Rn 11
Art 46b gilt für die Umsetzungsnormen der in III oder IV genannten RL 93/13, 02/65 und 08/48 sowie 08/122 – also Klausel-, –, Fernabsatz, Finanzdienstleistungen und Verbraucherkredit- sowie Timesharing-RL. Mit der Gesetzesänderung zum 13.6.14 (oben Rn 1) wurde die RL 97/7 (ex Nr. 2) zum Fernabsatz aus dem Katalog gestrichen, mit der Änderung zum 1.1.22 (oben Rn 1) die RL 1999/44 zum Verbrauchsgüterkauf.
Rn 12
Erörtert wird, ob für andere als die in III (bisher IV) genannten RL kraft Gemeinschaftsrecht oder Analogie zu Art 46b dasselbe gilt (Nemeth/Rudisch ZfR vgl 01, 179, 182; Bitterich Die Neuregelung des Internationalen Verbrauchervertragsrechts in Art 29a EGBGB, 03, 463 ff; Bitterich VuR 02, 155; Fetsch Eingriffsnormen und EG-Vertrag, 02, 245 ff, der 247 einen kollisionsrechtlichen ›ungeschriebene(n) Begleitauftrag einer jeden RL‹ annimmt; Lehmann FS Heldrich 831, 838 f; Krebber ZVglRWiss 98, 124, 152; in der Sache schon Dörner JR 95, 18, 20 [BGH 26.10.1993 - XI ZR 42/93]; Michaels/Kamann JZ 97, 601, 605; über Art 34 gehen wollte A. Staudinger NJW 01, 1974, 1977; gegen Analogie HK/A. Staudinger Art 46b Rz 16; Looschelders Art 29a Rz 43). Nach der EuGH-Entscheidung Ingmar (EuGH C-381/98, Slg. 00, I-9305) fordert der Zweck der Art 17 und 18 der Handelsvertreter-RL 86/653, dass diese unabhängig davon, welchem Recht der Vertrag nach der Wahl der Parteien unterliegt, anwendbar sind, wenn der Sachverhalt einen starken Gemeinschaftsbezug aufweist, etwa weil der Handelsvertreter seine Tätigkeit im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt. Dies wird man zwar nicht automatisch auf jegliche Schutzbestimmung einer RL übertragen können. Allerdings ist das Drittstaatenproblem vom Richtliniengeber erst in der RL 93/13 ›entdeckt‹ worden (vgl Remien ZEuP 94, 34, 64; Kohler FS Jayme 445–459 [447 f]) und wurde seither zeitweise systematisch in dieser Weise geregelt. Daher, um dem Binnenmarktziel der RL gerecht zu werden und um Diskriminierungen von EU-Bürgern aus anderen Mitgliedstaaten zu vermeiden, läge es nahe, in den alten RL eine durch Analogie zu den späteren Richtlinienkollisionsnormen zu füllende planwidrige Regelungslücke zu sehen, in sie also eine Richtlinienkollisionsnorm hineinzulesen und dementspr sodann Art 46b III (bisher IV) richtlinienkonform auszulegen, also praktisch per Analogie auszudehnen (vgl auch Bitterich 472 f; Bitterich VuR 02, 155, 159 ff; Paefgen ZEuP 03, 266, 291 f; ähnl Pfeiffer FS Geimer 821, 831 f; anders MüKo/Martiny Art 46b Rz 84; Grüneberg/Thorn Art 46b Rz 2; HP/Spickhoff Art 46b Rz 6). Allerdings ist die Zukunft der Norm ungewiss (o Rn 2). Die alte Pauschalreise-RL 90/314 gab (anders nun RL 2015/2302) auch in ihrem Art 1 einen Hinweis (dazu Fetsch 286 ff). Bedenklich ist jedoch das Fehlen einer Norm in der RL Rechte der Verbraucher sowie Wohnimmobilienkredit (s.o. Rn 2) wie auch der neuen Warenkauf-RL (oben Rn 2). Eine Analogie dürfte daher nur noch für ältere, sich noch in Kraft befindliche Richtlinien in Betracht kommen. Die nicht auf Verbraucher beschränkte frühere Überweisungs-RL 97/5 wollte auf Überweisungen von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat angewandt werden, Art 1, 2 lit f). Insofern bedürfte sie keiner Drittstaatenklausel (Siehr 163).
Rn 13
Es ist denkbar, dass mehrere europäische Rechtsordnungen für Verbraucherverträge eine gleich lautende Wertung enthalten, die nicht auf einer RL beruht, aber von dem gewählten Drittstaatenrecht nicht geteilt wird. Hierfür ist auch bei engem Zusammenhang zu EU/EWR bisher – wenn man nicht Art 3 III ROM I eingreifen lässt – keine ausdrückliche Vorsorge getroffen. Der Idee des europäischen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie des Binnenmarktes mit Verbraucherschutz entspräche es, dann auch mangels Unionsrechtsaktes der gemeineuropäischen Wertung zum Durchbruch zu verhelfen. Man könnte daran denken, dies auf die Grundfreiheiten als Nachfragerfreiheiten oder die Freizügigkeit der Unionsbürger nach Art 21 AEUV bzw die Unionstreue nach Art 4 III EUV zu stützen.