1. Keine Wiederholungsgefahr.
Rn 9
Nach III ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn Wiederholungsgefahr nicht besteht (III Nr 1), der Anspruch verwirkt ist (III Nr 2) oder die Täterinteressen überwiegen (III Nr 3).
Rn 10
Wegen des präventiven Charakters der Norm ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn keine weiteren Gewalttaten zu besorgen sind, mithin keine Wiederholungsgefahr besteht. Durch die Gesetzesformulierung ist sichergestellt, dass die Beweislast insoweit beim Täter liegt (BTDrs 14/5429 31), wobei an die Widerlegung der Vermutung hohe Anforderungen zu stellen sind (Celle FamRZ 09, 1751; Jena FamRZ 07, 1337; Brandbg NJW-RR 06, 220).
Rn 11
Auch ohne Wiederholungsgefahr besteht der Überlassungsanspruch allerdings dann, wenn dem Opfer angesichts der Schwere der vollendeten Gewalttat ein weiteres Zusammenleben mit dem Täter nicht zuzumuten ist, zB nach einer Vergewaltigung, schweren Körperverletzung oder gar versuchten Tötung des Opfers (HK-FamR/Hauß Rz 2276). Zu beachten sind insoweit auch die Belange im Haushalt lebender Kinder, deren Wohl durch das Miterleben von Gewalt regelmäßig beeinträchtigt wird.
2. Verwirkung.
Rn 12
Der Anspruch ist verwirkt, wenn das Opfer nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten vom Täter schriftlich die Überlassung der Wohnung verlangt. Mit dieser Frist soll einerseits innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach dem Vorfall Klarheit über die Nutzungsverhältnisse geschaffen werden. Andererseits hat das Opfer ausreichend Zeit, sich über seine Vorstellungen für die künftige Lebensgestaltung einschließlich der Befriedigung der Wohnverhältnisse klar zu werden (BTDrs 14/5429 31). Die Frist läuft auch, wenn das Opfer aus der gemeinsamen Wohnung geflüchtet ist, nicht aber dann, wenn der Täter unbekannten Aufenthalts oder wenn das schriftliche Verlangen dem Opfer sonst weder möglich noch zumutbar ist (HK-FamR/Hauß Rz 2280). Der Nachweis des rechtzeitigen Zugangs des schriftlichen Verlangens ist vom Opfer zu führen, wobei die fristgerechte gerichtliche Zustellung eines Antrages als ›stärkste Form‹ des schriftlichen Verlangens ausreicht (HK-FamR/Hauß Rz 2282).
3. Überwiegen der Täterinteressen.
Rn 13
Schwerwiegende Interessen des Täters können der Überlassung der Wohnung an das Opfer entgegenstehen. Hierzu rechnen etwa die Behinderung oder schwerwiegende Erkrankung des Täters und die damit verbundene unzureichende oder unzumutbare Möglichkeit der Beschaffung von Ersatzwohnraum, uU auch die ernsthafte Suizidgefährdung des Täters (Brandbg FamRZ 20, 2006). Zu berücksichtigen sind auch die Belange von Kindern des Täters, für die das Opfer nicht sorgeberechtigt ist. Durch die Formulierung des Gesetzes (›soweit‹) sollen in jedem Fall flexible Lösungen ermöglicht werden, die den Interessen aller Beteiligten gerecht werden. Deshalb kann, sofern dadurch ausreichender Schutz gewährleistet ist, die Wohnung auch nur teilweise an das Opfer überlassen werden. Denkbar ist auch eine von II unabhängige Befristung der Überlassung (BTDrs 14/5429 42).