Prof. Dr. Juliana Mörsdorf
Rn 24
Die Auswahl zwischen mehreren ausl Staatsangehörigkeiten ist gem I 1 nach der sog Effektivität zu treffen: Es kommt darauf an, mit welchem Staat die Person am engsten verbunden ist, wobei der Gesetzestext unter der zu berücksichtigenden Gesamtheit der Umstände des Einzelfalles (BeckOK/Lorenz Rz 6) als Indizien den gewöhnlichen Aufenthalt und den Lebensverlauf hervorhebt. Liegt der gewöhnliche Aufenthalt in einem der Heimatstaaten, so wird dies idR den Ausschlag geben (BGHZ 75, 33, 39), nicht aber immer, etwa dann nicht, wenn der gewöhnliche Aufenthalt auf berufliche Gründe gestützt wird, die Familienbindung aber zum anderen Heimatstaat enger ist (MüKo/Sonnenberger Rz 5). Ob mit dem Verlauf des Lebens nur der bisherige oder auch ein künftig geplanter Verlauf (so BRDrs 222/83, 41; BTDrs 10/504, 41; Grüneberg/Thorn Rz 2; Looschelders Rz 21; aA Dörner StaAZ 90, 1, 2) gemeint ist, ist umstr. Jedenfalls muss die Entscheidung nach objektiven Kriterien erfolgen, um dem Betroffenen auf diesem Wege nicht letztlich eine von I 1 nicht vorgesehene Rechtswahlmöglichkeit einzuräumen (MüKo/Sonnenberger Rz 6; Mansel Rz 180 ff; Lüderitz Rz 114). Subjektive Momente wie Heimatgefühl oder Rückkehrabsichten können aber zur Verstärkung der objektiven Momente herangezogen werden (Mansel IPRax 85, 211 f; ders Rz 218). Wichtige Indizien sind kulturelle Prägung und Sprache, berufliche und private Verbindungen einschl Beziehung zu einem Elternteil, Ausübung und Erfüllung staatsbürgerlicher Rechte wie des Wahlrechts und Pflichten wie der Wehrpflicht und der Steuerpflicht sowie ggf die Gründe für den jeweiligen Erwerb der Staatsangehörigkeit (München FamRZ 94, 634; MüKo/Sonnenberger Rz 5; Erman/Hohloch Rz 4; Looschelders Rz 21; BeckOK/Lorenz Rz 6; Dörner StAZ 90, 1, 2; ders HK Rz 5; Mansel IPRax 85, 209, 211).
Rn 25
Lässt sich nicht feststellen, welche Staatsangehörigkeit die effektive ist, so ist analog II auf den gewöhnlichen Aufenthalt zurückzugreifen (Frankf FamRZ 94, 716; MüKo/Sonnenberger Rz 6; Looschelders Rz 22; Erman/Hohloch Rz 5; unklar BGH NJW-RR 15, 1089, dazu krit Mankowski FamRZ 15, 1602).
Rn 26
Auch die Geltung des I 1 ist teilweise ausdrücklich aufgehoben (Art 10 II, III, 14 II). In anderen Fällen der Heimatrechtswahl muss dies entspr gelten (vgl Rn 22 in Bezug auf I 2). EU-Mehrstaater können hinsichtlich des Namens und anderer Statusfragen richtigerweise zwischen ihren Staatsangehörigkeiten wählen, so dass I insoweit insgesamt als abdingbar gelten muss (Mörsdorf-Schulte IPRax 04, 326 zu EuGH C-148/02 Garcia Avello; aA MüKo/Sonnenberger Einl IPR Rz 162; w Nachw oben Rn 22).