Rn 3
IRd Inhalts-(Wirksamkeits-)Kontrolle ist der Vertrag auf Gesetz- oder Sittenwidrigkeit zu prüfen. Gesetzwidrig sind Vereinbarungen, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen (§ 134 BGB) oder die den verbindlichen und zulässigen Bestimmungen einer für den Ausgleich maßgebenden Satzung oder sonstigen Versorgungsregelung widersprechen. In diesem Zusammenhang ist insb § 8 II von Bedeutung, der Vereinbarungen zu Lasten der Versorgungsträger untersagt (vgl Rn 7). Das Verdikt der Sittenwidrigkeit (§ 138 I BGB) kommt idR nur in Betracht, wenn Regelungen aus dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts ganz oder zu erheblichen Teilen abbedungen werden. Zu diesem Kernbereich gehört auch der VA, der als vorweggenommener Altersunterhalt auf derselben Stufe wie der Unterhaltsanspruch nach § 1571 BGB steht und nur in begrenztem Umfang vertraglich abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen gestaltet werden darf (BGH FamRZ 04, 601, 605; 20, 1347 Rz 18). Die Prüfung auf Sittenwidrigkeit erfordert eine Gesamtwürdigung, die in objektiver Hinsicht die Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Vereinbarung sowie den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe und in subjektiver Hinsicht die von den Ehegatten mit der Vereinbarung verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe berücksichtigt, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden vertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen (BGH FamRZ 05, 26, 27; 20, 1347 Rz 28). Der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen darf nicht durch vertragliche Vereinbarungen unterlaufen werden, die eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung zur Folge hätten. Ein unausgewogener Vertragsinhalt begründet allerdings für sich genommen noch keine tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit. Vielmehr müssen zusätzlich außerhalb der Vertragsurkunde Umstände zu erkennen sein, die für eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz des begünstigten Ehegatten sprechen und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegeln, zB die Ausnutzung einer Zwangslage, eine soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit oder intellektuelle Unterlegenheit des benachteiligten Ehegatten (BGH FamRZ 18, 577 Rz 19; 20, 1347 Rz 29). Andererseits müssen selbst im Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht alle Anrechte strikt hälftig geteilt werden. Deshalb ist es grds hinzunehmen, wenn die Ehegatten keinen VA nach den gesetzlichen Vorschriften wünschen und dies unter den gegebenen Verhältnissen mit dem Grundgedanken des VA vereinbar ist. Vereinbarungen sind nicht als sittenwidrig anzusehen, wenn bei Vertragsschluss beide Ehegatten davon ausgehen konnten, für den Fall des Alters oder der Invalidität nicht auf die Durchführung eines VA in der gesetzlich vorgesehenen Form angewiesen zu sein, zB, weil sie eine Doppelverdienerehe ohne Kinder planten und erwarteten, durch eigene Erwerbstätigkeit oder eigenes Vermögen hinreichend Vorsorge treffen zu können (BGH FamRZ 14, 629 Rz 28; 20, 1347 Rz 24). Enthält der zu beurteilende Vertrag Regelungen zu verschiedenen Scheidungsfolgen, so ist eine Gesamtschau erforderlich. Die Nichtigkeit schon einer einzigen Vertragsklausel hat allerdings gem § 139 BGB im Zweifel Rechtsfolgen für die Gültigkeit des gesamten Vertrags (BGH FamRZ 13, 195 Rz 22). Etwas anderes gilt nur dann, wenn anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne die nichtigen Bestandteile geschlossen worden wäre. Hierfür kann eine Erhaltensklausel (sog salvatorische Klausel) sprechen. Ergibt sich das Verdikt der Sittenwidrigkeit jedoch aus der Gesamtwürdigung eines einseitig belastenden Vertrages, erfasst die Nichtigkeitsfolge notwendig den gesamten Vertrag, ohne dass die Erhaltensklausel hieran etwas zu ändern vermag. Denn in diesem Fall spiegelt sich auch in der Klausel die auf ungleichen Verhandlungspositionen beruhende Störung der Vertragsparität wider. Lassen sich aber ungleiche Verhandlungspositionen nicht feststellen, spricht eine Erhaltensklausel dafür, dass ein teilweise nichtiger Vertrag auch ohne seine unwirksame(n) Bestimmung(en) geschlossen worden wäre (BGH FamRZ 13, 269 Rz 31.