Rn 3
Die durch das ProdHaftG geschützten Rechtsgüter sind in § 1 I 1 abschließend aufgezählt; insb haftet der Hersteller nicht für primäre Vermögensschäden (s nur Staud/Oechsler § 1 Rz 6; MüKo/Wagner § 1 Rz 3, beide mwN; NK-BGB/Katzenmeier § 1 Rz 8; Grüneberg/Sprau § 1 Rz 8; Frankf EuZW 22, 384, 387).
Rn 4
Die Haftung nach § 1 I greift – in Parallele zu § 823 I BGB – bei einer Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit eines Menschen.
Rn 5
In Bezug auf die Beschädigung einer Sache (iSd § 90 BGB) durch ein fehlerhaftes Produkt erfasst § 1 I nicht nur Eigentumsverletzungen, sondern auch Verletzungen dinglicher Rechte, des Anwartschaftsrechts oder des Rechts zum Besitz (Erman/Wilhelmi § 1 Rz 2), also auch einige ›sonstige Rechte‹ iSd § 823 I BGB. Andererseits enthält § 1 I 2 ggü der Produkthaftung nach § 823 I BGB zwei Einschränkungen:
Rn 6
Es muss eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt werden, § 1 I 2 Hs 1. Die hM leitet daraus zu Recht einen Ausschluss des Ersatzes von ›Weiterfresserschäden ieS‹ (§ 823 BGB Rn 41 ff) ab (zB MüKo/Wagner § 1 Rz 9; Soergel/Krause § 1 Rz 4; Erman/Wilhelmi § 1 Rz 2 f; Beierle Die Produkthaftung im Zeitalter des Internet of Things 21, 94 ff, alle mwN; Stuttg NZM 10, 626, 628 [OLG Stuttgart 24.09.2009 - 7 U 89/09]; aA zB ProdHHdb/v Westphalen § 46 Rz 6 ff; Katzenmeier/Voigt § 1 Rz 9; Rosenberger Die außervertragliche Haftung für automatisierte Fahrzeuge 22, 294 f, alle mwN; diff Staud/Oechsler § 1 Rz 19 ff; NK-BGB/Katzenmeier § 1 Rz 12). Zwar könnte aus § 2 1 gefolgert werden, dass das ProdHaftG eine Aufspaltung zusammengesetzter Produkte iSd ›Weiterfresser‹-Rechtsprechung ermögliche (dazu zB Sack VersR 88, 439, 444 ff; Ehring in Ehring/Taeger Produkthaftungs- und Produktsicherheitsrecht 22 § 1 ProdHaftG Rz 21 ff). Dagegen sprechen aber der Wille des Gesetzgebers (BTDrs 11/2447, 13) sowie Wortlaut, Sinn und Zweck des § 1 I 2 Hs 1, der bei einer anderen Interpretation ebenso wie die Regelungen über Teilprodukte in §§ 4 I 1, 1 III 1 weitgehend gegenstandslos würde. Hingegen werden ›Weiterfresserschäden iwS‹ vom Wortlaut des § 1 I 2 Hs 1 nicht erfasst, denn bei ihnen wird gerade eine andere Sache als das fehlerhafte Produkt beschädigt. Hier sollte ähnl wie bei § 823 I BGB (§ 823 BGB Rn 48 iVm § 823 BGB Rn 46) darauf abgestellt werden, ob durch das Inverkehrbringen des mangelhaften Produkts bereits andere Rechtsgüter gefährdet wurden – nur dann kommt eine Haftung nach dem ProdHaftG in Betracht – oder ob die Rechtsgutsverletzung erst durch eine für den Hersteller nicht vorhersehbare Verwendung verursacht wurde.
Rn 7
Die beschädigte Sache (nicht das fehlerhafte Produkt, BGH VersR 23, 796 Rz 13) muss weiterhin ihrer Art nach gewöhnlich für den privaten Ge- oder Verbrauch bestimmt und hierzu vom Geschädigten hauptsächlich (dh ganz überwiegend, vgl nur Erman/Wilhelmi § 1 Rz 4; NK-BGB/Katzenmeier § 1 Rz 13; Grüneberg/Sprau § 1 Rz 7) verwendet worden sein, § 1 I 2 Hs 2 (abgelehnt für Rohrnippel von Wasserleitungen, Bambg NJW 98, 2228 [OLG Bamberg 25.02.1997 - 5 U 59/96], und für Kolbenringe zum Einbau in Lkw, Stuttg OLGR 05, 1, 2; zur Beschädigung von Gemeinschafts- und Sondereigentum in einem Gebäude mit überwiegend privat genutzten Wohnungen Stuttg NZM 10, 626, 628 [OLG Stuttgart 24.09.2009 - 7 U 89/09]). Begründet wird diese Einschränkung damit, dass andere Betroffene idR bessere Möglichkeiten hätten, ihre Rechtsbeziehungen auf vertraglicher Basis zu regeln (BTDrs 11/2447, 13). An dieser Regelung zeigt sich, dass das ProdHaftG – wie schon die ProdHaftRL – auch ein Instrument des Verbraucherschutzes ist (vgl nur Erw 1 der RL; BTDrs 11/2447, 13; krit zB Beierle Die Produkthaftung im Zeitalter des Internet of Things 21, 98 ff). Sogar die sonst vom EuGH angenommene Vollharmonisierung (Vor ProdHaftG Rn 3) soll hier ihre Grenzen finden (EuGH EuZW 09, 501 Rz 27 f; Folgeurteil: Cour de Cassation ZEuP 11, 919 m Anm Borghetti), was allerdings beim Vergleich mit der EuGH-Rechtsprechung zum Selbstbehalt (EuGH Slg 02, I-3856; I-3887) nicht überzeugt. Die Definition in § 1 I 2 Hs 2 ähnelt derjenigen des Verbraucherbegriffs in § 13 BGB, der ja auch europäisch geprägt ist. Abgestellt wird auf die Bestimmung und konkrete Nutzung der Sache, nicht auf die sie nutzende Person (s.a. Saarbr NJW-RR 13, 271), dh geschützt sind auch Verbrauchsgegenstände, die von Gewerbetreibenden oder Freiberuflern hauptsächlich privat genutzt werden.