I. Baumaßnahmen für einen barrierefreien/barrierereduzierten Zugang (Nr 1).
1. Überblick.
Rn 17
Jeder WEigtümer kann nach § 20 II 1 Nr 1 angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen. § 20 II 1 Nr 1 bezieht sich sowohl auf das gemE, das sich im Bereich der Wohnung eines WEigtümers befindet, als auch auf das übrige gemE (BRDrs 168/20, 69). Vom Begriff ›WEigtümer‹ erfasst sind auch Dritte, also die Personen, die dem Hausstand oder Geschäftsbetrieb des WEigtümers angehören. Zum WEigtümer gehört seine aktuelle Familie (eine durch Partnerschaft, Heirat oder Abstammung begründete Lebensgemeinschaft). Zur Familie zählen vor allem Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, Enkel, die Eltern, Großeltern, Geschwister, Nichten und Neffen; §§ 383 ZPO, 52 StPO gelten entspr. Angehöriger ist, wer mit dem WEigtümer das Wohnungs- oder Teileigentum auf Dauer mitgebraucht. Nach § 554 I 1 BGB kann der Mieter eines WEigtümers von diesem unter den Voraussetzungen der §§ 535, 241 I BGB verlangen, dass er im Verhältnis zu den anderen WEigtümern eine bauliche Veränderung nach § 20 II 1 Nr 1 durchsetzt.
Rn 18
Menschen mit Behinderungen sind entspr § 2 I 1 SGB IX Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate hindern können.
Rn 19
Dem Gebrauch dienen alle baulichen Veränderungen, die erforderlich oder auch nur förderlich sind (BGH NZM 24, 241 [BGH 09.02.2024 - V ZR 244/22] Rz 18; BRDrs 168/20, 69). Der Begriff des ›Gebrauchs‹ meint, dass der WEigtümer von der baulichen Veränderung einen Vorteil erfährt. Ob und in welchem Umfang ein WEigtümer auf die bauliche Veränderung angewiesen ist, ist bedeutungslos (BRDrs 168/20, 69).
2. Einzelne Maßnahmen.
Rn 20
Bsp: Aufstellung einer Rollatorenbox, Stromanschluss, Bau einer Rollstuhlrampe im Eingangsbereich (BGH ZWE 17, 224 Rz 22), Einbau eines Schrägliftes im Treppenhaus, der Einbau eines Treppenliftes (BGH ZWE 17, 224 Rz 22) nebst notwendiger neuer Treppenausführung (München NZM 08, 848), Einbau eines Handlaufs (LG Köln MietRB 11, 354), Einbau eines Personenaufzugs (BGH NZM 24, 241 [BGH 09.02.2024 - V ZR 244/22] Rz 12 ff). Keine dienende Maßnahme ist die bloße Gewährung eines Stellplatzes oder die Zurverfügungstellung eines Platzes für eine Unterstellmöglichkeit eines Elektromobils. Hierbei handelt es sich jew nicht um bauliche Veränderungen.
II. Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge (Nr 2).
1. Überblick.
Rn 21
Jeder WEigtümer kann nach § 20 II 1 Nr 2 angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge dienen. Soweit für das Laden keine bauliche Veränderung erforderlich ist, sondern lediglich die Nutzung des bestehenden gemE, ist § 20 II 1 Nr 2 nicht anwendbar (BRDrs 168/20, 69). Nach § 554 I BGB kann der Mieter eines WEigtümers von diesem ggf verlangen, dass er eine bauliche Veränderung nach § 20 II 1 Nr 2 durchsetzt. Eine Lademöglichkeit muss nicht nur für die Entnahme von Elektrizität eingesetzt werden (BRDrs 168/20, 69). Der Anspruch beschränkt sich nicht auf die Ersteinrichtung eines Ladepunktes oder einer Ladestation, sondern betrifft auch deren Verbesserung (BRDrs 168/20, 69), zB durch die Installation eines Lastmanagementsystems oder die Erweiterung der Hausanschlussleistung.
Rn 22
Der Begriff der ›Lademöglichkeit‹ ist autonom zu bestimmen (BRDrs 168/20, 69). Nahe liegt, die ›Lademöglichkeit‹ in Anlehnung an den ›Ladepunkt‹ iSv § 2 Nr 9 GEIG (Rn 28) anzusehen, also als eine Einrichtung, die zum Aufladen elektrisch betriebener Fahrzeuge geeignet und bestimmt ist. In Betracht kommen für Garagenstellplätze zurzeit vor allem die einfache Ladesteckdose (Haushaltssteckdose) und Wallboxen und für den Außenbereich Ladesäulen.
Rn 23
Der Begriff ›elektrisch betriebenes Fahrzeug‹ ist autonom ohne Rückgriff auf das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) zu bilden (BRDrs 168/20, 69). Bsp: Batterieelektrofahrzeug, ein von außen aufladbares Hybridelektrofahrzeug, ein Brennstoffzellenfahrzeug, elektrisch betriebene Zweiräder oder spezielle Elektromobile für Gehbehinderte (BRDrs 168/20, 69).
Rn 24
Dem Laden dienen alle baulichen Veränderungen, die es ermöglichen, die Batterie eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs zu laden (BRDrs 168/20, 69). Dem Laden dient ferner, was zur Umsetzung von Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes oder zur Teilnahme an einem Flexibilitätsmechanismus nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) erforderlich ist (BRDrs 168/20, 70).
Rn 25
Der Anspruch umfasst zum einen die Anbringung eines Ladepunktes oder einer Ladestation an der Wand, zum anderen aber auch die ›Ladeinfrastruktur‹, also die Summe aller elektrotechnischen Verbindungen, Mess-, Steuer- und Regelungseinrichtungen, einschließlich Überstrom- und Überspannungsschutzeinrichtungen, die zur Installation, zum Betrieb und zur Steuerung von Ladepunkten für die Elektromobilität notwendig sind, sowie die ›Leitungsinfrastruktur‹, also die Gesamtheit aller Leitungsführungen zur Aufnahme von elektro- und daten...