Rn 16

Die Willenserklärung ist essenzieller Bestandteil eines Rechtsgeschäfts. Sie besteht in der Äußerung eines Willens, der unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichtet ist (BGH NJW 02, 364; 05, 54). Daran kann es bei der Abrede über den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel fehlen (BGHZ 97, 372, 377 f; s.a. § 138 Rn 26). Damit bringt sie einen Rechtsfolgewillen zum Ausdruck, dh einen Willen, der auf die Begründung, inhaltliche Änderung oder Beendigung eines Rechtsverhältnisses abzielt (BGH NJW 01, 289, 290 [BGH 17.10.2000 - X ZR 97/99]). Die Willenserklärung wird aus den beiden Elementen eines inneren Rechtsfolgewillens und seiner Kundgabe durch einen äußeren Erklärungstatbestand gebildet, deren Verhältnis nicht in letzter Hinsicht geklärt ist. Ob eine Willenserklärung vorliegt, ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Maßstäben zu beurteilen (BGH NJW 16, 3015 [BGH 29.06.2016 - VIII ZR 191/15] Tz 28).

 

Rn 17

Fallen Wille und Erklärung auseinander, ist der daraus resultierende Schutz- und Interessenkonflikt aus dem Geltungsgrund der Willenserklärung zu lösen. Weder die das Dogma des inneren Willens einseitig hervorhebende Willenstheorie (Savigny System III, 258) noch die den Vertrauenstatbestand der Erklärung überbetonende Erklärungstheorie (Bähr JherJb 14, 401) können überzeugen. Auszugehen ist von der Geltungstheorie, die den Grund für das Eintreten der gewollten Rechtsfolge im Zusammenwirken von Wille und Erklärung sieht (Neuner AT § 30 Rz 5; zur Kritik Staud/Singer Vorbem zu §§ 116 ff Rz 17). Präzisierend sind drei Funktionen zu bestimmen. Das Recht der Willenserklärung baut auf der Selbstbestimmung des Rechtsträgers auf und schützt in den §§ 119, 157 das Vertrauen des Erklärungsempfängers sowie die Verkehrssicherheit (BGHZ 91, 324, 330; Staud/Singer Vorbem zu §§ 116 ff Rz 20 f).

 

Rn 18

Eingeteilt werden die Willenserklärungen nach ihren von der Empfangsbedürftigkeit, vgl §§ 130–132, bestimmten Wirksamkeitsvoraussetzungen. Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen, wie die Auslobung, § 657, die Eigentumsaufgabe nach § 959 und das Testament, § 2247, müssen abgegeben werden (zur Abgabe § 130 Rn 6 f), empfangsbedürftige Willenserklärungen darüber hinaus zugehen (zum Zugang § 130 Rn 8 ff). Amtsempfangsbedürftige Willenserklärungen sind gem § 130 III ggü einer Behörde abzugeben (§ 130 Rn 22). In einer anderen Einteilung wird bei der Willenserklärung ad incertam personam auf den unbestimmten Empfängerkreis abgestellt (BGH NJW 02, 364 [BGH 07.11.2001 - VIII ZR 13/01], Internetauktion; 07, 2912 Tz 9, Flaschenpfand).

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