I. Allgemeines.
Rn 9
§ 45 I enthält für die Bewertung betrieblicher Versorgungsanwartschaften besondere Vorschriften, die sich so weit wie möglich an die Bestimmungen des Betriebsrentenrechts anlehnen. Damit wird zum einen gewährleistet, dass künftige Änderungen des in ständiger Entwicklung befindlichen Betriebsrentenrechts auch bei der Wertermittlung im VA nachvollzogen werden können. Zum anderen können die beteiligten Versorgungsträger mit Bewertungsvorschriften arbeiten, die ihnen aus dem jeweiligen betrieblichen Versorgungssystem geläufig sind (BTDrs 16/10144, 82). I 1 gibt den Versorgungsträgern ein Wahlrecht, den Ehezeitanteil (und den Ausgleichswert) als Rentenbetrag nach § 2 BetrAVG oder als Kapitalwert nach § 4 V BetrAVG anzugeben. Dieses Wahlrecht hinsichtlich der Bezugsgröße (iSv § 5 I) gilt auch für bereits laufende Versorgungen, obwohl diese nach § 41 iVm den §§ 39, 40 zu bewerten sind (vgl BGH FamRZ 18, 1574 Rz 8). IdR wird der Kapitalwert nach § 4 V BetrAVG als Bezugsgröße gewählt. Betriebliche Versorgungsträger sind indessen nicht auf die beiden in I 1 genannten Bezugsgrößen beschränkt, sondern können auch eine andere Bezugsgröße – zB Fondsanteile – wählen (BGH FamRZ 14, 1983 Rz 15 ff; 17, 1655 Rz 9 ff). Die gewählte Bezugsgröße bildet auch den Teilungsgegenstand (BGH FamRZ 17, 1655 Rz 9; 18, 1574 Rz 11). Zur Ausübung des Wahlrechts ist derjenige Versorgungsträger berechtigt, der die Auskunft nach § 5 zu erteilen hat (BTDrs 16/10144, 82; BGH FamRZ 14, 1983 Rz 21 ff). Setzt sich eine betrAV aus verschiedenen Bausteinen mit unterschiedlichen wertbildenden Faktoren zusammen, ist jeder Baustein im VA wie ein einzelnes Anrecht gesondert zu bewerten und auszugleichen (BGH FamRZ 16, 1245 Rz 17; 16, 2076 Rz 19).
Rn 10
Gem I 2 ist für die Wertermittlung anzunehmen, dass die Betriebszugehörigkeit des Ausgleichspflichtigen zum Ende der Ehezeit endete. Diese Fiktion dient dazu, den Rentenbetrag oder den Kapitalwert einer Anwartschaft unter Berücksichtigung der jeweiligen Versorgungsordnung zum Ende der Ehezeit als dem nach § 5 II 1 maßgeblichen Bewertungsstichtag zu ermitteln (BTDrs 16/10144, 82). Bei bereits laufenden Renten sind gem § 41 II 2 die Annahmen für die höchstens erreichbare Zeitdauer und für die zu erwartende Versorgung durch die tatsächlichen Werte zu ersetzen (BGH FamRZ 18, 1574 Rz 10). Eine Invaliditätsrente ist – anstelle einer fiktiven Anwartschaft auf Altersrente – in den VA einzubeziehen, wenn sie auch nach Erreichen der Altersgrenze in unveränderter Höhe weitergezahlt werden wird. Unerheblich ist insoweit, ob feststeht, dass die Rente ohne Unterbrechung bis zur Altersgrenze weiterlaufen wird (BGH FamRZ 05, 1461, 1462; 07, 996, 998).
II. Bewertung nach dem Rentenbetrag.
Rn 11
Der Rentenbetrag nach § 2 BetrAVG entspricht der Höhe der unverfallbaren Anwartschaft (vgl dazu § 19 Rn 4 f). Wählt der Versorgungsträger diese Bezugsgröße, muss er auch den Ausgleichswert zwingend als monatlichen Rentenbetrag berechnen. Dieser ist in gleicher Höhe auf Seiten des Ausgleichspflichtigen zu kürzen und auf den Ausgleichsberechtigten zu übertragen. Die Halbteilung von Rentenbeträgen führt zur Bildung unterschiedlich hohen Deckungskapitals und damit zu einer Belastung des Versorgungsträgers, wenn der Ausgleichsberechtigte versicherungsmathematisch eine ungünstigere Risikostruktur als der Verpflichtete aufweist. ›Rentenbetrag‹ iSv I 1 ist somit stets eine für beide Ehegatten – bezogen auf die Ehezeit – gleich hohe Monatsrente, und zwar in Höhe der Hälfte des vom Ausgleichspflichtigen ehezeitlich erworbenen Rentenanrechts, ggf abzgl umgerechneter Teilungskosten (BGH FamRZ 18, 1574 Rz 11f). Der nach § 2 BetrAVG ermittelte monatliche Rentenbetrag darf nicht in eine andere als Teilungsgegenstand angenommene Bezugsgröße (zB einen Kapitalwert) umgerechnet werden, die anschließend nach voneinander abweichenden Faktoren in unterschiedlich hohe Rentenbeträge zurückgerechnet wird. Darin unterscheidet sich die Bewertung einer Betriebsrente von derjenigen einer Rente aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes (BGH aaO Rz 13; vgl Rn 28 f). Eine Teilung auf Kapitalbasis darf auch nicht in der Form vorgenommen werden, dass – zur Erzielung gleich hoher Renten bei beiden Ehegatten – das ehezeitliche Kapital aufgrund verschiedener biometrischer Faktoren ungleich auf beide Ehegatten verteilt wird (BGH aaO Rz 14f). Teilt der Versorgungsträger einen Rentenbetrag mit, muss er auch einen KoKa angeben.
III. Bewertung nach dem Kapitalwert.
Rn 12
Der Kapitalwert nach § 4 V BetrAVG ist der Wert des Anrechts, der bei einem Arbeitsplatzwechsel vom bisherigen auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden kann. Dem entspricht beim VA der Transfer des Anrechts – in Höhe des Ausgleichswerts, dh der Hälfte des Ehezeitanteils (§ 1 II 2) – vom ausgleichspflichtigen auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten. Im Arbeitsrecht kommt es darauf an, den Kapitalwert der Anwartschaft, den ein Arbeitnehmer bei seinem bisherigen Arbeitgeber erworben hat und der zum neuen Arbeitgeber transferiert werden soll, möglichst genau abzubilden...