Rn 5
Der Abfindungsanspruch ist gem II an die Voraussetzung geknüpft, dass die Zahlung dem ausgleichspflichtigen Ehegatten (wirtschaftlich) zumutbar ist. Bei dieser Prüfung ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Einerseits soll eine zu weitgehende Belastung des Ausgleichspflichtigen vermieden, andererseits aber dem Ausgleichsberechtigten möglichst eine eigenständige Versorgung verschafft werden (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 25). Eine Abfindung ist umso weniger zumutbar, wenn der Ausgleichsberechtigte über den Tod des Ausgleichspflichtigen hinaus durch einen Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung nach § 25 gesichert ist (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 27). Andererseits schließt die Möglichkeit einer Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung eine Abfindung auch nicht aus, sofern die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten entspr günstig sind (Karlsr FamRZ 04, 1972). Das Interesse des Ausgleichsberechtigten an einer Abfindung fällt insb dann ins Gewicht, wenn er im Falle des Vorversterbens des Ausgleichspflichtigen nicht über § 25 an der Hinterbliebenenversorgung teilhaben kann. Das ist zB bei ausländischen Anrechten der Fall, denn hier hat der Berechtigte nur einen Anspruch nach § 26 I gegen die Witwe bzw den Witwer des Ausgleichspflichtigen, soweit der Versorgungsträger eine Hinterbliebenenversorgung leistet (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 27). Die Abfindung eines ausländischen Anrechts kann unzumutbar sein, wenn dieses im Ausland dinglich geteilt werden kann (vgl Rn 3). Bestehen Zweifel, ob ein Antrag auf Teilung des ausländischen Anrechts Erfolg haben wird, kann das auf Zahlung der Abfindung gerichtete deutsche Verfahren gem § 221 II und III FamFG ausgesetzt werden (Karlsr FamRZ 17, 1125; 17, 1666).
Rn 6
Grds kann dem Ausgleichspflichtigen auch zugemutet werden, seinen Vermögensstamm anzugreifen. Das gilt insb, wenn ausreichendes Kapital, etwa in Form von wirtschaftlich angemessen verwertbarem Wertpapiervermögen oder Beteiligungen vorhanden ist, das weder zur Absicherung der eigenen angemessenen Alterssicherung bestimmt ist noch dem Erwerb einer Immobilie zu Wohnzwecken dienen soll. Besteht dagegen das Vermögen im Wesentlichen aus dem (Mit-)Eigentum an einem Haus, das der Verpflichtete während seines Erwerbslebens abgezahlt hat und das ihm und seiner Familie zu Wohnzwecken dient, ist ihm nicht ohne Weiteres zuzumuten, dieses zu verwerten und den Erlös für eine Abfindung einzusetzen. Ferner kommt es auf das Alter des Verpflichteten und darauf an, ob er noch in der Lage ist, den Vermögensverlust wieder auszugleichen. Von Bedeutung ist auch, ob er noch iR eines Zugewinnausgleichs in Anspruch genommen wird oder mit sonstigen hohen Scheidungsfolgekosten zu rechnen hat. Jedenfalls muss ihm ein angemessener Schonbetrag belassen werden. Auch die laufenden Einkünfte des Ausgleichspflichtigen können für die Leistung einer Abfindung in Anspruch genommen werden, va iR einer Ratenzahlung, wenn die Zahlung eines Einmalbetrags unzumutbar ist. Es muss jedoch der eigene angemessene Unterhalt des Ausgleichspflichtigen und der ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Personen gesichert bleiben (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 27–30). Die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Abfindung ist idR nicht zumutbar (Kobl FamRZ 09, 119; Erman/Norpoth/Sasse § 23 Rz 4; aA Zweibr FamRZ 07, 1178; Brandbg FamRZ 13, 1039, 1041). Die Anordnung einer Ratenzahlung stellt zudem bereits eine Kreditierung der Abfindung bis auf das wirtschaftlich zumutbare Maß an laufenden Belastungen dar. Diese vom Gesetz vorgesehene Form der Ratenzahlung geht der Kreditfinanzierung durch Darlehensaufnahme jedenfalls vor (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 33).
Rn 7
Da die Zumutbarkeit der Zahlung einer Abfindung maßgeblich von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Ausgleichspflichtigen abhängt, muss das Gericht diese vAw aufklären (§ 26 FamFG), etwa indem es diesen zu Auskünften und Vorlage von Belegen auffordert (§ 220 FamFG). Das Gericht muss aber nur Ermittlungen im Hinblick auf solche Tatsachen anstellen, die die Beteiligten vorgebracht haben. Es darf deshalb zB auf in einem anderen Verfahren getroffene Feststellungen zurückgreifen, ohne von sich aus aufklären zu müssen, ob sich die Einkommens- oder Vermögenslage des Ausgleichspflichtigen seitdem verbessert hat (BGH FamRZ 16, 1576 Rz 34). Verweigert der Ausgleichspflichtige jegliche Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, kann das Gericht im Zweifel davon ausgehen, dass ihm die Zahlung der Abfindung zuzumuten ist (Frankf FamRZ 20, 1552, 1555).