden Staats. Haben die Ehegatten nachträglich ihre Ehe in einem weiteren Staat registrieren lassen, endet der Gleichlauf zum Begründungsstatut: Nach III sind bei Mehrfachregistrierung der Ehe in verschiedenen Staaten nur die Sachvorschriften des Staats der letzten Registrierung maßgebend. Für die allgemeinen Ehewirkungen bedeutet dies einen Statutenwechsel (krit dazu de la Durantaye IPRax 19, 281, 284). Die Ehegatten können für die allgemeinen Ehewirkungen eine Rechtswahl gem Art 14 treffen (Art 17b V 2). Intertemporal gilt für Auslandsehen Art 229 § 48.
IV. Ehename.
Rn 29
Für den gemeinsamen Namen der Ehegatten verweist II Alt 1 auf die entspr Anwendung der für den Ehenamen maßgeblichen Kollisionsnorm in Art 10 II. Das gilt auch für die gleichgeschlechtliche Ehe (Art 17b IV 1; vgl bereits Löhnig NZFam 17, 1085, 1086; Mankowski IPRax 17, 541, 545). Soweit danach ein Ehename nicht zulässig ist oder nicht gewählt wird, richtet sich die Namensführung der ...