Gesetzestext
(1) Ein Versicherungsvertrag über Risiken, für die ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Versicherungspflicht vorschreibt, unterliegt dem Recht dieses Staates, sofern dieser dessen Anwendung vorschreibt.
(2) Ein über eine Pflichtversicherung abgeschlossener Vertrag unterliegt deutschem Recht, wenn die gesetzliche Verpflichtung zu seinem Abschluss auf deutschem Recht beruht.
A. Bedeutung der Norm.
Rn 1
Mit Art 46d wurde gem Art 7 IV b) ROM I eine eigene Kollisionsnorm für Pflichtversicherungsverträge geschaffen. Dies betrifft etwa die KFZ- und die Krankenversicherung (BGH, r+s 2020, 333; LG Nürnberg, r+s 2017, 311). Die Grundanknüpfung gem Art 7 II, III ROM I, insb eine Rechtswahl, wird hierdurch verdrängt (BGH, r+s 2021, 256).
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
Die ROM I-Verordnung geht als EU-VO dem nationalen Kollisionsrecht des EGBGB vor. Dies gilt insb für Art 7 I ROM I, welcher bestimmt, dass lediglich diejenigen Versicherungsverträge unter die Norm fallen, deren versichertes Risiko in einem Mitgliedstaat belegen ist. Im Gegenzug kommt auch IV für Verträge über im nicht europäischen Ausland belegene Risiken nicht zur Anwendung. Die Ermächtigung für den nationalen Gesetzgeber, welche sich in Ziffer b) des IV findet, ist dann ebenfalls nicht gegeben. Der Anwendungsbereich des Art 46d kann wiederum nicht weiter reichen, als die Ermächtigungsgrundlage in der ROM I zulässt. Daher betrifft auch diese Norm nur solche Versicherungsverträge, deren versichertes Risiko in einem Mitgliedstaat belegen ist (Zur Problematik s Art 7 Rom I Rn 15 f). Letztlich sollte Art 46d über eine analoge Anwendung des Art 7 IV ROM I aber auch in den Fällen, in denen das versicherte Risiko nicht in einem Mitgliedstaat belegen ist, anwendbar sein (MüKoBGB/Martiny Rz 8). Die Norm gilt nicht für den Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer (Staud/Armbrüster Rz 12, vgl AG Köln, Urt v 29.4.14 – 268 C 89/11). Hier ist Art 18 ROM II zu beachten. Dagegen ist die Norm für Innenregressansprüche unter Mitversicherern heranzuziehen (BGH, r+s 20, 333).
C. Gesetzliche Anknüpfung.
Rn 3
Die Kollisionsnorm verdrängt im Anwendungsbereich des Art 7 IV ROM I die Grundanknüpfung gem. Art 7 II, III ROM I (s Art 7 ROM I Rn 3 ff). Deutschland äußert mit 2 einen entspr Geltungswillen, weshalb auch andere Mitgliedstaaten, sollten sie dem 1 vergleichbare Regelungen aufgestellt haben, dem deutschen Sachrecht zur Geltung verhelfen müssen. Hinsichtlich der Frage, ob ein Mitgliedstaat eine Versicherungspflicht vorschreibt, ist das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates zur Zeit des Vertragsschlusses einschlägig. Unterwerfen zwei Mitgliedstaaten dasselbe, nur in einem Mitgliedstaat belegene Risiko einer Versicherungspflicht, ist auf den Rückgriffsanspruch des Versicherers das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweist (BGH NJW-RR 23, 1146 [BGH 05.07.2023 - IV ZR 375/21]).