Rn 4
Gem I (iVm § 1587 BGB) findet der VA zwischen geschiedenen Eheleuten statt. Damit ist ein vorzeitiger Ausgleich schon während des Getrenntlebens – anders als beim Zugewinnausgleich (§§ 1385, 1386 BGB) – ausgeschlossen. Für die Durchführung des VA wird vielmehr ein Scheidungsausspruch vorausgesetzt. Allerdings ist nicht erforderlich, dass die Scheidung bereits rkr ist, wenn der VA durchgeführt wird. Da der öffentlich-rechtliche Wertausgleich nach den §§ 9–19 und der schuldrechtliche Ausgleich einer privaten Invaliditätsversorgung nach § 28 grds vAw im Verbund mit der Scheidung zu regeln sind (§ 137 I, II 1 Nr 1 und 2 FamFG), wird das VA-Verfahren insoweit schon mit Anhängigkeit des Scheidungsantrags eingeleitet und idR zusammen mit dem Scheidungsausspruch in einer Verbundentscheidung (§ 142 I FamFG) abgeschlossen. Die Entscheidung über den VA kann jedoch nicht vor Rechtskraft der Scheidung wirksam werden (§ 148 FamFG). Die Vorschriften über den VA sind auch bei Scheidungen von Ehen anwendbar, die Personen gleichen Geschlechts nach dem 30.9.17 geschlossen haben (Gesetz v 20.7.17, BGBl I, 2787, in Kraft getreten am 1.10.17). Bei Scheidung der in eine Ehe umgewandelten Lebenspartnerschaft findet jedenfalls dann ein VA statt, wenn er auch bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft hätte stattfinden müssen. Ist eine Ehe im Ausland nach deutschem Recht geschieden worden, sodass ein VA hätte durchgeführt werden müssen, ist dieser – soweit nach § 107 I FamFG erforderlich, nach Anerkennung des ausländischen Scheidungsausspruchs (Frankf NJW-RR 20, 774) – in einem (selbstständigen) inländischen Verfahren nachzuholen (BGH FamRZ 06, 321, 322). Das Verfahren ist in diesem Fall vAw einzuleiten, sobald das FamG von der Scheidung Kenntnis erlangt. In welchem Güterstand die Ehegatten gelebt haben, ist für die Durchführung des VA unerheblich. Er findet daher auch dann statt, wenn die Ehegatten Gütertrennung, aber nicht ausdrücklich auch einen Ausschluss des VA vertraglich vereinbart haben.
Rn 5
Der VA ist grds auch dann durchzuführen, wenn geschiedene Ehegatten (nach Abtrennung der VA-Folgesache aus dem Verbund) erneut die Ehe miteinander geschlossen haben (BGH FamRZ 83, 461, 462). Damit sollen den Ehegatten für den Fall der erneuten Scheidung die (dann für die eigene Versorgung möglicherweise dringend benötigten) Ausgleichsansprüche aus der ersten Ehe gesichert werden. Solange der VA in Bezug auf die erste Ehe nicht wirksam durchgeführt worden ist, können die Ehegatten ihn noch gem § 6 I 2 Nr 2 vertraglich ausschließen. Wird dann auch ihre zweite Ehe geschieden, kann dadurch aber die Geschäftsgrundlage des Vertrages entfallen, was zur Folge hat, dass der VA nachträglich – ggf in Abänderung der Vereinbarung (§ 227 II FamFG) – durchzuführen ist.
Rn 6
Ob ein VA durchzuführen ist, hängt von dem anzuwendenden Sachrecht ab. Gem Art 17 IV 1 Hs 1 EGBGB unterliegt der VA grds dem nach der Rom III-VO auf die Scheidung anzuwendenden Recht. Danach wird, wenn die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen haben, primär an das Recht des Staates angeknüpft, in dem die Ehegatten den gewöhnlichen Aufenthalt haben oder in dem sie zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort weiterhin residiert (Art 8 Rom III-VO). Diese Kollisionsnormen finden auch Anwendung, wenn die betroffenen Ehegatten einem Staat außerhalb der EU angehören (Hamm FamRZ 20, 666, 667). Sie werden jedoch aufgrund der Vorbehaltsklausel des Art 19 Rom III-VO durch Art 8 III des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens (v 17.2.29, RGBl II 1930, 1006) verdrängt; danach findet bei Scheidung von Personen mit iranischer Staatsangehörigkeit iranisches Recht Anwendung (Frankf FamRZ 20, 665). Auch wenn Scheidung und VA dem deutschen Recht unterliegen, findet bei Ausländerbeteiligung ein VA nur dann statt, wenn das Recht eines der Staaten, denen die Ehegatten im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags angehören, einen dem deutschen VA vergleichbares Rechtsinstitut kennt (Art 17 IV 1 Hs 2 EGBGB; BTDrs 17/11049, 10; Hamm FamRZ 20, 666, 667). Diese Voraussetzung ist nur in wenigen Rechtsordnungen erfüllt, etwa in den Niederlanden und der Schweiz. Nach der Rspr des BGH muss der Kerngehalt des betreffenden ausländischen Rechtsinstituts grds mit den wesentlichen Strukturmerkmalen des deutschen VA vergleichbar sein (BGH FamRZ 09, 677 Rz 26; 09, 681 Rz 16). Bei einer Scheidung nach ausländischem Recht ist ein VA durchzuführen, wenn ein Ehegatte dies (ausdr) beantragt und (mindestens) ein Ehegatte ein inländisches Anrecht erworben hat (Art 17 IV 2 EGBGB). Der Antrag muss im Verbundverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellt werden. Ist dies nicht geschehen, kann er allerdings später noch in einem selbständigen Verfahren nachgeholt werden (BGH FamRZ 07, 996 Rz 29). Im Fall einer Auslandsscheidung ist der Antrag erst zulässig, wenn der ausländische Scheidungsausspruch rkr geworden und in Deutschland anzuerkennen ist (...