Rn 5

Entspr den beschriebenen Funktionen des Schuldrechts, erfasst dieses Rechtsgebiet vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse. Schuldrecht und Vertragsrecht sind nicht deckungsgleich: Einerseits ist das Vertragsschlussrecht – von wenigen Ausnahmen (etwa §§ 241a, 311 ff, 312 ff) abgesehen – nicht Teil des Schuldrechts, andererseits gilt das Schuldrecht mit seinen allgemeinen Regeln (s ua Rn 11 f) grds auch für das Deliktsrecht, das Bereicherungsrecht und für das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag. Diese Ordnungsidee des Schuldrechts steht jedoch in einem Spannungsverhältnis zu Tendenzen der europäischen und internationalen Rechtsvereinheitlichung (s etwa die Unidroit Principles of International Commercial Contracts 2010 [PICC], die Principles of European Contract Law Parts I & II 2000, Part III 2003 [PECL] sowie die verschiedenen Mitteilungen der EG-Kommission zum Europäischen Vertragsrecht aus den Jahren 2001, 2002 und 2004; vgl Schmidt-Kessel RIW 03, 481 und Schmidt-Kessel GPR 05, 2; die an der Obligation orientierte Gliederung des Entwurfs zum Gemeinsamen Referenzrahmen (DCFR) wird den politischen Prozess vermutlich nicht überstehen). Die Ordnungsidee Schuldrecht führt auch innerhalb des deutschen Rechts zu Inkohärenzen, weil zahlreiche Regeln des allgemeinen Schuldrechts trotz ihrer grds generellen Anwendbarkeit auf vertragliche Schuldverhältnisse zugeschnitten sind. Unsicherheiten über die Anwendung der §§ 275 ff iRd Rückabwicklung nach §§ 818 ff etwa haben hier ihren Ursprung. Dementspr ist bei der Behandlung von Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts immer auch danach zu fragen, ob sie auf außervertragliche Schuldverhältnisse einschränkungslos angewandt werden können.

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