I. Wertausgleich bei der Scheidung.
Rn 2
Der VA ist – soweit möglich – in der Form des Wertausgleichs bei der Scheidung durchzuführen. Der Begriff entspricht dem unter der Geltung des früheren Rechts verbreiteten Begriff des öffentlich-rechtlichen VA. Zwar ist der VA idR bei der Scheidung durchzuführen, und zwar iR einer Verbundentscheidung nach § 137 I FamFG, ohne dass es eines Antrags bedarf (§ 137 II 2 FamFG), also vAw (BTDrs 16/10144, 53). In bestimmten Fällen ist ein (öffentlich-rechtlicher) Wertausgleich aber auch nach Rechtskraft der Scheidung möglich. Dies gilt zum einen bei einer Abtrennung des VA aus dem Verbund gem § 140 II Nr 2 oder 4 FamFG. Zum anderen kommt ein Wertausgleich im Anschluss an eine im Ausland ausgesprochene Scheidung in Betracht, wenn deutsches Scheidungsrecht angewendet worden ist und damit auch deutsches VA-Statut gilt. In diesem Fall ist der Wertausgleich in Deutschland in einem selbständigen Verfahren nachzuholen. Des Weiteren kann ein nachträglicher Wertausgleich durchzuführen sein, wenn die Ehegatten nach ausländischem Recht geschieden worden sind. Ist die Scheidung im Ausland ausgesprochen worden ist, kann anschließend in Deutschland ein Antrag nach Art 17 IV 2 EGBGB auf Ausgleich inländischer Anrechte gestellt werden, über den in einem selbständigen Verfahren zu entscheiden ist. Das Gleiche gilt, wenn die Ehegatten im Inland geschieden worden sind, im Scheidungsverfahren aber kein Antrag nach Art 17 IV 2 EGBGB gestellt worden ist. Denn ein solcher Antrag kann, weil er nicht an eine Frist gebunden ist, auch noch nach Rechtskraft der Scheidung gestellt werden (BGH FamRZ 07, 996 Rz 29; vgl § 1 Rn 6). Eine nachträgliche Durchführung des VA ist nicht einmal dann ausgeschlossen, wenn das Familiengericht im Scheidungsverbund ausgesprochen hat, ein VA finde (mangels Antragstellung nach Art 17 IV 2 EGBGB) nicht statt, denn ein solcher Ausspruch hatte lediglich deklaratorische Bedeutung (Karlsr FamRZ 06, 955).
II. Dem Wertausgleich unterfallende Anrechte.
Rn 3
Der Wertausgleich findet (bei deutschem Scheidungsstatut) grds in allen Fällen statt, in denen die Eheleute in der Ehezeit Versorgungsanrechte iSd § 2 erworben haben. Er scheidet jedoch gem § 9 I ausnw aus,
- soweit die Ehegatten den VA wirksam durch Vereinbarung ausgeschlossen haben (§§ 6–8 VersAusglG) oder
- soweit die ehezeitlich erworbenen Anrechte (iSv § 19) noch nicht ausgleichsreif sind.
Wenn sich eine Vereinbarung nur auf einzelne in den VA fallende Anrechte oder auf Teile auszugleichender Anrechte erstreckt, ist hinsichtlich der weiteren Anrechte oder Teil-Anrechte der Wertausgleich durchzuführen. Fehlt nur einzelnen Anrechten die erforderliche Ausgleichsreife, sind die sonstigen (ausgleichsreifen) Anrechte grds in den Wertausgleich bei der Scheidung einzubeziehen. Handelt es sich bei den nicht ausgleichsreifen Anrechten aber um Anrechte, die bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger erworben worden sind (§ 19 II Nr 4), können gem § 19 III auch an sich ausgleichsreife (inländische) Anrechte vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgeschlossen werden, soweit der isolierte Ausgleich der ausgleichsreifen Anrechte für den anderen Ehegatten unbillig wäre (sog Ausgleichssperre, vgl § 19 Rn 18). Über die in I geregelten Fälle hinaus findet auch in Bezug auf Anrechte aus privater Invaliditätsvorsorge kein Wertausgleich bei der Scheidung statt; sie sind gem § 28 III VersAusglG stets schuldrechtlich auszugleichen. Schließlich kann das Gericht einzelne Anrechte nach § 18 VersAusglG vom VA ausnehmen. Darauf weist IV ausdrücklich hin (s Rn 8). Überhaupt kein VA und damit auch nicht in der Form des Wertausgleichs bei der Scheidung findet statt, wenn die Ehe von kurzer Dauer war und kein Antrag nach § 3 III gestellt worden ist oder soweit das Gericht Anrechte in Anwendung der Härteklausel des § 27 von einem Ausgleich ausschließt.
Rn 4
Wird ein Wertausgleich bei der Scheidung durchgeführt, so erstreckt sich dieser nach der Rspr des BGH zwingend auf sämtliche ausgleichsreifen Anrechte beider Ehegatten mit Ausn derjenigen, die sie durch eine Vereinbarung (ausdr) ausgenommen haben. Die ausgleichsreifen Anrechte bilden einen einheitlichen Verfahrensgegenstand, der auch solche ausgleichsreifen Anrechte einschließt, die das Gericht – aus welchen Gründen auch immer – bei seiner Entscheidung übersehen hat (BGH FamRZ 14, 1614 Rz 11). Demgemäß erwächst eine unvollständige und damit fehlerhafte Entscheidung nicht nur insoweit in formelle und materielle Rechtskraft, als Versorgungsanrechte ausgeglichen wurden, sondern auch mit dem Inhalt, dass keine weiteren (ausgleichsreifen) Anrechte im Wertausgleich bei der Scheidung auszugleichen sind (BGH FamRZ 13, 1548 Rz 28). Nur soweit das Gericht ein bestimmtes Anrecht bewusst nach § 140 FamFG vom Verbund abgetrennt hat, ist ein nachträglicher Ausgleich möglich (BGH FamRZ 14, 1614 Rz 12). Auch eine nachträgliche Ergänzung des Ausgangsbeschlusses kommt nicht in Betracht, denn Voraussetzung dafür wäre eine versehentliche Teilentscheidung des Gerichts. Eb...