Rn 2
Hersteller iSd § 4 I ist zunächst der Endprodukthersteller, § 4 I 1, also derjenige, der eine neue Sache in seinem Organisationsbereich für eigene Rechnung produziert (s nur Brüggemeier/Reich WM 86, 149, 151; Soergel/Krause § 4 Rz 3). Im Konzern können auch Mutter- und Tochtergesellschaft Hersteller sein, sofern sie beide Herstellungsleistungen (und nicht etwa bloße Vertriebsleistungen) erbringen (EuGH Slg 06, I-1313 Rz 30; König AcP 2017, 611, 633 ff mwN). Hersteller können weiterhin zB Lizenznehmer (BTDrs 11/2447, 19f), Krankenhausbetreiber, die Medizinprodukte herstellen oder modifizieren (Weimer KHR 10, 41, 45; zu einer wichtigen Einschränkung KG GesR 14, 427, 428 f: Austausch einzelner Komponenten einer bereits implantierten Prothese), sein oder der Betreiber eines Stromnetzes, der den Strom auf eine andere Spannungsebene transformiert (BGHZ 200, 242 Rz 17; Brandbg VersR 19, 958, 958 f; EuGH BeckRS 22, 32689 = ECLI:EU:C:2022:926 Rz 36 ff; ob Entsprechendes auch ohne eine Transformation oder vergleichbare Handlung anzunehmen ist, erscheint fraglich, hier könnte aber § 4 III greifen, s.a. Oechsler NJW 14, 2080, 2081; Kermel/Klindt/Wende RdE 15, 281, 281 f; Ehring EnWZ 17, 114, 116f). Eine Feststellbarkeit des Herstellers im Zeitpunkt des Inverkehrbringens ist nicht erforderlich (BGH NJW 05, 2695 [BGH 21.06.2005 - VI ZR 238/03]). Nicht ausreichend zur Begründung der Herstellereigenschaft ist das Abpacken (Ddorf NJW-RR 01, 458f [OLG Düsseldorf 22.09.2000 - 22 U 208/99]), Reparieren oder Warten eines Produkts (s insb MüKo/Wagner § 4 Rz 24 mwN; Soergel/Krause § 4 Rz 3). Problematisch ist die Haftung von Assemblern, die vorgefertigte Teile zusammensetzen (Herstellereigenschaft ohne nähere Diskussion bejaht: Dresd VersR 98, 59; abgelehnt: Hamm BeckRS 16, 16820). Hier sollte danach differenziert werden, ob das Produkt durch das Zusammensetzen erst hergestellt oder lediglich fertiggestellt oder ergänzt wird; so ließe sich auch die Diskrepanz zwischen den genannten Urteilen erklären. Ähnlich könnte auch beim 3D-Druck differenziert werden, zumal hier wegen der Verschiedenheit der Produktionsmodelle kaum allgemeine Aussagen getroffen werden können. Eine Herstellung eines Produkts kommt jedenfalls in Betracht in Bezug auf die CAD-Datei bzw das CAD-Modell als Grundstoff oder Teilprodukt, sofern diese für den 3D-Druck in den Verkehr gebracht wurden (Oechsler NJW 18, 1569, 1569 f; ähnl Müller/Haase InTeR 17, 124, 126 f; zu online übermittelten Dateien § 2 Rn 2). Ansonsten kann in Bezug auf die CAD-Datei eine Haftung des Lieferanten nach § 4 III greifen (Müller/Haase InTeR 17, 124, 127 f; Oechsler NJW 18, 1569, 1571). In Bezug auf den Druckhersteller ist umstritten, ob er tatsächlich eine Herstellungsleistung erbringt, wenn dabei ohne weitere Bearbeitung lediglich die Vorlage umgesetzt wird. Die Differenzierung zwischen Herstellung einerseits und bloßer Fertigstellung oder Ergänzung andererseits stößt hier an Grenzen, weil der Druckvorgang ein weiterer, selbstständiger Schritt zur Erstellung des Produkts ist – anders als beim bloßen Zusammenbau, der in vielen Fällen bereits in der Herstellung der Einzelteile angelegt war. Daher dürfte der Hersteller des 3D-Drucks in vielen Fällen auch als Hersteller im produkthaftungsrechtlichen Sinne anzusehen sein (so auch Oechsler NJW 18, 1569, 1571; tw einschränkend Müller/Haase InTeR 17, 124, 126), nicht aber dort, wo ihm kein eigener Handlungsspielraum verbleibt (wie etwa beim strikten Befolgen von Weisungen des CAD-Erstellers; eine Analogie zu § 1 III 1, wie von Oechsler NJW 18, 1569, 1571 f vorgeschlagen, dürfte dann nicht mehr erforderlich sein). Bei der Aufbereitung von Medizinprodukten kann in Anlehnung an § 3 Nr 11 2 iVm S 3 lit c MPG aF darauf abgestellt werden, ob der Aufbereitende das Produkt neu aufbereitet oder wesentlich verändert (dazu insb Knauer MPR 16, 37 ff; für eine grundsätzliche Herstellerverantwortung des Arztes bei Mix-and-Match-Vorgehen hingegen Gabrielczyk MPR 17, 121, 123 ff). Haftpflichtig sind auch die Hersteller von Grundstoffen und Teilprodukten, bei denen allerdings die Haftungsausschlussgründe nach § 1 II Nr 2 und insb III zu beachten sind. Dazu gehört auch ein Landwirt, der Heu zu Silage verarbeitet (Hamm AUR 17, 143, 144). Str ist die Einbeziehung von Bauhandwerkern (dafür Staud/Oechsler § 4 Rz 21; dagegen Schmidt-Salzer Produkthaftung Bd III/1 Rz 4.485 ff); sie ist angebracht, wenn diese Baumaterial selbst herstellen oder verändern (so iE wohl auch Stuttg VersR 01, 465, 466). Auch Softwareentwickler müssen bei konsequenter Anwendung des ProdHaftG auf Software (§ 2 Rn 2) in den Kreis der Haftungsadressaten einbezogen werden (ähnl jetzt Sommer Haftung für autonome Systeme 20, 225 ff; aA Ehring NWB 19, 3153, 3156 mwN; diff für die Bereitstellung von Updates Mayrhofer Außervertragliche Haftung für fremde Autonomie 23, 236 ff); sie dürften über § 1 II Nr 1 und insb III 1 hinreichend geschützt sein. Ebenso können Trainer von KI-Systemen als Hersteller zu...