Rn 4
Etwas anderes gilt, wenn sich ein Wille, weiterhin zu gelten, aus der Vereinbarung mit hinreichender Deutlichkeit ergibt (BRDrs 168/20, 95). Dies ist der Fall, wenn sich im Wege der Auslegung aus der Vereinbarung der Wille ergibt, dass die Vereinbarung auch ggü künftigen Gesetzesänderungen Vorrang genießen sollte (BRDrs 168/20, 95). Dieser ›Versteinerungswille‹ muss sich nach einer Auslegung aus der Vereinbarung selbst ergeben (BRDrs 168/20, 95).
Rn 5
Für die Auslegung einer zum Inhalt des SonderE gemachten Vereinbarung gelten die allgemeinen Grundsätze. Maßgebend ist also der Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der WEigtümer bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind. Dabei müssen Abweichungen von der gesetzlichen Verteilung der Aufgaben, Kompetenzen und Kosten klar und eindeutig aus der Gemeinschaftsordnung hervorgehen (exemplarisch BGH ZMR 20, 862 Rz 6; 19, 625 Rz 7). Die schlichte Verweisung auf die Gesetzeslage oder die bloße Wiederholung des Gesetzes lässt sich in Ermangelung anderer Anhaltspunkte grds nicht entnehmen, dass es auch nach einer Gesetzesänderung bei der Anwendung alten Rechts verbleiben soll. Vielmehr ist dies grds als dynamische Verweisung auf die jeweils aktuellen gesetzlichen Regelungen zu verstehen (BGH ZMR 23, 556 Rz 17).
Rn 6
Bsp (s.a. Riecke ZWE 23, 350 ff):
- Umlagevereinbarungen sind grds. weiterhin anwendbar (LG Lüneburg ZMR 23, 500).
- Vereinbarungen, nach denen ein Wohnungseigentümer einzelne wesentliche Bauteile verwalten soll, sind trotz § 18 I weiterhin anwendbar (LG Lüneburg ZMR 23, 500).
- § 20 I WEG. Eine Vereinbarung, die eine 3/4-Mehrheit anordnet, ist nicht mehr anwendbar (AG München ZMR 23, 158).
- § 24 IV 2 aF. Eine Vereinbarung, die die Ladungsfrist ggü § 24 IV 2 aF verlängert oder verkürzt hat, bleibt idR weiterhin anwendbar. Ordnet eine Vereinbarung an, die Einladung müsse 8 Tage vor der Versammlung zur Post gegeben werden, soll dies aber nicht gelten (AG Ludwigshafen ZMR 21, 525; zw).
- Eine Vereinbarung, die für Vollmachten die Schriftform anordnet, bleibt grds entgegen § 25 III anwendbar.
- Vertreterklauseln sind weiterhin anwendbar (LG Frankfurt aM ZMR 23, 316).
- § 25 III aF. Ordnet eine Vereinbarung an, dass die Versammlung beschlussfähig ist, ›wenn mehr als die Hälfte der Stimmen, gerechnet nach der Größe der Miteigentumsanteile, vertreten ist‹, ist diese Vereinbarung nicht anwendbar (AG Mettmann ZMR 21, 687). Ist eine Versammlung nur beschlussfähig, wenn 3 der 5 Wohnungen vertreten sind, soll auch diese Vereinbarung nicht anwendbar sein (AG Hamburg-St. Georg ZMR 21, 770; zw). Ist eine Versammlung nur dann beschussfähig, ›wenn sowohl mehr als die Hälfte der Miteigentümer als auch mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten‹ sind, ist die Vereinbarung noch anwendbar (AG Frankfurt ZMR 23, 150).