a) Erfolgsort.
Rn 11
Fallen bei Distanzdelikten Handlungs- und Erfolgsort auseinander, kann der Geschädigte gem Art 40 I 2, 3 die Anwendung des Rechts des Erfolgsortes verlangen. Das ist der Ort, an dem das durch die Deliktsnorm geschützte Rechtsgut bzw Interesse verletzt worden ist (s insb Staud/v Hoffmann Art 40 Rz 24; Erman/Stürner Art 40 Rz 13). Abzugrenzen ist er vom Schadensort, an dem lediglich der aus der Rechtsguts- oder Interessenverletzung resultierende Schaden eintritt (s nur BeckOK/Spickhoff Art 40 Rz 24; MüKo/Junker Art 40 Rz 31 mwN). Treten bei einem Streudelikt Erfolge an mehreren Orten auf, geht die hM davon aus, dass der Geschädigte das Recht jedes Erfolgsortes wählen kann (›Mosaikbetrachtung‹, zB BGH NJW 13, 2348 [BGH 14.05.2013 - VI ZR 269/12] Rz 10; MüKo/Junker Art 40 Rz 33 mwN; Grüneberg/Thorn Art 40 Rz 10; aA insb Staud/v Hoffmann Art 40 Rz 26). Allerdings ist die Kognitionsbefugnis der Gerichte jedenfalls im Anwendungsbereich von Brüssel Ia-VO und LugÜ auf die in ihrem Gebiet eingetretenen Rechtsgutsverletzungen beschränkt (s nur EuGH Slg 95, I-415 Rz 33); Entsprechendes sollte für § 32 ZPO angenommen werden (s nur NK-BGB/Wagner Art 40 Rz 48). Trotz europarechtlicher Bedenken (dazu Schaub RabelsZ 02, 18, 43 ff) ist die ›Mosaikbetrachtung‹ mangels sinnvoller Alternative weiterhin anzuwenden. Liegt der Schwerpunkt des Erfolgs in einem bestimmten Staat, sollte aber Art 41 herangezogen werden (s zB BeckOK/Spickhoff Art 40 Rz 26).
b) Bestimmungsrecht.
Rn 12
Der Verletzte kann gem Art 40 I 2, 3 bis zum Ende des frühen ersten Termins bzw des schriftlichen Vorverfahrens die Anwendung des Rechts des Erfolgsortes verlangen. Dieses Bestimmungsrecht ist ein fristgebundenes Gestaltungsrecht mit kollisionsrechtlichem Charakter (so auch zB Staud/v Hoffmann Art 40 Rz 11; MüKo/Junker Art 40 Rz 37; Looschelders Art 40 Rz 33; v Plehwe FS G Müller 159, 162 f; aA zB BeckOK/Spickhoff Art 40 Rz 28; NK-BGB/Wagner Art 40 Rz 25; Erman/Stürner Art 40 Rz 13: prozessrechtlicher Charakter). Durch eine Begrenzung auf den Prozesszusammenhang und den konkreten Streitgegenstand würde das Bestimmungsrecht – auch wenn es der Prozessökonomie dient (BTDrs 14/343, 11) – ohne Not eingeschränkt, und die Bezugnahme auf die ZPO dient nur der zeitlichen Limitierung.
Rn 13
Das Bestimmungsrecht wird als Gestaltungsrecht durch einseitige Erklärung des Geschädigten ausgeübt. Die Wirksamkeit der Bestimmung sollte nach der lex fori, also idR nach deutschem Recht beurteilt werden (s nur Freitag/Leible ZVglRWiss 00, 101, 131). Die Ausübung kann auch konkludent erfolgen, zB durch Berufung auf das Recht des Erfolgsortes (s zB BGH ZIP 09, 2004 Rz 22). Dagegen dürfte aus einer Klage am Gerichtsstand des Erfolgsortes, der nicht auch allgemeiner Gerichtsstand des Beklagten ist, nicht ohne Weiteres eine konkludente Rechtswahl abzuleiten sein. Die ganz hM hält zu Recht – unabhängig von der Beurteilung des Charakters des Bestimmungsrechts – ein Bewusstsein der Wahlmöglichkeit für erforderlich (s zB BeckOK/Spickhoff Art 40 Rz 30; Staud/v Hoffmann Art 40 Rz 12; MüKo/Junker Art 40 Rz 38; Celle IPRspr 12 Nr 236). Eine besondere Hinweispflicht des Richters ist nicht vorgesehen (BTDrs 14/343, 11), daher kommt ein Hinweis gem §§ 273 I, 139 ZPO nur ausnw in Betracht. Aus der Einordnung des Bestimmungsrechts als Gestaltungsrecht folgt, dass der Geschädigte an seine Wahl gebunden ist (s.a. Staud/v Hoffmann Art 40 Rz 15; MüKo/Junker Art 40 Rz 41; Looschelders Art 40 Rz 36; aA Freitag/Leible ZVglRWiss 00, 101, 123 ff; S Lorenz NJW 99, 2215, 2217; diff Hk/Dörner Art 40 Rz 9). Zulässig ist jedoch wegen der großen Bedeutung der Privatautonomie eine nachträgliche Rechtswahl iSd Art 42 (s insb MüKo/Junker Art 40 Rz 41 mwN). Das Bestimmungsrecht kann nur einheitlich in Bezug auf das gesamte Schadensereignis ausgeübt werden; eine Teilrechtswahl für einzelne Schadensposten kommt nicht in Betracht (BeckOK/Spickhoff Art 40 Rz 29; MüKo/Junker Art 40 Rz 39 mwN; v Hein NJW 99, 3174f [BVerfG 23.06.1999 - 1 BvR 984/89]). Die Ausübungsfrist endet mit Ende eines frühen ersten Termins (§ 275 ZPO) bzw mit Ende der Schriftsatzfrist im schriftlichen Vorverfahren (§§ 276, 128 II, III ZPO; zu Einzelheiten insb Freitag/Leible ZVglRWiss 00, 101, 131 ff).