I. Antragstellung.
Rn 3
Gem I erfolgt eine Anpassung der auf dem VA beruhenden Versorgungskürzung nur auf Antrag. Dieser ist zur Verfahrenseinleitung erforderlich und an den Versorgungsträger zu richten, bei dem der ausgleichspflichtige Ehegatte das aufgrund des VA gekürzte Anrecht erworben hat. Ein Sachantrag braucht nicht gestellt zu werden (vgl § 33 Rn 3). Zur Antragsberechtigung vgl § 36 II.
II. Invaliditäts- oder vorgezogene Altersversorgung des Ausgleichspflichtigen.
Rn 4
Der ausgleichspflichtige Ehegatte muss bereits Leistungen aus einer Versorgung iSd § 32 erhalten, die wegen Invalidität oder wegen Erreichens einer besonderen Altersgrenze gezahlt werden (I). Zum Begriff der Invaliditätsversorgung vgl § 2 Rn 12. Anpassungsfähig sind ferner Altersversorgungen, die bereits vor Erreichen der für das Versorgungssystem geltenden Regelaltersgrenze bezogen werden, weil besondere persönliche Voraussetzungen erfüllt sind. Es kommt nicht darauf an, ob für den Personenkreis, dem der Ausgleichspflichtige angehört, eine ›besondere‹ Altersgrenze gilt. Vielmehr werden auch Renten erfasst, die auf einer Altersteilzeitregelung beruhen (MüKoBGB/Ackermann-Sprenger § 35 Rz 11; aA BGH FamRZ 13, 690 Rz 21 [jedoch offengelassen von BGH FamRZ 20, 169 Rz 22]; Borth Kap 8 Rz 54), sowie Renten und Pensionen, die auf Antrag nach Erreichen einer vorgezogenen Altersgrenze (unter Inkaufnahme eines Versorgungsabschlags) in Anspruch genommen werden. Auch in diesen Fällen einer besonderen ‹Antragsaltersgrenze› kann eine ‹Asymmetrie› zwischen dem Beginn der Leistungen bestehen, die der Ausgleichspflichtige aus der selbst erworbenen Versorgung und dem aufgrund des VA vom anderen Ehegatten erhaltenen Anrecht zu erwarten hat. Selbst bei einem Rentenbezug ab der Regelaltersgrenze kann § 35 zur Anwendung kommen, wenn in dem Versorgungssystem des anderen Ehegatten eine höhere Regelaltersgrenze gilt. Dieser Fall ist gleichgelagert, aber vom Gesetzgeber offenbar übersehen worden, sodass eine entspr Anwendung des § 35 geboten erscheint (Erman/Norpoth/Sasse § 35 Rz 2). Die laufende Versorgung des Ausgleichspflichtigen muss aufgrund des VA gekürzt worden sein. Die Kürzung kann durch eine Entscheidung nach früherem Recht über den öffentlich-rechtlichen VA oder nach neuem Recht über den Wertausgleich bei der Scheidung ausgelöst worden sein, aber auch durch eine Abänderungsentscheidung, mit der ein Anrecht erstmals intern oder extern geteilt worden ist.
III. Kein Leistungsbezug des Ausgleichspflichtigen aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht.
Rn 5
Gem I darf der Ausgleichspflichtige auch noch keine Leistungen aus einem im VA (vom anderen Ehegatten) erworbenen Anrecht beziehen können. Es geht dabei nur um Anrechte iSd § 32, die der Ausgleichspflichtige durch eine rechtsgestaltende Entscheidung wirksam erworben hat. An einem solchen Erwerb fehlt es, wenn ein Anrecht im Wertausgleich bei der Scheidung als nicht ausgleichsreif behandelt und dem Ausgleichspflichtigen (nur) der schuldrechtliche VA vorbehalten geblieben ist (Erman/Norpoth/Sasse § 35 Rz 3; MüKoBGB/Ackermann/Sprenger § 35 Rz 7; aA VerwG Aachen FamRZ 12, 1727 mit abl Anm Hoppenz FamRZ 13, 135). Der Ausgleichspflichtige hat ein Anrecht auch dann nicht ›erworben‹, wenn dieses in einer (nach früherem Recht ergangenen) Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen VA iRd Gesamtsaldierung aller Anrechte aufseiten des anderen Ehegatten verrechnet worden war (VGH Baden-Württemberg 26.10.17 – 9 S 1554/15, juris Rz 38f). Nicht entscheidend ist, ob der Ausgleichspflichtige bereits Versorgungsleistungen bezieht, sondern ob die materiellen Voraussetzungen für den Bezug einer Versorgung erfüllt sind.