Gesetzestext
(1) 1Die Ehegatten können Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich schließen. 2Sie können ihn insbesondere ganz oder teilweise
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in die Regelung der ehelichen Vermögensverhältnisse einbeziehen, |
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ausschließen sowie |
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Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 24 vorbehalten. |
(2) Bestehen keine Wirksamkeits- und Durchsetzungshindernisse, ist das Familiengericht an die Vereinbarung gebunden.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die §§ 6–8 regeln, mit welchem Inhalt und unter welchen formellen und materiellen Voraussetzungen die Ehegatten Vereinbarungen über den VA treffen können. § 1408 II BGB stellt klar, dass die §§ 6–8 auch auf Vereinbarungen über den VA anzuwenden sind, die in einem Ehevertrag nach § 1408 I BGB geschlossen werden.
B. Zulässiger Inhalt von Vereinbarungen (Abs 1).
I. Grundsätzliches (Abs 1 S 1).
Rn 2
Die Grundsatznorm des § 6 I 1 stellt klar, dass Vereinbarungen über den VA geschlossen werden können. Sie enthält weder in zeitlicher noch in inhaltlicher Hinsicht irgendwelche Einschränkungen der Dispositionsbefugnisse. Die Ehegatten können daher grds zu jeder Zeit, also vor, während und auch nach der Ehe Vereinbarungen schließen. Scheidungsfolgenvereinbarungen nehmen keine besondere Rechtsstellung ein, sondern werden wie andere Eheverträge oder Vergleiche behandelt. Eine familiengerichtliche Genehmigung braucht – anders als nach früherem Recht – nicht eingeholt zu werden. Allerdings haben die Gerichte iR anhängiger Verfahren eine Inhalts- und Ausübungskontrolle vorzunehmen (§ 8 I). Nach Rechtskraft der Scheidung geschlossene Vereinbarungen über den VA betreffen idR entweder ein aus dem Verbund abgetrenntes Verfahren über den Wertausgleich bei der Scheidung oder schuldrechtliche Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gem §§ 20 ff. Denkbar sind aber auch Vereinbarungen iR eines Abänderungsverfahrens (Celle FamRZ 13, 1900; Hamm FamRZ 18, 588, 589) oder eines Verfahrens über die Anpassung nach Rechtskraft gem §§ 32 ff (Borth FamRZ 03, 889, 896). Unzulässig sind jedoch Vereinbarungen, mit denen eine rkr gewordene Entscheidung über den Wertausgleich rückgängig gemacht werden soll (BGH FamRZ 02, 1553). Dem steht die rechtsgestaltende Wirkung der Entscheidungen entgegen. Auch ein Abänderungsantrag kann nicht auf eine solche nachträgliche Vereinbarung gestützt werden. Nur wenn ein Abänderungsverfahren aus anderen Gründen eröffnet ist und soweit in dessen Rahmen eine Korrektur der früheren Entscheidung über den VA möglich ist, kommt eine Dispositionsbefugnis der Ehegatten in Betracht. Ausnahmen sind in Bezug auf Entscheidungen mit rechtsgestaltender Wirkung allerdings möglich, wenn alle betroffenen Versorgungsträger einverstanden sind (vgl Celle FamRZ 13, 1900). Auch der Vollzug des schuldrechtlichen VA unterliegt der Parteidisposition (BGH FamRZ 17, 1660 Rz 20).
Rn 3
Die Anwälte haben ihre Mandanten über die Möglichkeit und Zweckmäßigkeit von Vereinbarungen aufzuklären und für den Abschluss einer (formgerechten) Vereinbarung zu sorgen. Verletzen sie diese Pflicht, haften sie den Mandanten auf Schadensersatz (vgl BGH FamRZ 10, 1154 Rz 7; 10, 2067 Rz 24; Wick FuR 23, 118).
II. Regelbeispiele (Abs 1 S 2).
Rn 4
§ 6 I 2 verdeutlicht die Gestaltungsbefugnisse der Ehegatten durch drei Regelbeispiele (‹insbesondere›) für die Ausgestaltung von Vereinbarungen. Sie sollen verdeutlichen, dass gerade Vereinbarungen dieses Inhalts möglich sind und unter erleichterten Voraussetzungen abgeschlossen werden können. Daneben kommt eine Vielzahl weiterer Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht (s Rn 10 ff).
Rn 5
§ 6 I 2 Nr 1 stellt klar, dass die Eheleute den VA – ganz oder tw – iR einer Gesamtvermögensauseinandersetzung – also zB mit dem Zugewinnausgleich, dem nachehelichen Unterhalt, der Auseinandersetzung einer Bruchteilsgemeinschaft (§§ 749, 752 BGB) oder auf Ausgleich nach § 426 BGB – regeln können. Allerdings sollten die verrechneten Vermögenswerte eine vergleichbare Sicherheit bieten. Die Einstellung von Versorgungsanrechten in eine Gesamtvermögensbilanz wird dadurch erleichtert, dass die Versorgungsträger für Anrechte, deren Ehezeitanteil nicht ohnehin gem § 5 I als Kapitalwert ermittelt wird, (zusätzlich) einen KoKa anzugeben haben (§ 5 III iVm § 47). Dieser drückt den ›Kaufpreis‹ aus, mit dem der ausgleichspflichtige Ehegatte bei seinem Versorgungsträger ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts erwerben könnte (s § 47 Rn 3). Da Vereinbarungen über den VA grds auch dann tolerabel sind, wenn Versorgungsanrechte mit wertmäßig nicht exakt übereinstimmenden Gegenleistungen verrechnet werden, können die KoKa idR als Basis für Vereinbarungen dienen, die einen Gesamtvermögensausgleich zum Ziel haben, insb, wenn den Ehegatten die unterschiedlichen Berechnungsgrundlagen deutlich gemacht werden (BGH FamRZ 16, 697 Rz 19 ff). Entsprechen sich die Werte, die der eine Ehegatte über den VA und der andere Ehegatte über den sonstigen Vermögensausgleich erhalten würden, in etwa, so können die Ehegatten wechselseitig auf Ausgleichsansprüche verzichten. Ist dies nicht angemessen, kann auch die Verrechnung nur einzelner Versorgungsanrechte mit sonstigen vermögensre...