I. Allgemeines.
Rn 39
§ 28 II 1 gibt den WEigtümern eine Beschl-Kompetenz, Nachschüsse einzufordern oder die nach § 28 I 1 beschlossenen Vorschüsse anzupassen. Beschl-Gegenstand sind die Zahlungspflichten der WEigtümer und/oder der GdW, die zum Ausgleich einer Unter- oder Überdeckung aus dem Wirtschaftsplan erforderlich sind. Das Zahlenwerk, das der Berechnung jew zu Grunde liegt, wird nicht beschlossen. Werden die ›Jahresabrechnung‹ oder ›Jahresabrechnung und Einzelabrechnungen‹ beschlossen/genehmigt werden, ist dies dahingehend auszulegen (Vor § 23 Rn 8), dass wenigstens die Vorschüsse festgelegt wurden (BGH ZMR 24, 221 Rz 14), soweit solche sich finden (dazu LG Frankfurt aM IMR 23, 198). Eine Auslegung zur Anpassung der Vorschüsse ist möglich, wenn sich in den Einzelabrechnungen nicht nur Guthaben finden und klar ist, welcher (ggf. Gesamt-)Vorschuss angepasst wird. § 28 I 1 steht der Fassung von Beschl nicht entgegen, die für mehrere Jahre gelten sollen (BRDrs 168/20, 85). Ob sich ein Beschl nur auf ein Kalenderjahr bezieht, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.
II. Unterdeckung.
Rn 40
Haben die Vorschüsse, die auf ein Wohnungseigentum nach dem ›Soll‹ entfallen sind, nicht ausgereicht, die Kosten der GdW zu decken (= Unterdeckung), sind Nachschüsse zu beschließen. Bsp. In Bezug auf das Wohnungseigentum 1 waren 4.800 EUR Vorschuss zu zahlen. Benötigt werden 5.000 EUR. Dann sind als Nachschuss 200 EUR zu beschließen – auch wenn kein Vorschuss gezahlt worden ist. Wenn der Beschl nach § 28 I 1 rechtskräftig für ungültig erklärt wurde, ist der Nachschuss umfassend und enthält auch die ursprünglich beschlossenen, aber für ungültig erklärten Vorschüsse (im Beispiel wären also 5.000 EUR als Nachschuss zu beschließen).
III. Überdeckung.
Rn 41
Haben die Vorschüsse, die auf ein Wohnungseigentum nach dem ›Soll‹ entfallen sind, mehr als ausgereicht, die Kosten der GdW zu decken (= Überdeckung), sind die Vorschüsse anzupassen. Bsp. In Bezug auf das Wohnungseigentum 1 waren 4.800 EUR Vorschuss zu zahlen. Benötigt wurden 4.400 EUR. Dann sind die Vorschüsse auf 4.400 EUR anzupassen – auch wenn kein Vorschuss gezahlt worden ist. Sind in Bezug auf das Wohnungseigentum 1 als Vorschuss 4.800 EUR gezahlt worden, besteht der Sache nach ein Guthaben über 400 EUR. Anders ist es, wenn 4.400 EUR oder weniger gezahlt wurden. Der Betrag von 4.400 ›deckelt‹ dann allerdings die Forderung aus § 28 I 1, die insoweit untergeht.
IV. Notwendigkeit eines Beschl.
Rn 42
Die WEigtümer, ggf Zwangs- oder Insolvenzverwalter, schulden Nachschüsse nur nach einem Beschl gem § 28 II 1 (§ 16 Rn 44), der für jedes Wohnungseigentum den Nachschuss nennen muss. Unschädlich ist, wenn statt des aktuellen WEigtümers noch der Vorgänger genannt wird (BGHZ 142, 290, 299 = ZMR 99, 834). Zur Prüfung ist jedem WEigtümer bereits mit der Ladung zur Versammlung die Gesamt- und die jeweilige Einzelabrechnung zu übersenden; die anderen Pläne können beim Verw nach § 18 IV oder in der Versammlung eingesehen werden.
V. Fälligkeit.
Rn 43
Die Fälligkeit folgt aus § 271 BGB (s.a. Rn 45 ff). Abweichende Fälligkeitstermine und/oder eine Stundung können die WEigtümer nach § 28 III bestimmen. Der Anspruch auf Nachschuss verjährt gem §§ 195, 199 BGB am Ende des dritten Kalenderjahres nach seiner Entstehung (BGH NJW 12, 2797 [BGH 01.06.2012 - V ZR 171/11] Rz 18). Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Nachschüsse fällig sind.
VI. Anfechtung.
Rn 44
Der Beschl nach § 28 II 1 ist anfechtbar, wenn er mangelhaft ist, zB falsche Umlageschlüssel angewendet wurden (BGH NJW 18, 3717 Rz 15; München ZWE 09, 27, 29) oder wenn auf einen WEigtümer Ausgaben und/oder Einnahmen umgelegt wurden, die er nicht zu zahlen/zu beanspruchen hat. Ferner ist er anfechtbar, wenn die Jahresabrechnung nicht vorgelegen hat (AG Köln ZMR 22, 77). Falsche Angaben in den allgemeinen Kontoständen und beim Stand der Erhaltungsrücklage, die Bestandteil des Vermögensberichtes sind, begründen keine Anfechtung. Dies gilt auch, wenn der Vermögensbericht lediglich in der Versammlung zur Einsicht vorgelegt wird (AG Wiesbaden ZMR 22, 756). Es ist nach hier vertretener Ansicht möglich, den Beschl nur hinsichtlich bestimmter Kosten, zB der Kosten der GdW für Prozesse, anzufechten. Ggf ist dann § 139 BGB anwendbar (Vor §§ 23–25 Rn 14). Nach aA ist eine Teilanfechtung nur in Bezug auf die Nachschüsse zur Kostentragung und die Nachschüsse auf die Rücklagen möglich (LG Frankfurt aM ZMR 23, 216; LR/W Rz 882 ff.; SEHR/Becker § 7 Rz 65). Nach wohl hM ist eine Teilanfechtung hingegen nicht möglich (LG München I ZMR 22, 817; DSZ Kap 10 Rz 100; s.a. LG Frankfurt aM ZMR 24, 226). Das bedeutet, dass die Anfechtungsklage bereits vollständig Erfolg hat, wenn nur eine Position der Jahresabrechnung einen ergebnisrelevanten Fehler enthält (LG Frankfurt aM ZMR 23, 216). Wird der Beschl erfolgreich rechtskräftig für ungültig erklärt, ist erneut zu beschließen. Vorher bestehen außer bei Überzahlungen keine Kondiktionsansprüche (BGH NZM 20, 755 [BGH 10.07.2020 - V ZR 178/19] Rz 13 ff). Streitig ist, was gilt, wenn die WEigtümer, wie früher die Abrechn...