Gesetzestext
(1) 1Die Abstammung eines Kindes unterliegt dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 2Sie kann im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. 3Ist die Mutter verheiratet, so kann die Abstammung ferner nach dem Recht bestimmt werden, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Artikel 14 Absatz 2 unterliegen; ist die Ehe vorher durch Tod aufgelöst worden, so ist der Zeitpunkt der Auflösung maßgebend.
(2) Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, so unterliegen Verpflichtungen des Vaters gegenüber der Mutter auf Grund der Schwangerschaft dem Recht des Staates, in dem die Mutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
A. Geltung der Vorschrift.
Rn 1
Die Vorschrift ist mit der Kindschaftsrechtsreform am 1.7.98 in Kraft getreten. Später ist die Verweisung in I 3 auf Art 14 I in Art 14 II geändert worden (Art 2 Nr 9; BGBl 18 I 2573). Fand die Geburt vor dem 29.1.19 statt, so ist Art 19 I 3 allerdings in seiner bis einschließlich 28.1.19 geltenden Fassung anwendbar (Art 229 § 47 IV EGBGB; dazu RegE BTDrs 19/4852 S 40, s Art 15 Rn 37; Reformvorschläge zum Int Abstammungsrecht IPRax 15, 185 f; 20, 188 sowie bei Siehr StAZ 15, 258; ders FS Coester-Waltjen [15], 769). Zur Elternschaft liegt ein umfassender europäischer VO-Vorschlag vor (COM [2022] 695; dazu Budzikiewicz/Duden/Dutta/Helms/Mayer IPRax 23, 425 ff; Mansel/Thorn/Wagner IPRax 23, 109, 121 ff; Oldenburger NZFam 23, 632 ff; Schulz/Valentiner FamRZ 23, 662 ff; Junker JZ 24, 131 ff). – Art 19 regelt die Abstammung von Mutter u Vater u gilt einheitlich für innerhalb wie außerhalb einer Ehe geborene Kinder. Sie betrifft ausschl die Frage, wer Mutter u Vater eines Kindes sind. Soweit fremdes Recht in Betracht kommt u dieses noch zwischen ehelichen u nichtehelichen Kindern unterscheidet, ist bei der Anwendung von Art 19 ›Ehelichkeit‹ iS eines solchen Rechts als Abstammung von dem in Betracht kommenden Mann zu verstehen. Art 19 hat die Feststellung des Bestehens von Abstammung im Rechtssinne zum Gegenstand, während Art 20 deren Beseitigung durch Anfechtung regelt (BGH FamRZ 18, 41).
Rn 2
Da Art 19 grds jede rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung betrifft, erfasst er nicht nur die biologische, sondern auch eine nur intentionale Elternschaft (Co-Elternschaft; Helms IPRax 23, 232 ff). Die Vorschrift gilt daher auch für die gleichgeschlechtliche Elternschaft, insbes bei der Geburt eines Kindes innerhalb einer ehelichen oder nichtehelichen Beziehung zweier Frauen (BGH FamRZ 16, 1251 zust Anm Dutta = NJW 16, 2322 Anm Rauscher [Südafrika: Mitmutterschaft]; Celle FamRZ 11, 1518 [Spanien]; Köln FamRZ 15, 156 [Deutschland/Frankreich] m Aufs Andrae StAZ 15, 163; KG FamRZ 15, 943 [Südafrika] m Aufs Frie 889, Andrae StAZ 15, 163 u Coester-Waltjen IPRax 16, 132 [Mitmutterschaft]; Sieberichs StAZ 15, 1, 2 ff [Belgien]) sowie für Fälle der Wunschvaterschaft (Grünenwald StAZ 15, 217 ff). Die Vorschrift regelt allerdings nicht die Feststellung der ›Vaterschaft‹ für im Ausland kyrokonservierte Embryonen (Ddorf FamRZ 15, 1979 m Anm Mankowski, 1980, Coester-Waltjen, 1981 u Aufs C Mayer IPRax 16, 432). Begehrt ein Samenspender die Feststellung seiner Vaterschaft für einen im Ausland extrakorporal aufbewahrten Embryo, so bestimmt sich das anzuwendende Recht allein nach seinem Personalstatut analog Art 19 I 2 (BGH NJW 16, 3174 = FamRZ 16, 1849 Anm Dutta/Hammer u Anm Gössl IPRax 19, 41 [BGH 24.08.2016 - XII ZB 351/15]; BVerfG NJW 17, 948 = NZFam 17, 168 zust Anm Keuter). Das auf den Anspruch auf statusneutrale Klärung der biologischen Abstammung (§ 1598a BGB) anwendbare Recht richtet sich in entspr Anwendung des Abstammungsstatuts nach Art 19 I (BGH FamRZ 19, 1543 Anm Schwonberg; dagegen für gewöhnl Aufenthalt oder Staatsangehörigkeit, Mayer FS Schack [22], 463, 469). Eine nach ausl Recht erfolgte statusrechtliche Abstammungsfeststellung entfaltet hinsichtlich der statusneutralen Klärung der biologischen Abstammung keine Sperrwirkung für die Anwendbarkeit deutschen Rechts (BGH FamRZ 19, 1543 Anm Schwonberg).
Rn 3
Ggü I vorrangige völkerrechtliche Vereinbarung ist das deutsch-iranische Niederlassungsabk vom 17.2.29 (RGBl 1930 II 1006; BGBl 55 II S 829). Nach dessen Art 8 III richtet sich die Abstammung nach der iranischen Staatsangehörigkeit des Kindes, falls dieses nicht auch Deutscher ist. Deutsch-iranische Mehrstaater fallen nicht in den persönlichen Anwendungsbereich des Abk (BGH FamRZ 23, 1032 Anm Wurmnest/Kottke). Weitere supranationale Regelungen gibt es lediglich zu begrenzten Teilbereichen: Das Römische CIEC-Übereinkommen über die Erweiterung der Zuständigkeit der Behörden, vor denen nichteheliche Kinder anerkannt werden können, vom 14.9.61 (BGBl 65 II 19) betrifft Adressat u Form der Erklärung von Vaterschaftsanerkenntnissen (BGH FamRZ 17, 1682). Das Brüsseler CIEC-Übereinkommen über die Feststellung der mütterlichen Abstammung nichtehelicher Kinder vom 12.9.62 (BGBl 65 II 23) enthält Erleichterungen zum ...