Gesetzestext
(1) Unter dem nach dieser Verordnung anzuwendenden Recht eines Drittstaats sind die in diesem Staat geltenden Rechtsvorschriften einschließlich derjenigen seines Internationalen Privatrechts zu verstehen, soweit diese zurück- oder weiterverweisen auf:
a) |
das Recht eines Mitgliedstaats oder |
b) |
das Recht eines anderen Drittstaats, der sein eigenes Recht anwenden würde. |
(2) Rück- und Weiterverweisungen durch die in Artikel 21 Absatz 2, Artikel 22, Artikel 27, Artikel 28 Buchst b und Artikel 30 genannten Rechtsordnungen sind nicht zu beachten.
A. Grundsatz (Abs 1).
Rn 1
Art 34 schließt Rück- u Weiterverweisung (renvoi) grds aus. Diese wäre unter den Mitgliedstaaten schon deshalb unzweckmäßig, da alle grds dieselben Kollisionsnormen anzuwenden haben.
B. Drittstaatenfälle.
Rn 2
Anders steht es bei Drittstaaten, wozu auch nicht an die VO gebundene EU-Staaten gehören (Dörner ZEV 12, 505, 511; vgl Erw 57). Hier kann bei der objektiven Anknüpfung ein renvoi beachtlich sein (zu Mehrrechtsstaaten s Art 36). Dementsprechend kann etwa durch das englische Kollisionsrecht bzgl Mobilien auf das deutsche Recht des Domizils u bzgl deutschen Grundbesitzes auf das Recht der Belegenheit verwiesen werden (Bremen DNotZ 20, 833 [OLG Bremen 16.04.2020 - 3 W 9/20]: Nachlassabwicklung); Mansel FS Schurig [12], 181, 182; Frank/Atkinson IWB 15, 697, 701; Jülicher EWS 17, 19 ff). Rück- u Weiterverweisung sind auf die zwei Fälle des I lit a und b begrenzt. Wann die Weiterverweisung abzubrechen ist, ist nicht allg bestimmt (Solomon FS Schurig [12], 237, 254 ff). Allerdings gibt es eine Begrenzung nach I lit b. Keine Ausn wie nach I macht die VO für die Ausweichklausel des Art 21 II (Solomon FS Schurig [12], 237, 256 ff).
Rn 3
Unter dem nach der VO anzuwendenden Recht eines Drittstaats sind die in diesem Staat geltenden Rechtsvorschriften einschl derjenigen seines IPR zu verstehen, soweit diese auf das Recht eines MS zurückverweisen (I lit a). Die Rückverweisung durch das IPR eines Drittstaats wird dann angenommen (Solomon FS Schurig [12], 237, 253). Das gilt etwa für deutsches unbewegliches Vermögen nach dem Recht der VR China (Frankf FamRZ 21, 234, 239), von Ontario (Hauschild ErbR 15, 130, 133f), von Thailand (Hamm ZEV 21, 694) oder US-Einzelstaaten (Frank/Leithold ZEV 14, 462, 466). Die schweizerische Anknüpfung an den Wohnsitz des Erblassers führt idR zu keinem renvoi (Bonomi/Öztürk ZVglRW 114 [15], 4, 30 ff; Zimmer/Oppermann ZEV 16, 126, 127).
Rn 4
Die Verweisung bezieht sich auch dann auf die Kollisionsnormen des unmittelbar berufenen Rechts (Drittstaat A), soweit diese auf das Recht eines anderen Drittstaats (Staat B), der sein eigenes Recht anwenden würde, weiterverweisen (I lit b). Es handelt sich dann um eine akzeptierte Weiterverweisung unter Drittstaaten, die im Interesse des internationalen Entscheidungseinklangs beachtet wird (Solomon FS Schurig [12], 237, 254; MüKo/Dutta Rz 5).
Rn 5
Möglich ist, dass ein Drittstaat (A) auf einen anderen Drittstaat (B) weiterverweist, welcher wiederum auf einen MS zurückverweist. Eine solche (mittelbare) Rückverweisung durch einen weiteren Drittstaat ist gesetzlich nicht geregelt, da lit a nur die Rückverweisung durch das unmittelbar berufene Recht, lit b hingegen nur die akzeptierte Weiterverweisung auf einen anderen Drittstaat erfasst. Nach Sinn u Zweck der gesetzlichen Regelung dürfte aber auch hier eine Rückverweisung anzunehmen sein (Solomon FS Schurig [12], 237, 255 f; Junker FS Kronke [20], 229, 239f).
C. Ausschluss von Rück- und Weiterverweisung (Abs 2).
Rn 6
Rück- u Weiterverweisungen durch die in Art 21 II (Ausweichklausel), Art 22 (Rechtswahl), Art 27 (Formgültigkeit einer Verfügung vTw), Art 28 lit b (Formgültigkeit der Annahme oder Ausschlagungserklärung) u Art 30 (international zwingende Normen) genannten Rechtsordnungen sind nie zu beachten (Art 34 II). Das gleiche gilt für die sog kleine Rechtswahl nach Art 24 II (Wirksamkeit des Testaments) sowie Art 25 III (Wirksamkeit des Erbvertrages); Janzen DNotZ 12, 484, 490; MüKo/Dutta Rz 11.