I. Ausgleichswert (Abs 1 S 1).
Rn 11
Gem § 20 I 1 steht dem Ausgleichsberechtigten ein Anspruch auf eine schuldrechtliche Ausgleichsrente zu, deren Höhe sich grds nach dem Ausgleichswert des schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts richtet. Dieser bemisst sich aber nicht – wie beim Wertausgleich bei der Scheidung – in der für das Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße, sondern nach dem Betrag der auszugleichenden Rente (§ 5 IV 1). Auszugehen ist vom Bruttobetrag der auszugleichenden Versorgung (BGH FamRZ 16, 442 Rz 15). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung sind auch im schuldrechtlichen VA grds die Verhältnisse am Ende der Ehezeit, § 5 II 1 (BGH FamRZ 16, 442 Rz 16). Ebenso wie im Wertausgleich bei der Scheidung sind aber rechtliche und tatsächliche Veränderungen, die auf den Ehezeitanteil zurückwirken, zu berücksichtigen (§ 5 II 2). Gem § 5 IV 2 sind darüber hinaus im schuldrechtlichen VA auch die allgemeinen Wertanpassungen zu berücksichtigen, an denen das auszugleichende Anrecht seit Ende der Ehezeit teilgenommen hat (BGH FamRZ 23, 1279 Rz 21). Dazu gehören diejenigen Veränderungen, die sich infolge der geänderten wirtschaftlichen Lage aufgrund (regelmäßiger) Anpassung des Anrechts an die Lohn- oder Verbraucherpreisentwicklung ergeben und an denen alle Versorgungsberechtigten teilnehmen (BGH FamRZ 08, 1512 Rz 13; 16, 442 Rz 17 f; 31.1.24 – XII ZB 343/23, Rz 15). Der Ausgleichswert ist daher auf den Zeitpunkt des Beginns der Ausgleichsrente zu aktualisieren. Damit partizipiert der Ausgleichsberechtigte grds hälftig an dem Ehezeitanteil der vom Ausgleichspflichtigen tatsächlich bezogenen Versorgung, auch wenn eine Altersrente wegen vorgezogener Inanspruchnahme um einen Abschlag gekürzt oder wenn sie wegen hinausgeschobener Inanspruchnahme um einen Zuschlag erhöht wird (BGH FamRZ 23, 1279 Rz 22 ff). Unberücksichtigt bleiben beim schuldrechtlichen VA nur solche nachehezeitlichen Veränderungen, die auf neu hinzugetretenen individuellen Umständen beruhen, die keinen Bezug zur Ehezeit haben, wie zB einem späteren beruflichen Aufstieg des Versicherten oder einem zusätzlichen persönlichen Einsatz (BGH FamRZ 16, 442 Rz 19; 23, 1279 Rz 27). Liegen solche Veränderungen vor, muss (fiktiv) die Versorgung berechnet werden, die sich aktuell unter Zugrundelegung der bei Ehezeitende maßgebenden persönlichen Bemessungsgrundlagen ergäbe (BGH FamRZ 09, 1309 Rz 18; 18, 894 Rz 18). Unerheblich ist im schuldrechtlichen VA, inwieweit die bereits laufende Rente des Ausgleichspflichtigen zu einem ›Wertverzehr‹, dh zu einer Verminderung des Deckungskapitals der auszugleichenden Versorgung, geführt hat. Denn der Anspruch auf Ausgleichsrente besteht seiner Natur nach ohnehin nur so lange, wie der Ausgleichspflichtige die dem schuldrechtlichen Ausgleich unterfallende Rente bezieht.
Rn 12
Der Ehezeitanteil ist, da es im schuldrechtlichen VA stets um die Bewertung einer laufenden Versorgung geht, nach § 41 zu ermitteln. Ist der Ehezeitanteil nach der unmittelbaren Bewertungsmethode (§ 39) zu berechnen, wie zB bei der GRV oder der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, ist nur der Teil der Rente maßgebend, der sich aus der auf die Ehezeit entfallenden Bezugsgröße ergibt (§ 41 I). Ist die zeitratierliche Bewertungsmethode (§ 40) anzuwenden, so ist dem Zeit-Zeit-Verhältnis nach § 40 II 3 die bis zum Versorgungsbeginn tatsächlich erreichte Dienst- oder Beschäftigungszeit zugrunde zu legen (§ 41 II 2). Zu beachten ist auch ein nach Ehezeitende eingetretener vollständiger Verlust eines Versorgungsanrechts. So kann zB ein Anrecht auf betriebliche Altersversorgung, das bei Ehezeitende noch verfallbar war und deshalb dem schuldrechtlichen VA vorbehalten blieb, nicht mehr ausgeglichen werden, wenn es später infolge Ausscheidens aus dem Betrieb vor Eintritt der Unverfallbarkeit erloschen ist. Auch ein durch Beitragserstattung erloschenes Anrecht kann nicht mehr durch eine schuldrechtliche Ausgleichsrente ausgeglichen werden. Bei einem auf Kapitalleistungen gerichteten Anrecht iSd § 2 II Nr 3 Hs 2 kommt in diesem Fall jedoch noch ein Anspruch nach § 22 in Betracht, nicht aber bei einem nach Ehezeitende kapitalisierten Anrecht aus einer nicht zertifizierten Rentenversicherung (s § 2 Rn 15).
II. Öffentlich-rechtlicher Teilausgleich.
Rn 13
Ist ein dem schuldrechtlichen VA unterliegendes Versorgungsanrecht nach früherem Recht tw öffentlich-rechtlich ausgeglichen worden, so ist dieser Teilausgleich auf den Ausgleichswert des schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts anzurechnen, und zwar vor Abzug der anteiligen Sozialversicherungsbeiträge (vgl Rn 15). Da sich der Ausgleichswert eines schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts nach dem aktuellen Nominalwert richtet, der sich unter Berücksichtigung der seit Ehezeitende erfolgten allgemeinen Wertanpassungen (§ 5 IV 2) ergibt (s Rn 11), muss auch der anzurechnende öffentlich-rechtliche Teilausgleich, der gem § 5 II 1 auf das Ehezeitende zu beziehen ist, aktualisiert werden. Ist der Teilausgleich (zB eines betrieblichen Anrechts) durch erweitertes Splitting gesetzliche...