I. Noch nicht ausgeglichenes Anrecht.
Rn 4
Gem I kommt eine Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung nur hinsichtlich ›noch nicht ausgeglichener Anrechte‹ in Betracht. Der Begriff hat den gleichen Inhalt wie in den §§ 20 I 1, 22 und 23 I 1 (vgl § 20 Rn 3 ff). Bei dem Anrecht, dessen Teilhabe der Ausgleichsberechtigte vom Versorgungsträger begehrt, muss es sich daher um ein im Wertausgleich bei der Scheidung unberücksichtigt gebliebenes Anrecht handeln, das an sich durch eine schuldrechtliche Ausgleichsrente nach § 20 oder Kapitalzahlungen nach § 22 auszugleichen wäre, wenn der Ausgleichspflichtige nicht gestorben wäre. Die Voraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen VA müssen dem Grunde nach vorgelegen haben. Das ist der Fall, wenn der verstorbene Ehegatte vor seinem Tod selbst eine noch auszugleichende Versorgung bezog, aber auch dann, wenn er im Zeitpunkt seines Todes noch keinen Versorgungsanspruch hatte (BGH FamRZ 89, 1283). Es genügt, dass seine künftige Versorgung gesichert war. Daran fehlt es indes, wenn eine Anwartschaft zum Zeitpunkt seines Todes noch verfallbar war und auch nicht durch seinen Tod unverfallbar geworden ist (BGH FamRZ 84, 668, 669). Der Anspruch nach I besteht auch dann, wenn ein Anrecht bei der Scheidung fehlerhaft nicht im öffentlich-rechtlichen VA nach früherem Recht oder im Wertausgleich bei der Scheidung nach neuem Recht, sondern schuldrechtlich ausgeglichen oder einem späteren schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten worden ist. Mit Rechtskraft der im Ausgangsverfahren ergangenen Entscheidung steht dann fest, dass das Anrecht in schuldrechtlicher Form auszugleichen ist. Das schließt eine mögliche Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung ein (Nürnbg FamRZ 20, 1908, 1909).
II. Bestehen einer Hinterbliebenenversorgung.
Rn 5
Der Anspruch gegen den Versorgungsträger setzt gem I weiter voraus, dass das auszugleichende Anrecht eine Hinterbliebenenversorgung beinhaltet. Dabei muss es sich aber um eine Witwen-/Witwerversorgung handeln; eine Waisenversorgung reicht nicht aus (Borth Kap 5 Rz 4; Erman/Norpoth/Sasse § 25 Rz 5). Eine solche Zusage kommt dann zwingend auch dem geschiedenen Ehegatten zugute. Eine in der maßgebenden Versorgungsregelung vorgesehene Beschränkung auf die/den wirkliche(n) Witwe/Witwer ist unwirksam. Sieht die Versorgungsregelung allerdings – wie üblich – vor, dass die Hinterbliebenenrente im Fall der Wiederheirat der Witwe/des Witwers ruht oder erlischt, so erstreckt sich diese Rechtswirkung auch auf den geschiedenen Ehegatten, sodass die ausgleichsberechtigte Person ihren Teilhabeanspruch mit erneuter Eheschließung verliert (BGH FamRZ 11, 961 Rz 13). Dies gilt auch dann, wenn die zweite Ehe nach dem Tod des früheren Ehegatten, aber vor Eintritt in das Rentenbezugsalter, geschlossen worden ist (BGH FamRZ 11, 961 Rz 10). Eine nach Scheidung zwischen dem ausgleichspflichtigen Ehegatten und seinem Versorgungsträger individuell geschlossene Vereinbarung, wonach die ursprüngliche Versorgungsregelung geändert wird und die Hinterbliebenenversorgung entfällt, ist zulässig und deshalb im VA zu berücksichtigen. Etwas anderes gilt nur, wenn sich feststellen lässt, dass die Vereinbarung in bewusstem Zusammenwirken mit dem Vorsatz geschlossen wurde, den Ausgleichsberechtigten zu schädigen (BGH FamRZ 11, 961 Rz 13).