Rn 4
Auch bei gem § 40 zeitratierlich zu bewertenden Anrechten ist nach Beginn der Leistungsphase im VA – sowohl in Erst- als auch in Abänderungsverfahren – grds von der tatsächlich erlangten Versorgung auszugehen. § 41 II 1 erklärt insoweit die Bestimmungen in § 40 I–III für entspr anwendbar. Gem § 41 II 2 sind aber für die Berechnung des Ehezeitanteils die nach § 40 II 3 anzustellenden Prognosen für die höchstens erreichbare Zeitdauer und die zu erwartende Versorgung durch die – nunmehr feststehenden – tatsächlichen Werte zu ersetzen (BGH FamRZ 18, 894 Rz 16; 18, 1500 Rz 14 ff). Die zeitratierliche Bewertung eines in der Leistungsphase befindlichen Anrechts erfolgt somit unter Berücksichtigung der tatsächlich erreichten Zeitdauer bis zum Eintritt in den Ruhestand und der tatsächlich erreichten Versorgung (BGH FamRZ 18, 1500 Rz 14 für Anrechte der Beamtenversorgung; BGH FamRZ 20, 743 Rz 16 für Anrechte der betrieblichen Altersversorgung). Dies gilt auch, wenn sich die Höhe der auszugleichenden Versorgung infolge einer vorzeitigen Dienst- oder Erwerbsunfähigkeit verändert (BGH FamRZ 89, 492; 02, 93). Wenn sich in diesem Fall durch die Einbeziehung der tatsächlichen Versorgung in den VA ein höherer Ehezeitanteil ergibt, obwohl der Wert der Versorgung insg gesunken ist, kann der Ausgleich in Anwendung des § 27 gekürzt werden (BGH FamRZ 82, 36, 41). Nachehezeitliche Versorgungsanpassungen sind in jedem Fall außer Betracht zu lassen (BGH FamRZ 09, 1397 Rz 23).
Rn 5
Maßgeblich bleiben aber auch bei dieser Bewertung die persönlichen Bemessungsgrundlagen bei Ehezeitende. Im Wertausgleich bei der Scheidung ist ein die Höhe der Versorgung beeinflussender Entgeltfaktor daher grds mit seinem bei Ehezeitende gegebenen Wert in die Berechnung einzubeziehen. Damit wird gewährleistet, dass weder die nach Ehezeitende eingetretenen normalen Anpassungen des Anrechts in die Bewertung einfließen noch nachehezeitliche Veränderungen, die auf einem späteren beruflichen Aufstieg des Versorgungsempfängers oder seinem zusätzlichen persönlichen Einsatz beruhen und daher keinen Bezug mehr zur Ehezeit haben (BTDrs 16/10144, 80; BGH FamRZ 18, 894 Rz 18). Soweit die nachehezeitliche Anwartschaftsdynamik einer endgehaltsbezogenen betrieblichen Versorgung bei Ehezeitende noch verfallbar war, sich aber bis zum Zeitpunkt der Entscheidung (tw oder vollständig) realisiert hat, handelt es sich aber um eine auf den Ehezeitanteil zurückwirkende tatsächliche Änderung, die im Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung (oder auch in einem Abänderungsverfahren nach § 51) zu berücksichtigen ist (BGH FamRZ 18, 894 Rz 19 ff). Im schuldrechtlichen VA sind auch die nach Ehezeitende wirksam gewordenen Regelanpassungen zu berücksichtigen (§ 5 IV 2).
Rn 6
Bei zeitratierlich zu bewertenden Anrechten sind nach Ehezeitende eingetretene Veränderungen der tatsächlichen Zeitdauer des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses grds für die Gesamtzeit zu berücksichtigen (vgl § 40 Rn 8). Dies gilt sowohl für die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersversorgung als auch für eine antragsgemäß bewilligte Verlängerung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses (BGH FamRZ 18, 1500 Rz 14 ff; 19, 1604 Rz 19 ff; vgl § 44 Rn 7). Str ist jedoch, ob eine Verkürzung der Dienst- oder Beschäftigungszeit auch dann zu berücksichtigen ist, wenn sie mit einem Versorgungsabschlag verbunden ist und sich dadurch ein geringerer Ehezeitanteil ergibt als bei Zugrundelegung der Versorgung, die der Ausgleichspflichtige im Fall einer Beschäftigung bis zur Regelaltersgrenze erreicht hätte. Zum früheren Recht hatte der BGH die Auffassung vertreten, in diesem Fall sei der Ausgleich nach der erreichbaren vollen (fiktiven) Versorgung ohne Berücksichtigung des Versorgungsabschlags vorzunehmen (BGH FamRZ 11, 1214 Rz 13 ff – Rechtsanwaltsversorgung Rheinland-Pfalz; 12, 769 Rz 14 ff – Beamtenversorgung). Ob er daran auch nach neuem Recht festhalten will, ist bisher noch offen (vgl BGH FamRZ 18, 1500 Rz 18). Nach zutr Ansicht ist auch bei zeitratierlich zu bewertenden Anrechten eine durch vorzeitigen Ruhestand nach Ehezeitende ausgelöste Kürzung zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um eine tatsächliche Veränderung iSv § 5 II 2 handelt (Hamm FamRZ 12, 551, 553; Brandbg 5.11.13 – 10 UF 144/13 – juris Rz 12 f; Kobl FamRZ 17, 99; 19, 692, 693; vgl. eingehend dazu FamR-Komm/Wick § 5 VersAusglG Rz 17f).