1. Überblick.
Rn 7
§ 27 I Nr 2 gibt dem Verw für die GdW ein Notgeschäftsführungsrecht und eine entspr Pflicht (s.a. BGH NJW 16, 1310 [BGH 25.09.2015 - V ZR 246/14] Rz 15). Nach – unzutreffender – Ansicht kann ein Notgeschäftsführungsrecht ferner aus §§ 670, 257 BGB folgen (BGH NZM 11, 454 [BGH 18.02.2011 - V ZR 197/10] Rz 26); dieses wird jedenfalls durch § 27 I Nr 2 verdrängt.
2. Abwendung eines Nachteils.
Rn 8
Der Nachteil kann ein rechtlicher oder ein tatsächlicher sein (BRDrs 168/20, 84). Die Nachteile müssen solche sein, die 1. nicht § 27 I Nr 1 unterfallen und 2. wegen ihrer Eilbedürftigkeit es nicht erlauben, eine Versammlung einzuberufen (BRDrs 168/20, 84; s.a. Hamm ZWE 11, 415, 416; BayObLG ZMR 04, 604). Bsp für tatsächliche Nachteile: Ausfall der Heizungsanlage, Brand, Explosion, Gasleck (LG Frankfurt aM ZWE 16, 275), Rohrbruch, Sturm, Überschwemmung, ggf öffentlich-rechtliche Gefahren (s.a. § 26 Rn 58). Bsp für rechtliche Nachteile (s.a. Rn 10): Kündigungs- oder Verjährungs- (Ddorf ZMR 94, 521), Anfechtungs- und/oder vereinbarte Fristen, eine defekte Klingel- und Gegensprechanlage (AG Köningswinter ZWE 22, 374 Rz 21). Eilanträge im Zwangsvollstreckungsrecht oder nach § 80 V VwGO (OVG Lünebg BauR 86, 684).
Rn 9
Entscheidend ist, ob das gemE gefährdet wäre, wenn nicht umgehend gehandelt würde (BayObLG ZMR 97, 325). § 27 I Nr 2 deckt grds nur solche Maßnahmen, die eine Gefahrenlage für das gemE beseitigen, nicht aber solche, die der dauernden Behebung der Schadensursache dienen (BGH NZM 11, 454 [BGH 18.02.2011 - V ZR 197/10] Rz 27; LG München I ZWE 11, 42).
3. Wahrung einer Frist.
Rn 10
Der Ablauf einer Frist ist immer ein rechtlicher Nachteil, den es abzuwenden gilt. Die Frist ist nur deshalb in § 27 I Nr 2 genannt, weil es sich um den praktisch häufigsten Fall handelt, in dem ein Rechtsnachteil (Rn 8) verhindert werden soll (BRDrs 168/20, 84). Dass diese Voraussetzung etwa bei einem Grundbuchberichtigungsanspruch vorliegen könnte, ist idR nicht vorstellbar (aA zum alten Recht Karlsr Justiz 73, 307). Entspr gilt aber auch für ein Verfahren nach §§ 485 ff ZPO (aA BGH NJW 81, 282 [BGH 25.09.1980 - VII ZR 276/79] unter II. 1. a); BayObLGZ 76, 211 [213]), für das Betreiben der Zwangsverwaltung (aA Hambg OLGZ 93, 431) oder die Inanspruchnahme eines Gewährleistungsbürgen (aA Ddorf NJW-RR 1993, 470). Bsp (s.a. Rn 8): Die Frist nach § 276 I 1 ZPO und Rechtsmittelfristen (Berufung, Revision, Einspruch, Beschwerde, Widerspruch).