I. Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse.
Rn 1
§ 44 enthält besondere Vorschriften für die Bewertung von Anrechten der Beamtenversorgung und beamtenähnlicher Versorgungen. In einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen alle Beamten, Richter und Soldaten. Ihr Dienstverhältnis kann auf Lebenszeit, auf bestimmte Zeit, auf Probe oder auf Widerruf begründet werden. Je nach Art des Dienstverhältnisses ergeben sich unterschiedliche versorgungsrechtliche Positionen. Auch sog Ehrenbeamte (zB ehrenamtliche Bürgermeister) haben einen beamtenrechtlichen Status. Stellt der ihnen gezahlte Ehrensold nur eine Art Treueprämie als Anerkennung für eine besonders lange Amtszeit dar und dient er als Ausgleich für gewisse wirtschaftliche Einbußen oder Nachteile, die mit der Amtstätigkeit verbunden sind, unterfällt das Anrecht nach BGH (FamRZ 11, 1287) nicht dem VA. Knüpft die Gewährung des Ehrensoldes unmittelbar an die Ausübung des Amtes über einen bestimmten Zeitraum hinweg an und orientiert sich der Höhe nach an der zuletzt bezogenen Entschädigung, handelt es sich nach Nürnbg (FamRZ 22, 1020, 1022) um ein beamtenrechtliches Anrecht iSv § 2 I. Parlamentsabgeordnete stehen nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Ihre Versorgung richtet sich nach dem für ihr Parlament geltenden Abgeordnetengesetz; vgl § 32 Rn 8 und § 39 Rn 12 ff. § 44 erfasst auch nicht Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen. Dazu gehören zB Regierungsmitglieder, parlamentarische Staatssekretäre sowie Bundesbeauftragte (vgl Celle FamRZ 09, 1673; Kobl FamRZ 19, 960). Ihre Anrechte sind aber idR auch nach § 40 zu bewerten. EU-Beamte fallen nicht unter I Nr 1; ihre Versorgung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (Kobl FamRZ 20, 1906).
Rn 2
Ist ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vor dem Ende der Ehezeit beendet worden, so fehlt es an einer beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft. Die aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedene Person ist grds in der GRV nachzuversichern (§ 8 II Nr 1 SGB VI). Das Versorgungsanrecht ist in diesem Fall (nur) mit dem Wert des Nachversicherungsanspruchs, der durch Auskunft des für die Nachversicherung zuständigen Rentenversicherungsträgers festzustellen ist, zu bewerten, auch wenn die Nachversicherung im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht durchgeführt worden ist. Ist die Person erst nach Ehezeitende aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden, so wäre zwar aufgrund des Stichtagsprinzips grds die (höherwertige) Versorgungsanwartschaft aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in den VA einzubeziehen. Die nach dem Stichtag infolge des Ausscheidens aus dem Dienstverhältnis eingetretene Änderung des Wertes der auszugleichenden Versorgung kann jedoch in entspr Anwendung der §§ 225, 226 FamFG schon im Erstverfahren berücksichtigt werden. Statt der Nachversicherung kann einer aus dem Dienstverhältnis ausgeschiedenen Person auch ein (beamtenähnliches) Anrecht auf Altersgeld nach dem AltGG des Bundes oder einem entsprechenden Ländergesetz zustehen. Dieses Anrecht unterliegt dem VA, wenn die nach § 3 I AltGG erforderliche Mindestdienstzeit zurückgelegt und ein Antrag auf Gewährung von Altersgeld gestellt worden ist. Andernfalls ist dem VA das Anrecht auf Nachversicherung in der GRV zugrunde zu legen. Werden die Voraussetzungen nach dem AltGG erst nach Ehezeitende erfüllt, ist dies als auf das Ehezeitende zurückwirkende Veränderung nach § 5 II 2 zu berücksichtigen, soweit möglich im Erstverfahren, sonst in einem Abänderungsverfahren. Der Ehezeitanteil dieses Anrechts ist gem § 44 zeitratierlich zu berechnen, der Ausgleich erfolgt gem § 1 I Nr 4 BVersTG durch interne Teilung.
II. Arbeitsverhältnisse mit beamtenähnlicher Versorgung.
Rn 3
Versorgungsanrechte nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen liegen vor, wenn die ausgleichspflichtige Person zwar nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht, wenn ihr aber aufgrund eines Arbeitsverhältnisses auf privatrechtlicher Grundlage eine Versorgung zugesagt worden ist, die inhaltlich vollständig oder jedenfalls in den wesentlichen Grundzügen dem Beamtenversorgungsrecht entspricht (BGH FamRZ 11, 1216 Rz 17). Die Rechtsform des Versorgungsträgers ist dabei ohne Bedeutung. Wesentliche Voraussetzung für eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen ist aber, dass der Arbeitgeber die Versorgung selbst zusagt und dass die beschäftigte Person nicht durch eigene Beiträge zum Erwerb des Anrechts beitragen muss (BGH FamRZ 94, 232, 233). Regelmäßiges Indiz ist auch die Versicherungsfreiheit oder die Möglichkeit einer Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV (BGH FamRZ 11, 1216 Rz 17). Im Einzelfall kann es zu Abgrenzungsproblemen mit der betrAV kommen, die va deshalb praktisch relevant sind, weil sich (nur) bei betrieblichen Versorgungsanrechten die Frage nach deren Unverfallbarkeit stellt (vgl § 19 II Nr 1). Hat ein Arbeitgeber Versorgungsleistungen zugesagt, die sowohl nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen ausgestaltet sind als auch die Voraussetzungen einer betrAV erfüllen, so ist...