I. Abberufungsbeschl (§ 26 III 1).
1. Allgemeines.
Rn 31
Über die Abberufung ist gem §§ 19 I, 26 I, III 1 zu beschließen. Eine Abbestellung kann schlüssig in der Bestellung eines anderen gesehen werden (KG ZMR 04, 858, 859; LG Düsseldorf ZMR 11, 898, 899). Der Verw darf nicht – auch nicht als Vertreter anderer – abstimmen (BGH ZMR 02, 935), wenn es um eine Abberufung aus wichtigem Grund geht (LG Saarbrücken ZWE 09, 49), iÜ schon (München ZMR 11, 148). Die Gründe müssen nach der Bestellung entstanden oder bekannt geworden sein (BayObLG ZMR 04, 840; Rn 18). Der Beschl über die Kündigung des Verw-Vertrags kann nicht Abberufung sein (aA KG ZMR 04, 858, 859).
Rn 32
Die Amtsstellung endet mit Zugang der Abberufungserklärung (BGHZ 106, 113, 122; Hamm ZMR 07, 136), die nach hM im Abberufungsbeschl enthalten sein kann (BGHZ 151, 164, 170 = ZMR 02, 766; KG ZMR 04, 858, 859). Dem ist nicht zu folgen, weil der Beschl kein Instrument der Willensäußerung ggü Dritten ist; es reicht aber, wenn dem Abzuberufenden die Feststellung des Beschl-Ergebnisses vom Versammlungsleiter mitgeteilt wird.
2. Abberufungsgründe.
a) Überblick.
Rn 33
Die WEigtümer (zum Gericht Rn 38) können den Verw jederzeit wegen jedes beliebigen Grundes abberufen (§ 26 III), wenn sie das Vertrauen in ihn verloren haben (LG Frankfurt aM WuM 23, 639 [BGH 21.07.2023 - V ZR 215/21]). Ein wichtiger Grund für die Abberufung kann nach § 26 V weder vereinbart noch beschlossen werden.
b) Beispiele.
Rn 34
Bsp für Abberufungsgründe: Beschimpfungen eines WEigtümers (AG Tostedt ZMR 11, 917), Interessenkollisionen (Oldbg ZMR 07, 306), Straftaten des Verw (Köln MietRB 08, 368), keine oder zu späte Einberufung der Versammlung (s.a. § 24 Rn 1), Verstöße gegen den Verw-Vertrag, Nichtwahrnehmung gesetzlicher Pflichten und Aufgaben (Ddorf ZMR 06, 293; Zweibr ZMR 07, 727), Insolvenz (Stuttg OLGZ 77, 43), schlechte Vermögensverhältnisse (Oldbg ZMR 07, 306), eigenmächtige Vertragsabschlüsse (KG ZMR 10, 974), Verstöße gegen die Neutralitätspflicht (dazu Rn 3).
Rn 35
Ein Grund liegt auch dann vor, wenn der Verw die Beschl-Sammlung (§ 24 VII) nicht ordnungsmäßig führt (zum alten Recht LG Hamburg ZMR 14, 310), zB keine Anmerkungen anbringt (§ 24 Rn 28) oder die Zeitpunkte iSv § 24 VII 2 nicht notiert (AG Wiesbaden ZMR 12, 66, 67).
3. Frist.
Rn 36
Die Abberufung muss nicht in einer angemessenen Frist nach Kenntnis eines WEigtümers entschieden werden (aA hM KG GE 09, 1053; Köln ZMR 07, 717, 718; BayObLG NZM 00, 341, 342). § 626 II BGB ist auf die Abberufung als Organisationsakt nicht anwendbar (LG Hamburg ZMR 14, 310). Etwas anderes gilt auch nicht für § 314 III BGB (aA LG Hamburg ZMR 14, 310): die Berufung ist kein Dauerschuldverhältnis.
4. Rechtswirkungen.
a) Überblick.
Rn 37
Mit der Abberufung haben grds sämtliche verwaltungsbezogenen Handlungen zu unterbleiben; es bestehen aber Abwicklungsverpflichtungen (vgl §§ 675, 667 BGB), zB die Herausgabe sämtlicher Unterlagen (BGH ZMR 18, 523 Rz 19). Gegen den Herausgabeanspruch stehen dem Verw keine Zurückbehaltungsrechte zu (München NJW-RR 05, 1327 [OLG Düsseldorf 29.04.2005 - I-3 Wx 56/05]). Im Innenverhältnis bleibt er verpflichtet, in seiner Amtszeit fällig gewordene Abrechnungen zu erstellen (§ 28 Rn 35). Im Außenverhältnis muss er von ihm als Standschafter begonnene Gerichtsverfahren fortführen (BayObLG WuM 99, 189).
b) Verw-Vertrag.
Rn 38
Ein Vertrag mit dem Verw endet nach § 26 III 2 spätestens 6 Monate nach dessen Abberufung (LG Frankfurt aM WuM 23, 639; s.a. BGH ZMR 22, 483 Rz 25). Die Abberufung idS endet nicht mit dem Beschl nach §§ 19 I, 26 I, sondern erst mit dem Ende der Bestellungszeit.
5. Anfechtung.
Rn 39
Jeder WEigtümer, nicht aber der Verw kann den Abberufungsbeschl gerichtlich überprüfen lassen.
II. Gerichtliche Abberufung.
Rn 40
Ein WEigtümer kann nach § 44 I 2 auf Abberufung des Verw klagen (BGH ZMR 22, 483 Rz 22; LG Karlsruhe ZWE 22, 223 Rz 17). Ein Rechtsschutzbedürfnis ist anzunehmen, wenn der Versuch, einen Beschl über die Abberufung herbeizuführen, gescheitert ist oder wenn die vorherige Befassung in der Versammlung in Anbetracht der Mehrheitsverhältnisse nicht zugemutet werden kann (Rostock MietRB 09, 325; AG Saarbrücken ZMR 09, 961).
Rn 41
Den WEigtümern steht – wie stets – bei der Frage, ob ein Abberufungsgrund vorliegt, allerdings ein Ermessen zu (BGH NJW 12, 3175 Rz 8 = ZMR 12, 885; 12, 1884 Rz 9 = ZMR 12, 565; LG Karlsruhe ZWE 22, 223 Rz 17). Die Klage auf Abberufung hat daher nur dann Erfolg, wenn unter Berücksichtigung aller, nicht notw vom Verw verschuldeter Umstände eine Zusammenarbeit unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört bzw von vorneherein nicht zu erwarten ist (= Ermessensreduktion auf null; BGH ZMR 22, 483 Rz 25: wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht vertretbar erscheint; LG Karlsruhe ZWE 22, 223 Rz 17; LG Hamburg ZMR 16, 226; § 18 Rn 9). Die Hürde, einen Verw gerichtlich abberufen zu lassen, ist mithin höher als die Abberufung des Verw durch die Mehrheit (LG Hamburg ZMR 16, 226; 11, 661; LG Köln ZMR 11, 669; Rn 31). Zu fragen ist, ob allein die Abberufung dem Interesse der GdW entspricht. Dazu bedarf es einer umfassenden Würdigung aller Umstände, wobei der Minde...