I. Anwendbare Vorschriften.
Rn 2
Für das Verhältnis der WEigtümer als solcher gilt primär das WEG, subsidiär die indes fast vollständig verdrängten §§ 741 ff, 1008 ff BGB (Vor §§ 1008 bis 1011 BGB Rn 1).
II. Vereinbarungen (§ 10 I 2).
1. Allgemeines.
a) Überblick.
Rn 3
Das Recht lässt den WEigtümern bei der Ordnung ihres Gemeinschaftsverhältnisses als Teilhaber des gemE (§§ 741 BGB ff) durch Vereinbarung bewusst weitgehend ›freie Hand‹ (BGH ZMR 22, 232 Rz 26; 18, 833 Rz 16; NJW 15, 3371 Rz 13; ZMR 13, 290 Rz 9). § 10 I 2 stellt diese Privatautonomie deklaratorisch fest. Soweit das Gesetz dispositiv ist, können die WEigtümer daher durch Vereinbarung für ihr Verhältnis – nicht für den sachenrechtlichen Inhalt von Teilungsvertrag/Teilungserklärung (BGH ZMR 19, 518 Rz 11, ZMR 13, 730 = NJW 13, 1962 Rz 9; ZMR 12, 793 Rz 8; NJW 12, 677 Rz 12) – nach § 10 I 2 etwas anderes bestimmen (BGH ZMR 11, 397 Rz 7). Diese Gestaltungsfreiheit gilt auch dann, wenn der teilende Eigentümer Regelungen vorgibt (BGH ZMR 15, 876 Rz 13).
b) Schranken.
Rn 4
Schranken ergeben sich, soweit das WEG zwingend ist (§§ 9 I 3, 17 III, 26 V), aus den Grenzen der Privatautonomie nach §§ 134, 138 BGB (BGH ZMR 22, 570 Rz 32; ZMR 21, 405 Rz 18; ZMR 11, 397 = NJW 11, 679; NJW 1987, 650), aus dem Öffentlichen Recht (Vor §§ 1–49 Rn 32) sowie ggf aus den ›Strukturprinzipien des WEG‹ (Frankf ZWE 15, 263: keine allumfassende Vollmacht des Verw). VGw (zT tw) zwingend sind: §§ 9a I 3, 11 I 3, 17 III, 26 V. Nach ihrer Stellung (zT tw) zwingend sind: §§ 1 bis 9a I, II, 18 I, 43 ff.
Rn 5
Darüber hinaus unterliegen von dem teilenden Eigentümer einseitig vorgegebene Bestimmungen nach hM einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB (BGH ZMR 21, 405 Rz 21; Rn 28). §§ 305 ff BGB sind grds nicht anwendbar (BGH ZMR 21, 405 Rz 21 ff). Etwas anderes gilt, wenn die Gemeinschaftsordnung vorschreibt, dass die WEigtümer als Verbraucher bestimmte Verträge mit Dritten abschließen müssen (BGH ZMR 21, 405 Rz 32).
2. Gegenstand.
a) Überblick.
Rn 6
Gegenstand einer Vereinbarung iSv § 10 I 2 ist jedenfalls eine Bestimmung der WEigtümer für ihr Verhältnis untereinander, zB zur Benutzung (Rn 8) oder zur Verwaltung (§ 19 I). Die Anordnungen der §§ 3 und 8 (Größe der Miteigentumsanteile, Gegenstand und Grenzen von SonderE und gemE) können kein Gegenstand nach § 10 I 2 sein (§ 8 Rn 8). Str ist, ob auch eine Vereinbarung zu einem anderen Gegenstand, zB zur Abnahme des gemE ggü dem Bauträger, noch Vereinbarung iSv § 10 I 2 ist. Dies ist zu bejahen (zur Einziehung und Abführung des Erbbauzinses München NZM 16, 554; aA für die Abnahme BGH ZMR 16, 711 Rz 33). Es ist nicht erkennbar, dass die WEigtümer solche Vereinbarungen nicht schließen können und dass diese nicht eintragungsfähig sind. Eingetragen werden kann ferner eine Regelung, wonach jeder WEigtümer einen Betreuungsvertrag abschließen muss (BGH ZMR 19, 355 Rz 25; NJW 07, 213 Rz 15).
Rn 7
Wiederholt eine Vereinbarung ganz oder tw das WEG, ist auszulegen, ob diese Bestimmung dynamischer Hinweis auf die jeweilige gesetzliche Regelung ist oder Gegenstand einer selbständigen Vereinbarung (Frankf OLGZ 83, 180; BayObLG ZMR 72, 313). Wenn sogar ein rein deklaratorischer Beschl nicht überflüssig ist und ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (vgl BGH NJW-RR 23, 226 Rz 33; ZMR 23, 55 Rz 15; 17, 256 Rz 16; NJW 10, 933 Rz 13), kann dies auch für Vereinbarungen angenommen werden.
b) Benutzungsvereinbarungen (Zweckbestimmungen ieS).
aa) Überblick.
Rn 8
Die WEigtümer können zum gemE und/oder zum SonderE nicht nur Zweckbestimmungen iwS (§ 1 Rn 4 ff), sondern zum gemE und/oder zum SonderE – idR zur Konkretisierung von § 1 III – beliebige, bloß schuldrechtliche Benutzungsvereinbarungen treffen (Zweckbestimmungen ieS). Die hM spricht von ›Zweckbestimmungen mit Vereinbarungscharakter‹. Die Benutzungsvereinbarungen müssen – wie jede Vereinbarung – eindeutig sein (BGH ZMR 19, 425 Rz 19; 19, 518 Rz 8). Findet sich eine Benutzungsvereinbarung zB in der Teilungserklärung, wurde nach hM ggf nur beschreibend auf den zur Zeit der Aufteilung ausgeübten Gebrauch Bezug genommen (BGH NJW-RR 21, 1239 Rz 29; ZMR 19, 425 Rz 20; NJW 18, 41 Rz 29). Andererseits soll bei ›nächstliegender Auslegung‹ schon die Bezeichnung eines Raums im Teilungsvertrag oder der Teilungserklärung, zB als Keller- oder Ladenraum oder als ›Abstell-, Wasch- und Trockenräume‹, als eine Benutzungsvereinbarung zu verstehen sein können (BGH ZMR 19, 518 Rz 8 und Rz 9).
Rn 9
Bsp: Gebrauch iS betreuten Wohnens (BGH NJW 07, 213 Rz 15), Arztpraxis (Stuttg ZMR 87, 60), Begegnungsstätte (Hamm ZMR 06, 149, 150), Boarding-Haus (Saarb ZMR 06, 554, 555), Büro (BGH ZMR 18, 529 Rz 12), Büroetage (LG Bochum ZMR 18, 850, 851), Café (Hambg ZMR 98, 714), Geschäftsraum (BayObLG MDR 82, 496), Gewerbe (LG Karlsruhe ZWE 11, 99), gewerbliche Einheit oder gewerbliche Nutzung (Hamm ZMR 06, 149; Ddorf ZMR 04, 448, 450), Kontakt- und Informationsstelle (Zweibr ZMR 06, 76), Laden (BGH ZMR 20, 202 Rz 15; 18, 529 Rz 12), Praxis (BGH ZMR 18, 529 Rz 12), Restaurant (LG München I ZWE 11, 275), Sauna (BayObLG ZMR 00, 689, 690; ZMR 94, 423), Zahnklinik (Ddorf ZMR 04, 449).
bb) Charakter der WE-Anlage/örtliche Verhältnisse.
Rn 10
Im ›Charakter‹ einer WE-Anlage und den prägenden örtlichen Ve...