Prof. Dr. Oliver Fehrenbacher
Rn 8
Die GoA kann in unterschiedlichen Fallgruppen oder Typen auftreten. Dabei lassen sich die Nothilfe, die Einwirkung auf fremde Sachen oder Rechte und die Tilgung fremder Verbindlichkeiten unterscheiden. Nur für letzteren Typ hat der Gesetzgeber eine Sonderregelung vorgesehen (Art 39 II). In den anderen Fallgruppen geht es darum, für die Ansprüche aus GoA und parallele Ansprüche aus weiteren gesetzlichen Schuldverhältnissen (Bereicherung, Delikt, EBV) die gleiche Rechtsordnung zu berufen. Zur Auflockerung der Grundregel stellt die Ausweichklausel (Art 41) ein geeignetes Hilfsmittel dar.
1. Nothilfe.
Rn 9
Bei der Nothilfe zur Abwehr von Gefahren für andere Personen oder fremde Sachen ist Vornahmeort der Ort der Hilfeleistung (MüKo/Junker Art 39 EGBGB Rz 10). Im Zusammenhang mit einem Behandlungsvertrag kommt eine akzessorische Anknüpfung an das Vertragsstatut in Betracht (Art 41 II Nr 1; Kobl NJW 92, 2367 [OLG Koblenz 20.06.1991 - 5 U 75/91]). Bei Bergungsmaßnahmen in Seen und Gewässern ist das IÜB zu beachten (Rn 3). Außerhalb des Anwendungsbereichs des Abkommens gilt die Grundregel des Art 39 I mit der Maßgabe, dass der Vornahmeort auf hoher See grds – mangels geltender Rechtsordnung – das Heimatrecht des hilfsbedürftigen Schiffes beruft. Korrekturen können über Art 41 erreicht werden (akzessorisches Vertragsstatut; gemeinsames Heimatrecht der beteiligten Schiffe, s Rn 13).
2. Einwirkung auf fremde Güter.
Rn 10
IRe GoA können Einwirkungen auf fremde Sachen und Rechte erfolgen. Typische Einwirkungen sind Nutzungen, bei Sachen auch die Veräußerung und Verwendungen. Ziel der Anknüpfung muss es sein, für die unterschiedlichen gesetzlichen Ansprüche zu einem einheitlichen Statut zu gelangen. Der Vornahmeort entspricht insoweit regelmäßig dem Einwirkungsort, was zum Gleichklang mit der lex rei sitae (Art 43) führt. Für Schutzrechte kommt es im Hinblick auf den Erfolgsbezug auf die Auswirkung an, danach ist die Rechtsordnung des Schutzlandes berufen. Die Anknüpfung für Ausgleichsansprüche aus der GoA ist bei Verbringen einer beweglichen Sache ins Ausland nicht wandelbar. Der Gleichklang der Statuten wird insoweit durch akzessorische Anknüpfung der anderen Ansprüche an das Statut der GoA erreicht.
3. Tilgung fremder Verbindlichkeiten.
Rn 11
Der Ausgleichsanspruch bei der Geschäftsführung mit dem Ziel der Tilgung einer fremden Verbindlichkeit, die ohne Verpflichtung (zB Vertrag oder Gesetz) ggü dem Schuldner erfolgt – also freiwillig –, wird nach Art 39 II akzessorisch angeknüpft. Eine Verpflichtung des Geschäftsführers ggü dem Gläubiger oder Dritten steht der Anknüpfung des Ausgleichsanspruchs an das Schuldstatut nicht entgegen, soweit Raum für die Fremdnützigkeit des Geschäfts verbleibt. Das Schuldstatut hängt von der getilgten Verbindlichkeit ab. Für vertragliche Ansprüche ist das jeweilige Vertragsstatut maßgebend, für die Tilgung von Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung das Deliktsstatut. Besteht eine Verpflichtung des Geschäftsführers ggü dem Gläubiger, bestimmt sich ein der GoA vorrangiger Übergang der Forderung auf den zahlenden Geschäftsführer nach Art 33 III (Zessionsgrundstatut).
Rn 12
Mit anderen Ersatzansprüchen, insb der Rückgriffskondiktion (Art 38 III), ist ein einheitliches Statut über Art 41 II Nr 1 anzustreben. IÜ ist bei einer Auflockerung über die Ausweichklausel (insb über Art 41 II Nr 2) Zurückhaltung geboten. Vorrangig ggü Art 39 II ist bei Erstattungsansprüchen wegen der Tilgung von Unterhaltsverpflichtungen Art 18 VI Nr 3, wenn Einrichtungen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen, als Geschäftsführer auftreten. Die Erstattungsansprüche anderer Personen gegen einen unterhaltspflichtigen Geschäftsherrn werden nach Art 39 II akzessorisch angeknüpft (Unterhaltsstatut; MüKo/Junker Art 39 EGBGB Rz 14). Auf die auftragslose Bestellung einer Sicherheit für eine fremde Verbindlichkeit findet Art 39 II entspr Anwendung (Wandt Die GoA im Internationalen Privatrecht, 89, 189).