I. Sinn und Zweck.
Rn 6
§ 21 II 1 Nr 1 liegt der Gedanke zu Grunde, dass eine bauliche Veränderung, die von einem so großen Teil der WEigtümer befürwortet wird, typischerweise sinnvoll und angemessen ist und deshalb von allen WEigtümern bezahlt werden sollte (BTDrs 19/22634, 44). § 21 II 2 regelt, wem die Nutzungen dieser baulichen Veränderung gebühren.
II. Große Mehrheit (§ 21 II 1 Nr 1).
1. Beschl-Mehrheit.
Rn 7
Damit alle WEigtümer die Kosten zu tragen haben, ist erforderlich, dass mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen ›Ja‹ lauten, wobei Stimmenthaltungen vorbehaltlich abweichender Regelung als Null-Stimmen zu werten sind. Die ›Ja‹-Stimmen müssen mindestens die Hälfte (aber nicht mehr) aller Miteigentumsanteile repräsentieren. Es gilt das Kopfprinzip. Im Einzelfall ist abweichend das vereinbarte Stimmrechtsprinzip anzuwenden. Ein WEigtümer, der Eigentümer mehrerer Wohnungseigentumsrechte ist, ist beim Objektstimmrecht mehrfach stimmberechtigt. Ist in einer Mehrhausanlage vereinbart worden, dass bestimmte Gegenstände nur von einigen WEigtümern zu ordnen sind, ist für die Berechnung des Quorums nur auf diese WEigtümer abzustellen.
2. Keine unverhältnismäßigen Kosten.
Rn 8
Ist die bauliche Veränderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden, scheidet eine Kostentragung der überstimmten Minderheit aus. In diesem Falle ist § 21 III anwendbar. Maßgeblich für die Frage, ob unverhältnismäßige Kosten vorliegen, sind die zu erwartenden Bau- (BTDrs 19/22634, 44), aber auch die zu erwartenden Folgekosten für Gebrauch und Erhaltung (BTDrs 19/22634, 44). Diese Kosten sind in das Verhältnis zu den Vorteilen zu setzen, welche die bauliche Veränderung verspricht (BTDrs 19/22634, 44). Dies verlangt eine wertende Betrachtung (BTDrs 19/22634, 44). Dabei ist ein objektiver, auf die konkrete WE-Anlage bezogener Maßstab anzulegen (BTDrs 19/22634, 44). Entscheidend sind deshalb nicht die Bedürfnisse und finanziellen Mittel des einzelnen überstimmten WEigtümers, sondern die der Gesamtheit der WEigtümer (BTDrs 19/22634, 44). Bei besonders hohen Kosten ist eine Unverhältnismäßigkeit auch dann nicht ausgeschlossen, wenn alle WEigtümer finanziell in der Lage sind, diese Kosten zu tragen (BTDrs 19/22634, 44).
Rn 9
Wie bei § 21 II 1 Nr 2 (Rn 13) kommt es auf die ex-ante-Beurteilung zum Zeitpunkt der Beschl-Fassung an, also auf die zu erwartenden Kosten; die sich erst später zeigenden tatsächlichen Kosten spielen keine Rolle (BTDrs 19/22634, 44 ff). Maßgeblich ist ein objektiver Maßstab nach dem Stand von Wissenschaft und Technik. Die WEigtümer müssen daher für die Beurteilung idR ein Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen erstellen und sich das Vorliegen einer Verhältnismäßigkeit bestätigen lassen.
3. Gestaltung des Abstimmungsverfahrens.
Rn 10
Insb in kleineren Gemeinschaften kann es sinnvoll sein, die Abstimmung in einem Subtraktionsverfahren vorzunehmen. Dabei wird nicht nach den ›Ja‹-Stimmen, sondern nach den ›Nein‹-Stimmen gefragt. So kann jeder WEigtümer, wenn er sieht, dass die Zahl der ›Nein‹-Stimmen ein Drittel übersteigt, das Quorum der ›Ja‹-Stimmen also nicht erreicht werden kann, auch noch mit ›Nein‹ stimmen, um zu vermeiden, dass er sich nach § 21 II 1 oder III 1 an der Finanzierung beteiligen muss. Daneben ist es auch möglich, den Beschl nach § 20 I unter die Bedingung einer entspr Kostentragung zu stellen (BTDrs 19/22634, 45).
III. Amortisation (§ 21 II 1 Nr 2).
Rn 11
›Amortisation‹ meint, dass die Mittel, welche die GdW für die bauliche Veränderung aufgewendet hat, durch Einsparungen gedeckt werden, die auf die bauliche Veränderung zurückzuführen sind. Gemeint sind gebäudebezogene Kosten. Amortisieren müssen sich die Aufwendungen, die andernfalls nicht angefallen wären (Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen sowieso erforderlich gewesen wären, gehören entspr § 559 II Hs 1 BGB also nicht zu den aufgewendeten Kosten). Auch die Gebrauchs-, Verwaltungs- und Erhaltungskosten nach der mangelfreien Durchführung der baulichen Veränderung sind unbeachtlich. Überwiegen die Erhaltungskosten, handelt es sich um eine modernisierende Erhaltung (§ 19 Rn 20).
Rn 12
Das Gesetz schreibt bewusst nicht vor, welcher Zeitraum iSv von § 21 II 1 Nr 2 ›angemessen‹ ist. In den Materialien findet sich der Hinweis, der 10-Jahres-Zeitraum, den die Rspr für die Ordnungsmäßigkeit einer modernisierenden Instandsetzung entwickelt hat, sei ›nicht statisch‹ zu übertragen (BRDrs 168/20, 76). Dem BT-Rechtsausschuss erschien dies zu weitgehend. Der Zeitraum von 10 Jahren, auf den auch die Rspr abstellt (BGH NJW 13, 1439 [BGH 14.12.2012 - V ZR 224/11] Rz 10), ›sollte aber in jedem Fall ein wichtiger Anhaltspunkt sein‹ (BTDrs 19/22634, 43).
Rn 13
Für die Anwendung des § 21 II 1 Nr 2 ist die Beurteilung zum Zeitpunkt der Beschl-Fassung maßgeblich (siehe iE Rn 9).
IV. Vorbehalt.
Rn 14
§ 21 II ist nur vorbehaltlich § 21 I anwendbar. Eine bauliche Veränderung, welche die GdW für einen WEigtümer nach § 20 I, II durchgeführt hat, ist mithin nicht von § 21 II erfasst, auch wenn sie die dort genannten Voraussetzungen erfüllt (BRDrs 168/20, 75).
V. Rechtsfolgen.
1. Kosten (§ 21 II 1).
Rn 15
Sind die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, sind sämtliche Kosten auf alle WEigtümer nach dem Verhältnis...