I. Allgemeines (Abs 1 S 1).
Rn 2
§ 11 I 1 schreibt den Grundsatz der gleichwertigen Teilhabe beider Ehegatten an ihren in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten fest, der in S 2 näher konkretisiert wird. Da dieser Grundsatz Verfassungsrang hat, können Versorgungsregelungen keinen Bestand haben, die den Mindestanforderungen nicht genügen oder sonst zu einer Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes führen. Unter der Prämisse, dass der Grundsatz beachtet wird, steht die konkrete Ausgestaltung der Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht, die gem § 10 III maßgeblich sein sollen, grds im Ermessen der Versorgungsträger (BTDrs 16/10144, 56; BGH FamRZ 17, 863 Rz 19; vgl § 10 Rn 16). Allerdings ergibt sich schon aus § 10 I, dass die Versorgungsträger die Durchführung der Teilung nicht von einer Antragstellung oder von der Abgabe einer Willenserklärung abhängig machen (München FamRZ 23, 933, 935: keine Verpflichtung zum Abschluss eines Versicherungsvertrags) oder gegenständlich oder persönlich beschränken können (München aaO: kein Ausschluss Ausgleichsberechtigter wegen Überschreitung einer Altersgrenze). Sie können auch nicht festlegen, dass das auszugleichende Anrecht für den Ausgleichsberechtigten bei einem anderen Versorgungsträger begründet wird, weil § 10 I die Übertragung des Anrechts innerhalb des Versorgungssystems ausdrücklich vorschreibt. Ein Ausgleich über einen externen Versorgungsträger ist nur noch unter den Voraussetzungen des § 14 II und des § 16 möglich.
Rn 3
Ob die Anforderungen des I 1 erfüllt sind, hat das FamG zu prüfen (st Rspr, vgl BGH FamRZ 11, 547, Rz 28; 20, 985 Rz 13). Dass es die erforderliche Prüfung vorgenommen hat, muss es dadurch zum Ausdruck bringen, dass es im Tenor der Entscheidung auf die maßgeblichen Teilungsregelungen Bezug nimmt. Ist eine in der Teilungsordnung getroffene Regelung unklar oder mehrdeutig oder verstößt sie (nur) in einzelnen Aspekten gegen das Postulat der gleichmäßigen Teilhabe, muss vorrangig geprüft werden, ob sich der Kern der getroffenen Regelung im Zuge einer Anpassung an zwingende Vorgaben des VersAusglG aufrechterhalten lässt. In diesem Fall sind in der Beschlussformel bestimmte Maßgaben anzuordnen, unter denen das Anrecht gem der bestehenden Teilungsordnung geteilt wird (BGH FamRZ 15, 1869 Rz 24 ff; 21, 1955 Rz 37; vgl Rn 10). Nur wenn der Versorgungsträger keine eigenen Teilungsregelungen trifft oder wenn Teilungsregelungen des Versorgungsträgers bestehen, darin enthaltene Verstöße gegen den Grundsatz der gleichwertigen Teilhabe der Ehegatten aber zu gravierend sind, um ihnen mit Maßgaben zu begegnen, gelten gem II für das Anrecht des Ausgleichsberechtigten die gleichen Bestimmungen wie für das dem Ausgleichspflichtigen verbleibende Anrecht. Dies hat das Gericht klarzustellen (BGH FamRZ 15, 1869 Rz 25; 22, 349 Rz 19; vgl Rn 17).
II. Erwerb eines eigenständigen und entsprechend gesicherten Anrechts (Abs 1 S 2 Nr 1).
Rn 4
I S 2 Nr 1 verlangt, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte im Wege der internen Teilung ein eigenständiges Anrecht erhält. Es muss ein eigenes Versorgungsrechtsverhältnis zwischen dem Ausgleichsberechtigten und dem Versorgungsträger begründet werden, das von dem zwischen dem Versorgungsträger und dem ausgleichspflichtigen Ehegatten bestehenden Rechtsverhältnis unabhängig ist. Der Ausgleichsberechtigte muss einen selbständigen Anspruch gegen den Versorgungsträger erlangen, der vom weiteren Versorgungsschicksal des Ausgleichspflichtigen nicht mehr beeinflusst werden kann (BTDrs 16/10144, 56). Ein späteres Ausscheiden des Verpflichteten aus dem Versorgungssystem darf daher zB keine Konsequenzen für den Berechtigten mehr haben. Eine bloße Abtretung von Ansprüchen reicht nicht aus, weil die so erworbenen Ansprüche mit dem Tod des Ausgleichspflichtigen untergehen (BGH FamRZ 85, 799, 800). Bei privaten Lebensversicherungsverträgen und bei Direktversicherungen der betrAV ist es erforderlich, dass der Ausgleichsberechtigte selbst versicherte Person wird (BTDrs 16/10144, 56). Für betriebliche Versorgungsanrechte gewährleistet § 12, dass der Ausgleichsberechtigte eine eigenständige Rechtsposition erhält.
Rn 5
Das übertragene Anrecht muss außerdem in vergleichbarer Weise gesichert sein wie das dem Ausgleichspflichtigen verbleibende Anrecht. Bei den meisten Versorgungssystemen gibt es Sicherungsmechanismen, die für das übertragene Anrecht dieselbe Sicherheit gewährleisten wie für das auszugleichende Anrecht. Für betriebliche Versorgungsanrechte gilt zB die Insolvenzsicherung über den Pensions-Sicherungs-Verein nach § 7 ff BetrAVG, bei privaten Versorgungen wirken die Bestimmungen des Versicherungsaufsichtsrechts für alle Versicherungsnehmer. Für eine Versorgung, die einer Person mit unternehmerähnlicher Stellung (zB einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer) zugesagt worden ist, kann eine Rückdeckungsversicherung bestehen, an der zur Insolvenzsicherung ein Pfandrecht eingeräumt worden ist. Erwirbt die ausgleichsberechtigte Person die Sicherheit nicht schon kraft Gesetzes oder aufgrund der Teilungsbestimmungen des Versorgungsträg...