I. Allgemeines.
Rn 1
Ein Beschl ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft (BGH ZMR 12, 284; umfassend Skauradszun, Der Beschl als Rechtsgeschäft). Er setzt sich aus den für sein Zustandekommen erforderlichen Stimmabgaben iS von empfangsbedürftigen Willenserklärungen zusammen (BayObLG ZMR 01, 994, 995). Für einen Beschl bedarf es einer Beschl-Kompetenz (§ 23 Rn 24 ff). Beschl können grds (Ausnahme: § 23 III) nur in einer Versammlung gefasst werden. Findet ein Beschl-Antrag die notw gesetzliche oder vereinbarte (LG Itzehoe ZMR 16, 565) Mehrheit, ist der verkündete Beschl ein positiver; wenn nicht – und wird er so verkündet – ist er ein Negativbeschl. Auch ein solcher negativer Beschl kann nach hM angefochten werden (BGH ZMR 16, 122 = NJW 15, 3713 Rz 8; NJW 12, 1722 Rz 5). Die unterlassene Anfechtung eines Negativbeschl entfaltet zwar keine Sperrwirkung für inhaltsgleiche Anträge (BGH ZMR 16, 122 = NJW 15, 3713 Rz 13). Wurde ein Negativbeschl indes erfolgreich angefochten, steht rechtskräftig fest, dass eine Handlungspflicht bestanden hatte (BGH ZMR 18, 1015 = NZM 18, 615 Rz 29). An einen Beschl sind alle WEigtümer und etwaige Sondernachfolger grds ohne Weiteres gebunden (s.a. § 10 Rn 31). Beruht der Beschl auf einer Öffnungsklausel, muss er für die Bindung von Sondernachfolgern hingegen zum SonderE-Inhalt gemacht werden (§ 23 Rn 3).
II. Stimmabgabe.
Rn 2
Die Stimmabgabe für einen Beschl-Antrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (BGH ZMR 12, 980 = NJW 12, 3372 Rz 5). Als solche unterliegt sie den allgemeinen Regeln (BayObLG ZMR 01, 994, 995; ZMR 00, 467), insb den Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit gem §§ 105 ff BGB und denen über die Anfechtbarkeit nach §§ 119 ff BGB (BayObLG ZMR 05, 463, 464); s.a. § 25 Rn 2 ff. Empfänger iSv § 130 BGB ist der Versammlungsleiter (BGH ZMR 12, 980 = NJW 12, 3372 Rz 5; ZMR 02, 936, 938).
III. Tatbestandsvoraussetzungen.
1. Allgemeines.
Rn 3
Tatbestandsvoraussetzungen in der Versammlung sind: Einberufung durch potenziell Berechtigten (s.a. BGH ZMR 22, 566 Rz 17), Antrag, Abstimmung in einer nicht beendeten Versammlung, va Feststellung und – ggf schlüssige – Verkündung (BGH NZM 24, 188 Rz 7; ZMR 19, 55 Rz 15; 14, 554 Rz 8; s.a. § 24 VII 1); der Verw kann die Verkündung nicht ›widerrufen‹. Nach § 23 I können weitere Voraussetzungen bestimmt werden, zB Mehrheiten (AG Tempelhof-Kreuzberg ZMR 10, 651), wobei die hM annimmt, dass auch ein Verstoß gegen vereinbarte Voraussetzungen nur zur Anfechtbarkeit führt (BGH ZMR 01, 809; LG München I ZWE 14, 186). Eine Protokollierungsklausel – diese bezweckt nach hM, dass die Niederschrift von zwei Personen unabhängig voneinander gelesen und auf deren Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit hin überprüft wird (BGH ZMR 16, 245 Rz 17) – ist keine Tatbestandsvoraussetzung. Wird gegen sie verstoßen (s. für einen Sonderfall BGH ZMR 16, 245) – wobei der Fehler heilbar ist (BGH NJW 12, 2512 Rz 23 = ZMR 12, 644) –, soll das den Beschl nur anfechtbar machen.
2. Probleme der Verkündung.
Rn 4
Der Verw kann, aber muss nicht (BGH ZMR 20, 770), ordnungswidrige Beschl verkünden ohne Gefahr, Schadenersatz leisten zu müssen. Hat er Bedenken, muss er eine Weisung der WEigtümer im Wege eines Geschäftsordnungsbeschl einholen. Nichtige Beschl sind nicht zu verkünden. Weigert sich der Verw, festzustellen und zu verkünden, kann subsidiär das Gericht tätig werden – Beschl-Feststellungsklage (BGH NZM 24, 188 Rz 5). Die GdW kann einredeweise Beschl-Mängel geltend machen (BGH NZM 24, 188 [BVerfG 10.01.2024 - 2 BvR 26/24] Rz 15 ff, Rz 25). Ohne Versammlung kann – jenseits von § 23 III – kein Beschl entstehen. Der Beschl entsteht nach hM konstitutiv mit dem Inhalt, wie er verkündet wird, auch wenn die Verkündung vom Abstimmungsergebnis abweicht.
IV. Änderung; Aufhebung.
Rn 5
Ein Beschl kann aufgehoben oder geändert werden: durch einen anderen (ggf Zweit-Beschl, Rn 10) oder durch Vereinbarung. Ein Gericht kann einen Beschl nicht ändern, sondern nach § 23 IV 2 nur (ganz oder tw) für ungültig erklären. Ein Gericht kann auch nicht von sich aus ›beschließen‹, zB nach § 44 I 2 (aA München NJW 11, 83 [OLG München 26.10.2010 - 32 Wx 26/10]).
V. Mängel.
1. Formale und materielle.
Rn 6
Zu unterscheiden sind formale (Bsp: Ladungsmängel, Mängel bei Durchführung der Eigentümerversammlung usw) und materielle Mängel (Bsp: Verstoß gegen öffentliches Recht). Beide können zur Anfechtbarkeit (§§ 44, 45) und/oder zur Nichtigkeit führen, va nach §§ 134, 138, 242 BGB. Ein formaler Beschl-Mange, selbst eine Nichtladung (§ 24 Rn 24; BGH NZM 24, 241 Rz 22), führt idR nicht zur Nichtigkeit (BGH NZM 24, 241 Rz 22; ZMR 12, 972 = NJW 12, 3232 Rz 21; NJW 11, 3237 Rz 33 = ZMR 11, 809) und ist irrelevant, wenn feststeht, dass er sich auf das Abstimmungsergebnis nicht ausgewirkt hat (BGH NJW 23, 2945 Rz 10; ZMR 21, 405 Rz 6). Anders verhält es sich bei schwerwiegenden Eingriffen in den Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte (Vor §§ 1–49 Rn 21), die dazu führen, dass das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines WEigtümers in gravierender Weise ausgehebelt wird (BGH ZMR 21, 402 Rz 14; 20, 673 Rz 18; NJW 11, 679 Rz 10 = ZMR 11, 397; LG Frankfurt aM ZWE 22,...