Rn 1
§ 45 ist eine Sondervorschrift, die die Berechnung des Ehezeitanteils von Anrechten aus betrieblicher Altersversorgung (betrAV) regelt. Die Bestimmung ist nach dem Willen des Gesetzgebers unmittelbar nur auf Anrechte anzuwenden, die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch im Anwartschaftsstadium befinden, während bereits laufende Betriebsrenten nach § 41 iVm den §§ 39, 40 zu bewerten sind (BTDrs 16/10144, 82; BGH FamRZ 18, 894 Rz 13). Zur betrAV zählt grds auch die Zusatzversorgung des öffentlichen oder kirchlichen Dienstes (einschl der Zusatzversorgungen der Mitglieder der deutschen Kulturorchester und der deutschen Bühnen); für diese gelten jedoch gem § 18 BetrAVG Sonderregelungen, und auch § 45 VersAusglG findet insoweit gem III keine Anwendung (vgl Rn 26 ff).
Rn 2
§ 45 erfasst nur Anrechte auf betrAV iSd BetrAVG. § 1 I BetrAVG definiert die betrAV als Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die einem Arbeitnehmer (vgl dazu Rn 3) aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt worden sind und für deren Erfüllung der Arbeitgeber einsteht. Anrechte auf betriebliche Invaliditätsleistungen sind auch dann zu berücksichtigen, wenn die Invalidität bisher nicht eingetreten ist. Die Grundsätze der privaten Invaliditätsversicherung, bei der erst im Versicherungsfall ein Deckungskapital gebildet wird, können auf die betriebliche Versorgung nicht übertragen werden. Auch § 28 findet insoweit keine Anwendung (BGH FamRZ 17, 1749 Rz 13 ff). Dieser Vorschrift kann jedoch ein – über den Bereich der Privatvorsorge hinausgehender – Rechtsgedanke entnommen werden: Die Einbeziehung einer laufenden Invaliditätsrente in den VA erscheint grds unbillig, wenn und soweit der Ausgleich dazu führt, dass dem Ausgleichsberechtigten bei eigener fortbestehender Erwerbsfähigkeit der gesamte Ausgleichswert vollständig für die Altersversorgung zur Verfügung steht, während das beim Ausgleichspflichtigen verbleibende Anrecht (auch) die Zeit seiner Invalidität bis zum Erreichen der Altersgrenze mit abdecken muss. Diesem Rechtsgedanken muss iRd Billigkeitsabwägung nach § 27 besonders Rechnung getragen werden (BGH FamRZ 17, 1749 Rz 30; vgl § 28 Rn 3). Der auf die Hinterbliebenenversorgung entfallende Anteil einer kombinierten Versorgungszusage wird (zB bei der Ermittlung des Barwerts der Versorgung) im VA mit berücksichtigt (vgl § 2 Rn 11). Anrechte iSd BetrAVG fallen auch dann in den VA, wenn sie auf Kapitalzahlungen gerichtet sind (§ 2 II Nr 3 Hs 2). Nach der Rspr des BAG erfasst das BetrAVG auch Anrechte auf Sachleistungen, wie zB Energiebezugsrechte, Personalrabatte und Nutzungen, wie zB ein Wohnungsrecht an einer Werkswohnung. Solche Anrechte sind jedoch nicht Gegenstand des VA (BGH FamRZ 13, 1795 Rz 16 ff; vgl. § 2 Rn 14).
Rn 3
Arbeitnehmer sind die Arbeiter und Angestellten sowie die Auszubildenden eines Betriebes (§ 17 I 1 BetrAVG). Die Vorschriften über die betrAV gelten aber gem § 17 I 2 BetrAVG entspr auch für Personen ohne Arbeitnehmereigenschaft, denen aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen betriebliche Versorgungsleistungen zugesagt worden sind (zB Handels- oder Versicherungsvertreter, leitende Angestellte und Organmitglieder einer Kapitalgesellschaft, vgl BGH FamRZ 17, 1565 Rz 13). Auf Unternehmer findet das BetrAVG dagegen keine Anwendung (BGH FamRZ 14, 731 Rz 9). Als Unternehmer sind auch Personen anzusehen, deren Anwartschaft auf betrAV auf Dienstleistungen beruht, die sie gegenüber einem formell selbständigen Unternehmensträger, bei natürlicher Betrachtung aber für das eigene Unternehmen erbracht haben. Dazu gehören Allein- und Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft, während es bei Minderheitsgesellschaftern entscheidend darauf ankommt, ob sie eine beherrschende, auf einem genügend hohen Vermögenseinsatz beruhende mitgliedschaftliche Stellung einnehmen, die es vom Zweck des BetrAVG her rechtfertigt, sie verantwortungs- und risikomäßig als Unternehmer zu betrachten (BGH FamRZ 20, 89 Rz 12–14). Als Unternehmer ist auch ein Gesellschafter-Geschäftsführer anzusehen, der nach der Verkehrsanschauung sein eigenes Unternehmen leitet (BGH FamRZ 14, 731 Rz 9; 19, 1993 Rz 19; 20, 1549 Rz 13). Dies trifft auf Personen zu, die allein oder zusammen mit anderen Gesellschafter-Geschäftsführern mindestens 50 % der Geschäftsanteile halten und selbst nicht mit einem nur unbedeutenden Geschäftsanteil (dh mehr als 10 %) an der Gesellschaft beteiligt sind (BGH FamRZ 20, 89 Rz 15 ff). Das Gleiche gilt für einen Gesellschafter-Geschäftsführer, der über einen nicht ganz unbedeutenden Geschäftsanteil verfügt, neben Verwandten zur Geschäftsführung berufen und zusammen mit diesen fähig ist, im Familieninteresse Gesellschafterbeschlüsse zu fassen (BGH FamRZ 20, 1549 Rz 14). Anrechte, die als Unternehmer erworben wurden, sind nicht nach der Sondervorschrift des § 45 I zu bewerten, die dem Versorgungsträger hinsichtlich der Bezugsgröße ein Wahlrecht einräumt. Soweit diese Personen...